In der heutigen schnelllebigen Wirtschaft steigen die Erwartungen der Kunden an Verfügbarkeit und Servicequalität kontinuierlich, während der Wettbewerb immer härter wird. Gerade in einem Markt, in dem es immer schwieriger wird, sich durch das Produkt selbst zu differenzieren, dient ein exzellenter Service als entscheidendes Alleinstellungsmerkmal. Dies ist besonders relevant im Wettbewerb mit asiatischen Herstellern, die oft über günstigere Produktionsbedingungen verfügen.
In diesem Kontext können sich OEMs und ihre Händler vor allem mit dem sogenannten Uptime-Versprechen differenzieren, also der Sicherstellung, dass Maschinen durchgängig laufen. Und wenn sie das mal nicht tun, dann spielt das Ersatzteil- und Servicemanagement eine zentrale Rolle.
Probleme nicht vernetzter Distributionsnetzwerke
Besonders herausfordernd wird es für Hersteller mit einem unabhängigen Händlernetzwerk. Oftmals verfolgen beide Parteien zwar die gleichen Interessen, sind jedoch weitgehend abgekoppelt voneinander. Langsame Reaktionen auf Marktveränderungen können dabei zu erheblichen Problemen führen. Saisonal bedingte Nachfrageschwankungen, Wetterereignisse, Unfälle, Defekte oder Verschleiß werden oft nicht schnell genug berücksichtigt. Auch spezifische Kampagnen erfordern eine flexible Anpassung der Logistik und des Bestandsmanagements.
Zusätzlich erschweren globale politische Herausforderungen wie Handelskonflikte, Zölle und regulatorische Veränderungen die Planbarkeit erheblich. Ohne eine Echtzeitsicht auf das Produkt-, Anlagen- und Teileportfolio sowie die Nachfragetreiber sind OEMs und Händler unvorbereitet auf die Bedürfnisse der Kunden. Diese kaufen dann lieber anderswo ein, wo sie die gewünschten Produkte oder benötigten Teile schneller, billiger oder zuverlässiger erhalten.
Wenn Hersteller und Händler bei der Ersatzteilplanung nicht koordiniert zusammenarbeiten, ist eine Vielzahl von kaum zu bewältigenden Problemen vorprogrammiert. Hersteller haben oft keinen klaren Überblick darüber, welche Teile der Händler bereits verkauft hat und welche noch auf Lager sind. Dies erschwert die Planung von Produktion/Beschaffung und Distribution erheblich.
Zudem sind Händler häufig mit den komplexen Anforderungen an die Teileplanung überfordert. Die Nachfragevorhersage, Bestandsoptimierung und das Bestellmanagement erfordern statistisches Know-how und Zeit, die oft knapp bemessen sind. Dies führt zu Maschinenstillständen, teuren Notfallbestellungen und einer reaktiven Service-Supply-Chain, die viel Zeit, Geld und Ressourcen bindet.
Predictive Maintenance immer noch nicht flächendeckend
Uptime wird immer wichtiger, um Kundenzufriedenheit sicherzustellen. Bereits 2013 wurde auf der Hannover Messe das Konzept der Predictive Maintenance vorgestellt, bei dem Maschinendaten genutzt werden, um potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und vorbeugende Wartungen durchzuführen, damit Maschinen gar nicht erst ausfallen.
Obwohl dieses Konzept damals als revolutionär angesehen wurde, hat es sich bis heute nicht flächendeckend durchgesetzt. Das liegt weniger an der Verfügbarkeit von Sensoren, sondern eher am notwendigen Technologiemix. Vor einigen Jahren hatten viele Unternehmen noch Schwierigkeiten, ihre Daten sinnvoll zu nutzen. Heute jedoch sind die meisten in der Cloud, was eine effektive Datenverarbeitung sowohl innerhalb eines Unternehmens als auch zwischen verschiedenen Partnern ermöglicht.
Mit diesen technologischen Fortschritten steht einem vollständigen Predictive-Maintenance-Konzept nichts mehr im Wege. Nun können Daten entlang der gesamten Service-Supply-Chain – vom Hersteller über den Händler bis zur Maschine – zusammengeführt, analysiert und in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.
Lösungen für effizientes Ersatzteilmanagement
Zu diesen Maßnahmen gehören die bereits erwähnte Predictive-Maintenance-Analyse und die Customer-Lifetime-Value-Analyse. Predictive Maintenance geht über die bloße Anomalieerkennung hinaus und beschäftigt sich mit der Frage, wie lange ein Service hinausgezögert werden kann – die sogenannte Remaining-Useful-Life-Analyse. Die Customer-Lifetime-Value-Analyse zielt hingegen darauf ab, ein detailliertes Käuferprofil zu erstellen. Dadurch können OEMs und Händler gezielt Umsatzpotenziale auch nach Ablauf der Garantiezeit ausschöpfen. Diese beiden Analysen tragen maßgeblich zur Reduktion von Ausfallzeiten und zur Umsatzsteigerung bei.
