Die absolute Vorherrschaft des klassischen Verbrennungsmotors bröckelt immer stärker. Um den weltweiten CO2-Ausstoß wirksam zu reduzieren, forcieren Politik und Autoindustrie den Umstieg auf den Elektroantrieb. Nicht überall mit dem gleichen Verve, aber die Weichen sind gestellt.
In der öffentlichen Wahrnehmung beherrschen derzeit die batteriebetriebenen E-Mobile das Thema, vor allem bei den Pkw. Käufer können aus immer mehr Modellen wählen, das Netz der Ladestationen ist schon jetzt vergleichsweise engmaschig. Batterieantriebe bieten jedoch nur eine begrenzte Reichweite und benötigen eine relativ lange Ladezeit, was eher für eine Verwendung im Stadt- und Regionalverkehr spricht.
Die aufwendigere Alternative, der Elektromotor mit H2-Brennstoffzelle, erzielt bei den Leistungs- und Betriebsparametern ähnliche Werte wie herkömmliche Verbrennungsaggregate. Diese Eigenschaften treiben ihre Verbreitung aktuell vor allem im Bereich der Nutzfahrzeuge voran.
Kommunale Verkehrsbetriebe in Deutschland zum Beispiel wechseln angesichts drohender Dieselfahrverbote in den Ballungsräumen zu Bussen mit einer solchen Brennstoffzelle. Das von der Europäischen Union geförderte Projekt JIVE (Joint Initiative for Hydrogen Vehicles across Europe) beispielsweise strebt den Einsatz von rund 300 derartiger Busse in europäischen Städten an.
Wasserstoff kommt weltweit in Fahrt
Weltweit wird in großem Maß in Wasserstoffmobilität investiert. Daimler und Volvo zum Beispiel werden Brennstoffzellenantriebe für Lkw künftig gemeinsam unter einem Firmendach entwickeln. In der Schweiz will die „Initiative H2 Mobilität“ bis zum Jahr 2025 in Kooperation mit Hyundai 1.600 wasserstoffgetriebene Lastwagen auf die Straßen bringen. Äußerst ambitionierte Ziele hat Korea formuliert: Bis 2040 sollen 30.000 Lkw, 40.000 Busse, 80.000 Taxen und drei Millionen Pkw mit Brennstoffzellen in dem Land unterwegs sein, vorrangig aus eigener Produktion.
Interessant ist auch die Entwicklung bei den Flurförderfahrzeugen: In den USA rollen bereits mehrere tausend H2-Stapler durch Produktions- und Lagerstätten. Sie bieten den Unternehmen wegen des schnellen Auftankens eine hohe Verfügbarkeit. Die Einsatzzeit eines batteriebetriebenen Modells ließe sich in gleichem Maße nur über ein Austauschaggregat signifikant steigern.
H2-Tauglichkeit von Werkstoffen nachweisen
Antriebe mit Brennstoffzellen sind anwendungsbezogen. Ein ausschlaggebendes Kriterium für das jeweilige System ist der zur Verfügung stehende Platz. Ebenso richtungsweisend ist der Speicherdruck: Je höher dieser ausfällt, desto mehr Wasserstoff kann eingefüllt werden und desto größer ist die Reichweite des Fahrzeugs.
Bei Pkw ist ein Tankdruck von 700 bar üblich. Bei Bussen, Lastwagen und Stapler werden bisher in der Regel Tanks mit einem Druck von 350 bar eingebaut. Doch hier hat mittlerweile ein Umdenken eingesetzt; der Pkw-Standard wird zunehmend auch bei Lkw und Bussen angewandt, um größere Strecken ohne Tankstopp zurücklegen zu können.
Alle Systeme und Komponenten für eine sichere Treibstoffversorgung der Brennstoffzellen müssen über eine anwendungsspezifische Zulassung verfügen. Dazu hat die Europäische Union die Verordnung EC79/2009 erlassen, die „Anforderungen für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich des Wasserstoffantriebs sowie für die Typgenehmigung von Wasserstoff führenden Bauteilen“ festlegt. Je nach Funktion einzelner Bestandteile schreibt die Verordnung eine Reihe von Prüfungen zum Nachweis der H2-Tauglichkeit vor, vom Test der Wasserstoffverträglichkeit bei metallischen Werkstoffen (immun gegen Versprödung) bis zu Berstdruckprüfungen.
