Dunkermotoren GmbH entwickelt und produziert seit über 50 Jahren Präzisionsantriebe, darunter bürstenlose DC-Servomotoren und bürstenbehaftete DC-Motoren. Die Qualitätsmotoren kommen in allen möglichen Anwendungen von der Montagetechnik bis zum Jalousieantrieb zum Einsatz. Da die Motorennachfrage permanent steigt, setzt Dunkermotoren auf hochautomatisierte Fertigungsverfahren. Dabei spielen zwei Faktoren eine wichtige Rolle: möglichst geringer Platzbedarf und möglichst hoher Output.
High-Output-Lösungen
Wie solche High-Output-Lösungen in der Praxis aussehen können, zeigt eine vom Systemintegrator EGS realisierte Automatisierungslösung. Die Aufgabenstellung bestand darin, eine Index-ABC-Drehmaschine robotergestützt mit Lagerschilden zu beschicken. „Wir haben diesen Produktionsdrehautomaten ausgewählt, weil er schnell, flexibel und wirtschaftlich Drehteile – in unserem Fall Lagerschilde für unsere GR-Motorenbaureihe – herstellen kann. Das Wichtigste für uns war aber eine prozesssichere Automation der Maschine“, verrät Tobias Bäumle, Industrial Engineering Fachmann bei Dunkermotoren. Drei vorrangige Ziele sollten erreicht werden:
Nebenzeiten reduzieren,
Autonomie schaffen,
Platzbedarf gering halten.
Für EGS war das Projekt eigentlich eine Standardaufgabe, für die man in ähnlich gelagerten Anwendungen bereits zahlreiche Roboterlösungen entwickelt hatte. Dank hauseigener Palettenwechselsysteme kann auf passende Zuführsysteme zurückgriffen werden, wodurch sich auch Sonderlösungen leicht abwickeln lassen. Bei Dunkermotoren kamen diese Standardpalettenwechsler jedoch nicht in Frage. Der EGS-Projektverantwortliche Hartmut Pfalzgraf bringt auf den Punkt, warum hier eine individuelle Lösung gefunden werden musste: „Dunkermotoren verwendet eigene, spezifische Werkstückträger, auf denen die Lagerschilde die Produktion durchlaufen. Um maximale Effizienz in der Fertigung zu gewährleisten, kamen zusätzliche Handhabungsvorgänge für das Umsetzen dieser Teile nicht in Frage. Darum mussten wir die vorhandenen Werkstückträger in den Automatisierungsprozess integrieren.“
Praktische Umsetzung
Ein Blick auf die Anlage zeigt eindrücklich, wie perfekt EGS die praktische Umsetzung der Aufgabenstellung gelungen ist. Besonders auffällig ist die platzsparende Anordnung: Die Roboterzelle dockt auf engstem Raum an die Maschine an. Dass sich die Zelle unter diesen Platzverhältnissen überhaupt realisieren ließ, ist dem Einsatz des kompakten Yaskawa-Roboters Motoman MH12 zu verdanken. In dieser Anwendung kann der Sechsachser seine Stärken im Hinblick auf Beweglichkeit, Reichweite und Dynamik voll entfalten.
Wie läuft der Produktionsprozess nun im Detail ab? Innerhalb der Roboterzelle gibt es sechs definierte Positionen für Werkstückträger-Palettenstapel, die um den Sechsachser herum angeordnet sind. Fünf dieser Positionen sind für volle Paletten, eine ist für leere Paletten gedacht. Den Anfang des Produktionsprozesses bildet die manuelle Bestückung der Zelle. Dazu schiebt der Bediener fünf Bodenroller mit voll bestückten Paletten sowie einen Bodenroller für die Aufnahme der geleerten Paletten in die Anlage.
Automatischer Greiferwechsel
Jetzt ist der Roboter am Zug: Er holt einen vollen Werkstückträger und dessen Umsetzung auf eine definierte Ablageposition, von der aus er die Teilevereinzelung und Zuführung zur Index-Drehmaschine übernimmt. Sind alle Teile einer Palette vereinzelt, legt der Roboter die geleerte Palette auf dem dafür vorgesehenen Platz ab und schnappt sich die nächste Palette. Für diese komplexe Aufgabe benötigt der Motoman MH12 zwei unterschiedliche Greifsysteme: eines für die Handhabung des kompletten Werkstückträgers und ein zweites für die Vereinzelung der Lagerschilde. Da die Greifer vor und nach der Abarbeitung jedes einzelnen Werkstückträgers und damit im Minutentakt gewechselt werden müssen, setzt EGS auf ein automatisches Greiferwechselsystem.
