Verbindungstechnik Stabile Verbindungen

27.02.2013

Unter den mannigfaltigen Bauteilen einer Leiterplatte haben Steckverbinder eine herausragende Bedeutung für die Betriebssicherheit einer Baugruppe, da sie darauf einen größeren Einfluss als andere Bauteile besitzen. Daher ist die Auswahl der richtigen Steckverbindungen für einen sorgenfreien Betrieb der Baugruppe von hoher Bedeutung.

Innerhalb von Elektronik-Baugruppen erfüllen Steckverbinder vielfältige Aufgaben:

Anschluss der Spannungsversorgung, Datenschnittstellen, Leistungsausgänge, Sensoreingänge, Anschluss von Eingabeelementen und Verbindungen von Leiterplatten untereinander.

Grundsätzlich unterteilt man in zwei Grundausführungen, nämlich Steckverbinder zum Anschluss von Leitern an eine Platine und Steckverbinder, welche Platinen direkt miteinander verbinden. Ein Steckverbinder besteht aus zwei Teilen, nämlich aus einem buchsen- sowie einem stift- bzw. messerförmigen Teil aus Metall, welche sich jeweils in einem Kunststoffgehäuse befinden und zur Kontaktierung ineinander gesteckt werden. Es ist eine unübersehbare Vielzahl von Ausführungen auf dem Bauteilmarkt erhältlich. Daher sollte bei der Auswahl planmäßig vorgegangen werden.

Risiken

Im Hinblick auf die Zuverlässigkeit stellt jede Verbindungsstelle ein Ausfallrisiko dar. Normalerweise soll eine Steckverbindung über einen längeren Zeitraum störungsfrei funktionieren, und zwar bei den für die Baugruppe zu erwartenden Belastungen. Dem stehen jedoch gewisse Risiken entgegen: Grundsätzlich kann sich eine Steckverbindung durch Temperaturwechsel lockern. Dies kann auch durch eine gewisse Steckhäufigkeit und damit einhergehendem mechanischen Verschleiß geschehen. Der Durchgangswiderstand der metallenen Kontakte kann sich durch Bildung von Oxidschichten erhöhen; an den Lötanschlüssen von Steckverbindern können zudem Schwingungsbrüche auftreten. Außerdem stellen die Materialien der Kontakte unter dem Einfluss von (Luft-)Feuchtigkeit ein elektrisches Element dar, welches elektrolytische Schichtbildung bewirken kann.

Reibkorrosion

Die häufigste Ursache für den Ausfall einer Steckverbindung ist Reibkorrosion (auch "Fretting Corrosion" genannt). Es wird damit der Ausfall eines Kontaktes durch Bildung einer isolierenden Oxidschicht zwischen den Kontaktelementen bezeichnet, hervorgerufen durch Mikrobewegungen (5 bis 100 μm) der Elemente zueinander. Der dabei entstehende Kontaktabrieb mit anschließender Verdichtung führt zur Entstehung dieser Isolierschicht. Reibkorrosion tritt nach mehr oder weniger langer Betriebszeit bei Kontakten mit Oberflächen aus unedlen Metallen auf, also z. B. bei Zinn, Kupfer, Eisen, Nickel oder Zink. Da Steckverbinder mit verzinnter Oberfläche jedoch aus Kostengründen vorzugsweise zum Einsatz kommen, ist Reibkorrosion ein sehr wichtiges Thema.

Bereits vor über dreißig Jahren kam es durch Reibkorrosion an einem Steckverbinder zum Absturz von insgesamt sechs F-16-Kampfjets mit einer Schadenssumme von 120 Mio US-Dollar, hervorgerufen durch die Kombination eines verzinnten Kontaktes mit einem vergoldeten Gegenstück. Das Problem wurde danach durch regelmäßiges Benetzen mit einem speziellen Kontaktfluid behoben.

Reibkorrosion kann praktisch nur durch die Verwendung von edlen Kontaktmaterialien (z. B. Gold, Silber, Palladium) unterbunden werden. Eine weitere Möglichkeit wäre die Applikation von Kontaktflüssigkeiten, dies müsste jedoch wiederkehrend geschehen und ist daher praktisch kaum sinnvoll. Theoretisch könnte man auch die Mikrobewegung der Kontaktteile verhindern, was jedoch in der Praxis nahezu unmöglich ist, da diese Bewegung nicht nur durch Schwingungseinflüsse, sondern bereits durch das Kriechen der Metalle bei Temperaturänderungen entsteht. Bereits eine Temperaturänderung von 10 °C führt im Allgemeinen zu einer Kontaktverschiebung von ca. 5 μm! Eine Fixierung des Steckverbinders löst das Problem nicht, denn die Kontakte haben innerhalb des Gehäuses herstellungsbedingt Spiel (auch wenn sie eingepresst sind). Es sind jedoch einige wenige Serien erhältlich, von denen die Hersteller versprechen, dass an ihnen keine Reibkorrosion auftritt. Oftmals wird wohl auch nach der Devise verfahren: Kontaktlebensdauer = Gerätelebensdauer (Stichwort "geplante Obsoleszenz").

