Die Energieeffizienz zu steigern ist eine der wesentlichen Säulen der Energiewende. Dies wurde bereits 2006 von der EU-Kommission dargestellt und führte dazu, dass für betriebliche Energiemanagementsysteme einheitliche Standards entwickelt wurden. Daraus entstand schließlich die ISO 50001 als Energiemanagement-Norm. Die ISO 50001 wird zurzeit von vielen größeren aber auch kleineren Firmen, vor allem aus dem produzierenden Gewerbe, eingeführt - sie ist der anerkannte, nachhaltige Weg zur Energieeffizienz. Beschleunigt wird ihre Einführung derzeit durch angekündigte Anreize bei Energiesteuern und aktuelle gesetzliche Möglichkeiten zur Reduktion der Strombezugskosten.
Viele Firmen, die sich mit der ISO 50001 beschäftigen, suchen zunächst nach Transparenz. Hiermit ist vor allem die Transparenz im Sinne der Suche nach Energieeffizienzpotenzialen gemeint. Diese sind wichtig, um die politisch gesteckten Ziele für die Energieeffizienz zu erreichen.
Gleichzeitig existiert durch den ebenfalls im Rahmen der Energiewende beschlossenen Ausbau der regenerativen Stromquellen ein weiteres großes Aufgabengebiet: Es gilt, die oft fluktuierenden Stromquellen in die Stromnetze zu integrieren. Dies gelingt aber nur dann schnell und kostengünstig, wenn über ein Smart Grid vorhandene Stromspeicher oder Potenziale zur Lastverschiebung über eine Kommunikation gebündelt werden.
Diese Potenziale sind vor allem in der Industrie vorhanden. Ein bekanntes Beispiel ist das Tiefkühllager, das bei Stromüberschuss die Temperatur absenkt und bei Strommangel keine Kälte erzeugt und damit den Stromverbrauch reduziert - wodurch die Temperatur wieder auf das geforderte Niveau ansteigen kann. Somit wird das Tiefkühllager zum Stromspeicher mit einem nennenswerten Speicherinhalt und hohen Gradienten des Ein- oder Ausspeicherns - vorausgesetzt, es ist in ein Smart Grid integriert.
Diesem Gedanken geht aber noch ein wesentlicher Arbeitsschritt voraus. Es ist notwendig zu erkennen, dass die Flexibilität vorhanden ist. Im Rahmen der Einführung der ISO50001 können auch solche flexible Lasten gesucht und gefunden werden. Auf diese Art kann eine Symbiose zwischen produzierendem Gewerbe und Stadtwerken entstehen. Zudem wird aus dem lokalen Energiemanagement in der Industrie ein regionales Energiemanagement über ein Smart Grid. Gleichzeitig entsteht die Möglichkeit für komplett neue Geschäftsmodelle zur Wertsteigerung in der Industrie, aber auch zur Kostenreduktion in der Netzführung.
Dezentrale, regenerative Energiewirtschaft
Diverse Studien prognostizieren die Möglichkeit, bis 2050 den wesentlichen Teil des Strombedarfs über regenerative CO 2-freie Stromerzeuger zu decken. Dies setzt zum einen voraus, dass die Möglichkeiten, den Energieeinsatz nachhaltig zu reduzieren, ausgeschöpft werden. Die Notwendigkeit der Reduktion von Primärenergie führt zu dem Energiemanagementsystem nach ISO 50001 und den gesetzlichen Anreizen zum Einführen des Systems.
Zweitens müssen die regenerativen, oft fluktuierenden Stromerzeuger weiter ausgebaut werden. Der Ausbau wird bald dazu führen, dass es Phasen gibt, in denen Strom im Überschuss produziert wird und Phasen, in denen die fluktuierenden Stromerzeuger eventuell keinen Beitrag zur Stromversorgung liefern können. Hier gilt es, durch Speichern des Stroms oder Verschieden der Lasten, den Stromverbrauch zeitlich zu verändern. Für die Energiewirtschaft bedeutet das, neue Möglichkeiten zu finden, um die Systemaufgaben Frequenz- und Spannungshaltung möglichst kostengünstig zu bewältigen.
In einer regenativen Energiewirtschaft, die immer mehr dezentral organisiert ist, müssen auch die dezentralen Strukturen Beiträge zu diesen Systemaufgaben liefern. Dies kann durch die Integration von Stromerzeugern und -verbrauchern in ein Smart Grid erfolgen.