Maximale Traglast
Bezüglich der Traglast verlangen die Handhabungsprozesse dem Sechsachser alles ab: Seine Tragkraft von 12 Kilogramm ist für die Handhabung eines vollen (je nach Lagerschild-Variante mit bis zu 50 Teilen bestückten) Werkstückträgers gerade noch ausreichend. Noch anspruchsvoller ist die Aufgabenstellung im Hinblick auf das Bewegungsprofil des Roboters: Der unterste Werkstückträger eines Palettenstapels befindet sich fast am Boden, während sich die Übergabeposition der einzelnen Werkstücke rund einen halben Meter über der Index-Maschine befindet. Die vertikale Reichweite spielt eine entscheidende Rolle, wie Hartmut Pfalzgraf erklärt: „Um die jeweiligen Endpositionen noch anfahren zu können, mussten wir den Sechsachser an exakt berechneter Position auf einem Sockel platzieren. Nur so können wir dieses Aufgabenspektrum mit dem gelenkigen MH12 bewältigen. Ein größerer Roboter kam aufgrund der Platzverhältnisse nicht in Betracht.“
Reduzierte Taktzeiten
Ein weiteres konstruktives Highlight ist das Werkstückgreifsystem, das aus drei im Abstand von 120 Grad angeordneten Einzelgreifern besteht. Tobias Bäumle erläutert, warum diese Lösung so wichtig für die Produktivität ist: „Mit dem Dreifachgreifer können wir drei Teile hintereinander direkt von der Palette aufnehmen und in einer Fahrt zur Übergabeposition bringen. Diese Maßnahme trägt entscheidend zur Einhaltung der Taktzeitvorgaben bei. Zudem ergibt sich für den Roboter ein zeitlicher Puffer beim Palettenwechsel.“
Auch das Zuführsystem, das die Teile von der Übergabeposition in die Index-Maschine befördert, ist eine EGS-Eigenkonstruktion. Dabei gelangen die Teile über eine hochflexible Förder-Bürsten-Zuführung mit weitem Verstellbereich einfach und prozesssicher in den Fallschacht der Drehmaschine. Nach ihrer Bearbeitung werden die Lagerschilde auf einen Rundtisch mit bereitgestellten Warenkörben ausgeschleust.
Produktionsstratege Tobias Bäumle ist von der automatischen Beschickung der Drehmaschine begeistert: „Durch Reduktion der Takt- und Nebenzeiten konnten wir den Output um rund 25 Prozent steigern. Ein wichtiger Grund dafür ist die im Vergleich zum vorangegangenen Prozess fünf Mal höhere Autonomie. Wenn die Zelle mit fünf Palettenwagen bestückt wird, befinden sich bei der größten Lagerschildvariante (63 Millimeter Durchmesser) 2.400 Teile in der Anlage. Das heißt, wir arbeiten eine komplette Schicht völlig autonom.“
Hohe Verfügbarkeit
Bezüglich der Verfügbarkeit hat man bei Dunkermotoren seit Inbetriebnahme der Anlage im Jahr 2016 sehr gute Erfahrungen gemacht: Unplanmäßige Anlagenstillstände sind die absolute Ausnahme und eigentlich nie anlagentechnisch bedingt. Die Zuverlässigkeit des Yaskawa-Roboters trägt entscheidend zur hohen Verfügbarkeit der Anlage bei. Diese ist auch nötig, um die theoretisch errechnete Autonomie in der Praxis tatsächlich nutzen zu können.
Tobias Bäumle zieht ein äußerst positives Fazit: „Diese Lösung ist hochflexibel. Derzeit laufen zwar nur drei Lagerschild-Varianten für stark nachgefragte Motoren über die Anlage, aber das System ist prinzipiell auf eine große Variantenvielfalt ausgelegt. Damit kann man die Gesamtlösung bestehend aus Index-Maschine und Automatisierung als Rundum-Sorglos-Paket betrachten, das bestens dafür geeignet ist, unsere Kapazitätsengpässe aufzulösen und den hohen Qualitäts- und Produktivitätsansprüchen bei Dunkermotoren gerecht zu werden.“