Entwicklungsqualität sicherstellen

Bei der Auswahl eines Steckverbinders sind folgende Punkte

zu prüfen:

Einsatzzweck (Leiteranschluss, Platinenstecker etc.), Strombelastung, Nennspannungsbereich (Kontaktabstand wg. Luft- bzw. Kriechstreckenanforderungen, Isolationswiderstand des Gehäuses), Kontaktwiderstand, Übertragungsfrequenzen (bei HF-Anwendungen), EMV-Anforderungen (Abschirmungen, dielektrische Werte, Überspannungsfestigkeit), bei EX-Anwendungen sind hierfür zugelassene Bauteile zu verwenden, Vorschriften für bestimmte Bauarten (Normen), Vorschriften für bestimmte Gehäusematerialien (z. B. ULKonformität), mechanische Beanspruchung (z. B. wenn externe Kabel direkt in ein Gegenstück auf der Leiterplatte steckbar sind), evtl. Zusatzbefestigungsoptionen, Codierungsanforderungen (Unverwechselbarkeit mit anderen Steckverbindern), erwartete Anzahl der Steckungen über die Lebensdauer, Einsteck- bzw. Ausziehkraft, Kompatibilität gegen Umwelteinflüsse (Schwingungen, Temperatur, Feuchte, Strahlung), evtl. Arretierungen nötig, Bestückungsart (SMD, Durchsteckmontage), Lötbeständigkeit (Gehäusematerial muss beständig gegen Löttemperaturen sein), Kompatibilität zu den RoHS- bzw. R.E.A.C.H.-Anforderungen, besondere Werkzeuganforderungen für die Gegenstücke (Litzencrimpung, Folienverbinder, Flachbandleitungen), Kontaktplattierung (Gold, Silber, Zinn etc.), KEIN MATERIAL-MIX, Materialstärke der Kontaktplattierung (viele Steckzyklen = größere Materialstärke), lieferbare Verpackungsgrößen, Verfügbarkeit, Verfügbarkeit von Ersatztypen anderer Hersteller bei 100- prozentiger Kompatibilität und Preis (auch die Montagekosten beachten).

Hinweise zur Steigerung der Zuverlässigkeit

Die Beachtung einiger wichtiger Grundregeln erhöht die Ausfallsicherheit:

Als Kontaktmaterial ist Gold anzustreben, da Zinn zwar preiswert ist, jedoch viele Nachteile hat. Als Kompromiss wäre auch Silber geeignet, jedoch wird dieses Material genauso wie einige weitere Edelmetalle nicht durchgängig als Kontaktplattierung angeboten. Auf keinen Fall einen Materialmix verwenden (z. B. Stiftseite mit Goldbeschichtung, Buchsenseite mit Zinnbeschichtung). Bei mechanischer Beanspruchung (Vibration, Schockbelastung) keine SMD-Steckverbinder einsetzen, durch das Herabfallen eines mobilen Gerätes sind schon manche SMD-Steckverbinder von der Leiterplatte abgerissen. Dies gilt auch, wenn Biegekräfte durch Litzenleitungen auf einen Steckverbinder einwirken. Eine signifikante Erhöhung der Kontaktsicherheit kann man erreichen, indem Mehrfachkontaktierung angewendet wird. Dies bedeutet, dass ein Signal nicht über einen einzigen, sondern parallel über mehrere Steckkontakte geführt wird. Dadurch entsteht Kontaktredundanz, wobei die Anzahl der Kontaktierungsstellen bei Verwendung von Buchsenkontakten mit mehreren Federn noch zusätzlich erhöht wird. Auch bei höheren Strömen kann man so die Belastung des einzelnen Kontaktes reduzieren. In vielen Fällen ist zur Bestätigung der angestrebten Zuverlässigkeit die Durchführung entsprechender Prüfungen sinnvoll bzw. erforderlich. Hier kann das Verhalten bei Schwingungen, Schock, Temperaturwechsel, Feuchte usw. im simulierten Feldeinsatz erprobt werden. Schiffssteckverbinder müssen speziellen Tests unterzogen werden (z. B. Salzsprühtest). Die in solchen Testreihen gewonnenen Erfahrungen sind auch für spätere Entwicklungen von großem Wert.

Fazit

Die Auswahl eines optimalen Leiterplatten-Steckverbinders ist nicht trivial. Sie kann nur mit genauer Kenntnis der Betriebsanforderungen und des Bauteilmarktes getroffen werden und ist zeitaufwendig. Der dafür bei der Entwicklung einer Baugruppe investierte Aufwand ist unter dem Strich immer gewinnbringend.

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