Die Richtlinie bezieht sich auf Fahrzeuge zur Personen- oder Güterbeförderung mit einer Zulassung für den öffentlichen Straßenverkehr. Auf Flurförderfahrzeuge, die ausschließlich auf einem Firmengelände betrieben werden, hat sie keine direkten Auswirkungen. Hersteller und Nutzer favorisieren für ihre Stapler dennoch Komponenten mit EC79/2009-Zulassung, da diese Bescheinigung die Betriebssicherheit gewährleistet.
Sensorik wird gefordert
Bei den Drucksensoren in H2-Antrieben, die zur Überwachung des Wasserstoffsystems – vom Tank bis zur Brennstoffzelle selbst – eingesetzt sind, ist das Thema Zulassungen weitreichender. Messgeräte dieser Art wie der Typ MH-3-HY von Wika müssen nicht nur als wasserstoffgeeignet zertifiziert, sondern darüber hinaus speziell für einen Einsatz in Fahrzeugen entwickelt sein. Das betrifft hauptsächlich den mechanischen Aufbau hinsichtlich Schock- und Vibrationsfestigkeit als auch die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV).
Die Vorgaben für die Beständigkeit gegen Schocks und Vibrationen sind in der Norm IEC 60068-2-27 beziehungsweise IEC 60068-6 festgelegt. Gemäß der geforderten Prüfmethode sind beim MH-3-HY beispielsweise Werte von 500 g beziehungsweise 20 g nachgewiesen, die für mobilhydraulische Applikationen typisch sind und deutlich über denen von Standard-Industrietransmittern liegen.
Die Bestätigung der EMV hingegen erfolgt gemäß der Richtlinie 72/245/EWG. Diese ist in demselben grundsätzlichen Regelwerk wie die H2-Verordnung EC79/2009 verankert: in der EU-Richtlinie für Kraftfahrzeuggenehmigungen (2007/46/EC), deren Umsetzung in Deutschland vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) kontrolliert wird. Deswegen verfügen Sensoren wie der MH-3-HY über zwei KBA-Kennzeichnungen: „e1“ für die Verwendbarkeit in Wasserstoffsystemen und „E1“ für die EMV.
Die steigende Nachfrage nach H2-Nutzfahrzeugen wird den Ausbau der Infrastruktur für Brennstoffzellenmobile beschleunigen – was wiederum der Pkw-Sparte einen deutlichen Impuls geben dürfte. In Deutschland sind derzeit 100 Wasserstoffstofftankstellen in Betrieb, alle zwei Wochen kommt eine neue hinzu. Das ist das derzeit nach Japan zweitgrößte Netz der Welt. Die in der Treibstoffversorgung eingesetzten Drucksensoren müssen wasserstoffbedingten Versprödungen widerstehen und teilweise eine Atex-Zulassung (Explosionsschutz) vorweisen.
Signaldrift beachten
Ob stationäre oder mobile Applikation, beim Einsatz von Drucksensoren unter Wasserstoffbedingungen müssen Anwender generell den Aspekt Signaldrift beachten. Wasserstoffatome diffundieren aufgrund immanenter Fehlstellen im atomaren Metallgitter selbst durch die hochwertigen Stähle, die üblicherweise als Werkstoff für die messstoffberührten Bauteile verarbeitet werden. In den sensitiven Bereichen des Drucksensors können sich die Atome wieder zu H2 verbinden und dort durch eine Veränderung der Einzelwiderstände zu einer Verstimmung der Wheatstoneschen Messbrücke führen. Das Ergebnis ist ein Offset, eine Signalverschiebung des Sensors.
Diese Signaldrift liegt zum Beispiel bei einer Temperaturbedingung von 30 °C im Fall von Wika-Geräten typischerweise pro Jahr bei ≤ 1 Prozent der Spanne. Wer die Tauglichkeit der Geräte in der Anwendung sicherstellen will, sollte einen applikationsspezifischen Test durchführen. Die Signaldrift nimmt mit steigender Temperatur zu. Bei Anwendungen mit höheren Temperaturwerten empfiehlt sich daher ein frontbündiger Sensor mit Wasserstoff-undurchlässiger Goldbeschichtung.
Fazit
Die Nachfrage nach Fahrzeugantrieben mit H2-Brennstoffzelle steigt weltweit in spürbarem Maß. Den Herstellern der dafür benötigten Komponenten eröffnet sich dadurch ein großes Potenzial. Die Entwicklung von Produkten im Rahmen der internationalen Richtlinien wird weiter vorangetrieben. Dabei ist aufgrund der Eigenschaften von H2 ein applikationsspezifischer Zulassungs- und Validierungsaufwand einzukalkulieren.