Thermische Zyklierung biologischer Proben 3D-gedruckte Temperaturwechsler beschleunigen Corona-Tests

Die Mini-Module mit aufgedruckter Elektronik können dabei helfen, PCR-Analysen im Labor deutlich zu verkürzen.

Bild: Fraunhofer IKTS
16.06.2021

PCR-Analysen sind genauer als Schnelltests, weil sie auch kleinste Mengen Coronaviren nachweisen können. Allerdings müssen entsprechende Laborgeräte hierfür schnelle Temperaturwechsel bewerkstelligen. Am Fraunhofer IKTS sind nun Keramikmodule gedruckt worden, die diesen Prozess deutlich beschleunigen.

Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS hat sogenannte μPCR-Module entwickelt, mit denen PCR-Tests im Labor schneller ablaufen. Sie bestehen aus einer Kombination aus 3D-gedruckter Keramik und aufgebrachter Elektronik.

„Mit dieser Lösung wollen wir dazu beitragen, dass auch über die Pandemie hinaus für die Gesundheit der Bevölkerung wichtige PCR-Verfahren weiter zu beschleunigen und noch verfügbarer zu machen“, sagt IKTS-Leiter Prof. Alexander Michaelis.

PCR-Tests kurz erklärt

Ist höhere Genauigkeit als bei handelsüblichen Corona-Schnelltests gefragt, setzen Labore PCR-Technik ein. Hierbei wird Erbgut des Krankheitserregers aus Nasen- und Rachenschleimproben vervielfältigt und angereichert. Auf diese Weise lassen sich im nächsten Schritt auch Kleinstmengen von Coronaviren eindeutig nachweisen.

Damit die Reaktion aber immer neue Erbgut-Kopien hervorbringt, durchlaufen die Proben eine Art „Wechselbad der Temperaturen“: Laborgeräte müssen die Reaktionsgefäße abwechselnd auf bis zu 96 °C erhitzen und dann wieder auf 55 °C oder weniger abkühlen. Dieser Wechsel findet in einem vorgegebenen Regime circa 30-mal statt und dauert je nach Testvariante etwa vier bis sechs Stunden.

3D-Druck und Heiz-Elektronik kombiniert

Die IKTS-Teams um Elektrotechniker Dr. Lars Rebenklau und den 3D-Druck-Experten Dr. Uwe Scheithauer haben jetzt eine vielversprechende schnellere Alternative entwickelt. Um ihre μPCR-Module herzustellen, setzen sie additive Fertigungsverfahren ein. Auf industriellen 3D-Druckern wird zunächst eine keramische Hülse mit integrierten Kühlkanälen realisiert.

„Durch unsere additive Fertigung sind selbst diese komplexen Formen kein Problem mehr, die mit herkömmlichen Methoden gar nicht oder nur sehr aufwendig und teuer herzustellen wären“, sagt Scheithauer. Den so erzeugten „Grünling“ brennen die Forscher dann bei über 1.000 °C zu einer festen und strapazierfähigen Keramik. Im Anschluss drucken sie auf diesen Grundkörper metallische Spiralmuster, die später als Heizkörper dienen, und brennen sie bei 850 °C ein. Elektrische Anschlüsse und Kühlmittelschläuche komplettieren schließlich die μPCR-Module.

Ofen und Kühlschrank in einem

Die Aggregate haben derzeit einen Durchmesser von rund 15 mm und sind circa 45 mm lang. Sie stellen gleichzeitig einen Mini-Ofen als auch einen Mini-Kühlschrank dar: Binnen weniger Sekunden bringt die aufgedruckte Heizelektrik die eingesteckten Probengefäße auf die gewünschten Temperaturen. Ähnlich rasch kühlt dann gasförmiger Stickstoff, der durch die integrierten 3D-Kühlkanäle strömt, die Proben wieder ab.

Die einzelnen Module lassen sich zudem zu größeren Matrix-Verbünden koppeln, um viele Proben auf einmal zu analysieren. Konsequent weiterentwickelte und serienreife Anlagen auf μPCR-Basis könnten dadurch die PCR-Analysen in Zukunft weiter beschleunigen, schätzen die IKTS-Wissenschaftler.

Weitere Anwendungen möglich

„In der Kombination aus additiver Fertigung, Dickschichttechnik und anderen keramischen Technologien sowie einfacher Bauweise entstehen hier besonders langlebige, kleine und dennoch leistungsstarke PCR-Module“, erklärt Rebenklau. Laut den Forschern ist auch eine automatisierte Großproduktion möglich, und leistungsfähigere Kühlmittel sowie andere Verbesserungen an der gedruckten Elektronik könnten den PCR-Prozess weiter beschleunigen.

Gegenwärtig wird daran gearbeitet, die Module zu verkleinern, um so die Temperaturabläufe noch stärker zu reduzieren. Diese leistungsstarken und schnellen keramischen Heizungen ließen sich dann ebenfalls in weiteren medizintechnischen Geräten, in der Prozesstechnik und anderen Gebieten einsetzen – vor allem, wenn hohe Temperaturen oder raue Bedingungen vorherrschen.

Das IKTS sucht nun nach Unternehmen, die die Technologien für ihre Produkte nutzen möchten.

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