Bei den Übertragungsnetzen existieren solche Möglichkeiten bereits. Es sind die Märkte der Regelenergie, die hier in einem Verbund aus Stromerzeugern oder -verbrauchern offenstehen. Beispielsweise bietet die Regelenergieart Minutenreserve Möglichkeiten, um Flexibilität in der Stromerzeugung oder -verbrauch zu vermarkten. Die Abbildung Regelenergie oben links zeigt, dass zurzeit der Markt der negativen Minutenreserve, also das Abschalten von Stromerzeugern oder Anfahren von Stromverbrauchern, interessanter ist als die positive Richtung, bei der im Netz weniger Strom ist als benötigt wird.
Es ist bereits heute möglich, industrielle Flexibilität auf diesen Märkten anzubieten, und der Bedarf wird in Zukunft deutlich steigen. Es werden neue Märkte entstehen, die wahrscheinlich einen regionaleren Charakter haben, um die Systemaufgabe Spannungshaltung zu bewältigen. Ein Erkennen von Flexibilität ist auch hier die Voraussetzung, um über ein lokales Energiemanagementsystem an einem regionalen Energiemanagementsystem teilzuhaben und letztlich auch an dessen Wertschöpfung zu partizipieren.
Transparenz auch über Stromflexibilität
Im produzierenden Gewerbe wird zurzeit vielerorts in Deutschland das Energiemanagementsystem nach ISO 50001 eingeführt. Die Norm orientiert sich an den bereits bewährten Normen, die Qualität erhöhen (ISO 9001) oder Umweltaufgaben erfüllen (ISO 14001). Das vorrangige Ziel der ISO 50001 ist es, den Primärenergieeinsatz zu reduzieren. Wichtige Schritte sind beim Einführen: die Energiepolitik des Unternehmens, die Suche und das Bewerten von Effizienzpotenzialen, das Schulen der Mitarbeiter, Audits und letztendlich die Zertifizierung [2]. Der erste Schritt ist meist die Bildung von Bilanzen und Kennziffern. Aber hier muss man nicht aufhören. Es sollte auch die zeitliche Flexibilität von Lasten untersucht werden. Gelingt es, den Stromverbrauch zeitlich zu verschieben, können unter Umständen Wertschöpfungspotenziale erreicht werden.
Beispielsweise können Anlagen, die nicht rund um die Uhr in Betrieb sind, genutzt werden, um negative Minutenreserve anzubieten. Die interessanteste Zeitspanne hierfür ist der Beginn des Tages von 0 bis 8 Uhr. Im Jahr 2011 ergaben sich etwa 700 Stunden, in denen so der Strom zu einem Arbeitspreis von 0 ct/kWh zuzüglich individueller Stromnebenkosten bezogen werden konnte. Parallel wird hierzu ein nennenswerter jährlicher vierstelliger Leistungspreis pro Megawatt Leistung gezahlt. Es bedarf einer Einzelfallprüfung, welche Möglichkeiten bereits heute bestehen und welchen Wert eine Flexibilität bereits heute hat.
Bedingt durch die Energiewende, werden solche zeitlich flexiblen Anlagen in Zukunft wichtig sein, um die Netzstabilität zu erhalten.
Symbiose von Industrie/Gewerbe und Versorger
Stadtwerke und Regionalversorger können gemeinsam agieren. Es bedarf einer Plattform hierzu, die auch von Dienstleistern betrieben werden kann und somit keine größere Investition notwendig macht [1]. Es besteht die Chance für eine Symbiose zwischen einem Versorger und seinem Sondervertragskunden. Ziel hierbei ist es, vorhandene Strukturen zu nutzen, dazu gehören Erzeuger wie Erneuerbare-Energien-Anlagen, Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, Notstrom-Anlagen und so weiter auf der einen Seite und Verbraucher wie flexible Industrieanlagen, Wärmepumpen, Elektroheizer, Kälteanlage und so weiter auf der anderen Seite. Erst wenn die vorhandenen Strukturen in ein Smart Grid eingebunden sind, ist es notwendig, den Restbedarf an Leistungsvorhaltung zur Stabilisierung der Netze über neue, meist wesentlich teurere Anlagen wie beispielsweise Batterien zu decken.
Weg zum Industrial Smart Grid wird geebnet
Immer mehr Industrieunternehmen beschäftigen sich mit dem strukturierten Beschaffen von Strom über ein Portfoliomanagement. Dies bedeutet für einige Unternehmen, dass auch ein eigener Bilanzkreis geführt wird. Hierzu ist es notwendig, den Strombedarf zu prognostizieren. Ein abweichender Bedarf muss dann über teurere Ausgleichsenergie beschafft werden. Auch hierfür sind flexible Anlagen, die über ein eigenes firmeninternes Smart Grid verbunden sind, der Weg.
Weitere Informationen
[1] www.energycontrol24.de
[2] www.iso-50001.de