Zusätzlich können Lösungsansätze wie Asset Tracking und fortschrittliches Service Management implementiert werden. Asset Tracking nutzt Qualitätsmetriken und Feedback zur Verbesserung der Qualität, während die Analyse von IoT-Daten hilft, den aktuellen Zustand und zukünftigen Bedarf besser zu verstehen. Beim Service Management können durch gezieltes Training der Servicemitarbeiter, präzise Diagnostik von Geräten und Anlagen sowie regelmäßige präventive Wartung potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden. Dies ist besonders durch den fortgeschrittenen Einsatz prädiktiver Analysen möglich, die umfangreiche Daten aus verschiedenen Quellen nutzen, um zukünftige Ereignisse und potenzielle Probleme proaktiv vorherzusagen. Diese Daten umfassen unter anderem Informationen von Sensoren, historische Wartungsprotokolle sowie externe Daten wie Wetterbedingungen oder Lieferketteninformationen.
Auch die Service Delivery ist wesentlich. Serviceauftragsbenachrichtigungen, Teilebestellungen und Lieferungen sollten so organisiert werden, dass sie nahtlos ineinandergreifen und den Kundenanforderungen gerecht werden. Die Leistung der Händler kann durch den Einsatz von Analysen und Coaching verbessert werden. Durch gezieltes Training und den Einsatz von Diagnosewerkzeugen lässt sich die Reparaturzeit verkürzen und die Teileverfügbarkeit durch eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Händlern erhöhen. Prognosen und Planung sind dabei unerlässlich, um eine kontinuierliche Verfügbarkeit von Ersatzteilen sicherzustellen.
Praxisbeispiel Terex
Bei der Bewältigung komplexer Herausforderungen im Ersatzteilmanagement ist ein starkes Partnerökosystem von entscheidender Bedeutung. Solch ein Ökosystem ermöglicht es, für jede spezifische Herausforderung den passenden Partner zu finden, um maßgeschneiderte und effektive Lösungen zu entwickeln.
Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung solcher Maßnahmen ist die Terex Corporation, ein weltweit tätiger Hersteller von Materialaufbereitungsanlagen und Höhenzugangstechnik. In Zusammenarbeit mit ClearOps, einem Münchener Software-Unternehmen, und Genpact, ihrem Implementierungs- und Entwicklungspartner, wurde eine Lösung entwickelt, um die Verfügbarkeit von Ersatzteilen zu erhöhen und die Effizienz ihrer Händler zu steigern.
Terex und ihr Händlernetzwerk standen vor einer ähnlichen Herausforderung wie oben beschrieben. Die komplexen Planungsprozesse und der mangelnde Überblick darüber, welche Teile auf Lager sind, was bereits verkauft wurde oder welche Maschine gerade gewartet wird, führten zu Problemen bei der Ersatzteilverfügbarkeit. Zudem wurden die wertvollen IoT-Daten kaum genutzt, was dazu führte, dass Maschinen nicht rechtzeitig gewartet und vermeidbare Ausfallzeiten entstanden.
Die Lösung bestand in der Einführung der ClearOps-Plattform, die Hersteller, Händler und Techniker mit den Maschinen im Einsatz verbindet. Diese Plattform prognostiziert den zukünftigen Ersatzteil- und Servicebedarf und orchestriert eine Service-Lieferkette, die eine maximale Verfügbarkeit von Ersatzteilen und damit eine hohe Betriebszeit gewährleistet.
Ein Kernbestandteil ist dabei die ClearOps-Connector-Technologie. Diese verbindet sich nahtlos mit den Bestell-, Stammdaten- und Preissystemen von Terex sowie den DMS-Systemen (Dealer-Management-Systeme) der Händler. Durch diese Integration wird eine End-to-End-Datentransparenz sichergestellt, die die Grundlage für eine effektive Teileplanung bildet.
Fazit zur Case Study
Seit der Einführung von ClearOps hat sich die Teileverfügbarkeit für die Kunden der Händler signifikant verbessert, was letztlich zu mehr Teileverkäufen und weniger verlorenen Verkäufen sowohl für die Händler als auch für Terex führt. Durch Visibilität ins gesamte Netzwerk, verbesserte Prognosen und Bestandsmanagement wurde die Teileverfügbarkeit gesteigert und der Umsatz erhöht. Zudem wurde der Planungsaufwand für Händler und Servicepartner um mehrere Stunden pro Woche reduziert, während die verbesserte Vernetzung zwischen OEM, Händlern und Endkunden erhebliche Effizienzsteigerungen ermöglicht hat.
Diese Entwicklung optimiert nicht nur Abläufe, sondern liefert auch wertvolle Daten zur Verbesserung der Produktqualität und für präzisere Marktanalysen. Indem OEMs und Händler besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen können, steigert dies die Gesamtzufriedenheit und stärkt ihre Wettbewerbsposition.