Im Rahmen der Dekarbonisierung des Landes gewinnt der effiziente Umgang mit Energie aller Art zunehmend an Bedeutung. Einen besonderen Stellenwert nimmt die Wärmeversorgung ein: Laut Umweltbundesamt entfielen rund 56 Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs von gut 2.400 TWh auf die Sektoren Raumwärme (28,0 Prozent), Prozesswärme (22,6 Prozent) und Warmwasser (5,5 Prozent).
Ein Weg, um Wärme-Energie effizienter zu nutzen, ist es, diese zurückzugewinnen und zu speichern, um sie später erneut nutzen zu können, etwa bei Prozess- und Abwärme in der Industrie. Entsprechende Lösungen sind daher ebenso auf dem Vormarsch wie Systeme zur effizienten Bereitstellung von Wärmeenergie für Wohn- und Bürogebäude, Schwimmbäder, Schulen und ähnliches. Einen Überblick zu Arten der Wärmespeicherung liefert beispielsweise der Bundesverband Geothermie.
Auf industr.com haben wir bereits einige praktische Anwendungen für Wärmespeicher in der Industrie vorgestellt.
Die grundsätzliche Idee hinter solchen Lösungen ist eine zeitliche Entkoppelung: Einen zeitweise anfallenden Wärme-Überschuss für einen späteren Bedarf zu speichern oder einen Puffer zwischen stetigem Zufluss und schwankendem Bedarf zu schaffen. Dies funktioniert jedenfalls für den Eigenbedarf. Relativ einfach lässt sich auch eine Abgabe von Wärme-Energie im Quartier mittels Nahwärmenetzen und ähnlichem realisieren.
Wärme transportabel machen
Doch wie kann man verhindern, dass sie ungenutzt in die Umwelt abgegeben werden muss, wenn die anfallende Wärme-Energie weder im Unternehmen sinnvoll genutzt noch im Quartier über Leitungen verteilt werden kann? Dann stellt sich die Frage, wie die Wärme über größere Distanzen transportiert werden kann – sie muss also nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich entkoppelt werden. Tatsächlich gibt es dazu einige Beispiele, die sich in der Praxis zum Teil schon seit Jahren bewähren. Mit der aktuellen Energiewende kommt ihnen nun vermehrt Aufmerksamkeit zu, mit steigenden Stückzahlen und innovativen Trägermaterialien sinken zudem die Kosten und machen den Business Case lukrativer.
Grundsätzlich sind zwei Arten der mobilen Wärmespeicher mit jeweils spezifischen Anwendungsmöglichkeiten zu unterscheiden. Nieder- und Mitteltemperaturspeicher können der Erzeugung von Heiz- und Brauchwasser sowie der Bereitstellung von Prozesswärme dienen. Hochtemperaturspeicher werden zusätzlich auch in der Rückverstromung und in Kälte-Systemen eingesetzt.
Die mobile Wärme wird in der Regel entweder in Rundtanks oder in Standard-Containern per Lkw zum Zielort transportiert, wobei unterschiedliche Trägerstoffe zum Einsatz kommen. Bei Nieder- und Mitteltemperaturspeichern werden zwischen Wärmequelle und Wärmesenke oft nur kurze Distanzen im Bereich bis etwa 10 km überbrückt, bei Hochtemperaturspeichern dagegen teils über 50 km.
Wärmetransport in der Praxis
Ein Anbieter mobiler Wärme ist Lena Service aus dem oberbayerischen Landsberg am Lech. Das Unternehmen setzt auf die Edelstahl-Rohrbündelwärmetauscher der ebenfalls in Landsberg ansässigen Swilar eetec. Als Trägermedium dient eine Füllung aus 17 m3 Natriumacetat-Trihydrat, einer Salzlösung, die man auch als Phasenwechsel-Medium aus „Klick“-Wärmekissen kennt. Jeder Tank kann bis zu 2,5 MWh Wärme aufnehmen, die von zwei mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerken in Weil und Eresing stammt. Die nahegelegenen Abnehmer sind das Lechtalbad in Kaufering, das Sommerbad Greifenberg und eine ADAC-Niederlassung in Penzing. Am Beispiel des Lechtalbades hat Lena Services errechnet, dass nach Abzug der Lkw-Emissionen eine jährliche Einsparung von bis zu 230 t CO2 jährlich möglich ist.
Mit einem ähnlichem System wird bereits seit 2012 die Abwärme einer Abfallverbrennungsanlage in Hamm (NRW) in ein 7 km entferntes Industrie-Unternehmen verbracht, wo sie zur Trocknung von Kunststoffen verwendet wird. Der zusätzliche Energie-Aufwand für Be- und Entladung sowie den Transport wird auf etwa 10 Prozent der transportierten Abwärme beziffert. Der „Mobile Sorptionsspeicher“ (MobS) wurde vom Bayerischen Zentrum für angewandte Energieforschung entwickelt. Hier enthält der Tank Zeolith 13X und Wasser in einem offenen System. Pro Container können zwischen 2,4 und 3,7 MWh Abwärme gespeichert werden, das ergibt eine Einsparung von bis zu 0,7 t CO2 pro Lkw-Füllung.
Andere Anbieter setzen statt Tanks auf Container-Lösungen. Dazu zählt beispielsweise das Start-up Kraftblock, eine Ausgründung der Universität Saarbrücken. Das Trägermaterial, ein auf Nanotechnologie basierendes Granulat, besteht nach eigenen Angaben zu 85 Prozent aus recycelten Materialien, ist frei von seltenen Erden oder sonstigen umweltkritischen Ressourcen und nahezu vollständig recyclebar. Das Granulat ermöglicht Hochtemperaturspeicher für bis zu 1.300 °C, bei einem Speichervermögen von bis zu 1,2 MWh pro m3. Dadurch könne gegenüber Nieder- und Mitteltemperaturspeichern eine höhere Gesamteffizienz erreicht werden, so ein Kraftblock-Sprecher.
Ebenfalls auf Container setzt PCM Energy – der Firmenname verweist auf das verwendete Phase-Change-Material-Verfahren. Das Unternehmen aus Großröhrsdorf bei Dresden setzt zwar wie Swilar eetec auf die Salzlösung Natriumacetat-Trihydrat, diese ist hier aber in stahlummantelten Quadern mit Kunststoffplatten eingeschlossen. Bis zu 22 „Cubes“ mit etwa 1.600 Platten sind in einem Container enthalten. Laut PCM Energy soll diese Technologie ein schnelleres Be- und Entladen des mobilen Wärmespeichers ermöglichen.
Fazit
Mobiler Wärmetransport ist eigentlich keine neue Technik. So wurde beispielsweise die von Swilar eetec genutzte Technik vor mehr als 20 Jahren erfunden – mangels Nachfrage verschwand sie nach einer Pleite erst einmal in den Schubladen. Doch unter den heutigen Bedingungen können sie einen interessanten Beitrag zur Energiewende leisten. Höhere Wirtschaftlichkeit durch Nutzung der sonst verlorenen Abwärme, zudem eine Verbesserung der CO2-Bilanz machen neben der stationären auch die mobilen Wärmespeicher zu einem wirtschaftlich interessanten Baustein des unternehmerischen Energiemanagements.