A&D: RFID ist für Turck kein neues Thema, warum gehen Sie eine Kooperation ein, statt UHF-Lösungen selbst zu entwickeln?
Ulrich Turck: Es ist richtig, dass Turck mit seinen HF-RFID-Lösungen schon lange in der industriellen Automatisierungstechnik zu Hause ist. Unser modulares RFID-System BL ident ist seit Jahren auf dem Markt und wird kontinuierlich weiterentwickelt. Um aber auch die zunehmende Nachfrage nach UHF-Schreibleseköpfen mit ausgereiften Lösungen zeitnah bedienen zu können, haben wir uns entschlossen, auf vorhandenes Know-how aufzusetzen und dieses zielgerichtet für die Bedürfnisse der Automatisierungsbranche voranzutreiben. Hier geht es vor allem um den zeitlichen Aspekt. Natürlich wären wir in der Lage, auch UHF zu entwickeln. Bis wir allerdings den Know-how-Stand unseres jetzigen Partners erreicht hätten, würde eine lange Zeit vergehen, in der wir unseren Kunden kein komplettes UHF-Portfolio bieten könnten.
Warum haben Sie sich gerade für diesen Partner entschieden?
Deister hat einen hohen Erfahrungsschatz im UHF-Sektor. Über viele Jahre hat sich das Unternehmen in zahlreichen Branchen, meist außerhalb der Automatisierungstechnik, als ausgewiesener Spezialist für die UHF-Technik etabliert. Turck ist im Bereich der industriellen Automation mit seiner HF-Technik erfolgreich. Das Produkt- und das Branchen-Know-how beider Partner ergänzen sich also gut. Deshalb haben wir den Kooperationsvertrag geschlossen, der den gegenseitigen Technologietransfer regelt und Turck die Möglichkeit gibt, die umfassende UHF-Erfahrung unseres Partners für eigene Entwicklungen in der Automatisierungstechnik zu nutzen und weltweit zu vermarkten.
Wo liegt der Mehrwert für Deister?
Diese Kooperation ist für beide Partner ein Meilenstein in der Unternehmensentwicklung, von dem die Kunden unmittelbar profitieren. Deister profitiert bei der Vermarktung der Technik in anderen Branchen und vor allem vom weltweiten Vertriebsnetz der Turck-Gruppe. Mit Turck hat das Unternehmen einen starken Vertriebs- und Entwicklungspartner gewonnen, sodass Deister weltweit neue Absatzmärkte erschließen und sich auf weitere Anwendungsfelder konzentrieren kann. Unsere Kunden finden so für ihre jeweilige Anforderung immer die passenden Schreibleseköpfe, egal ob im bewährten HF- oder im reichweitenstarken UHF-Band, und das rund um den Globus.
Was genau regelt der Vertrag?
Der Kooperations- und Vermarktungsvertrag geht weit über das hinaus, was allgemein unter Kooperation verstanden wird. Turck hat vollen und unbeschränkten Zugriff auf die Entwicklungen, das Know-how und die Schutzrechte der Deister-UHF-Technik und kann diese nach eigenem Ermessen im Bereich der Automatisierungstechnik nutzen.
Nach eigenem Ermessen nutzen - was bedeutet das konkret?
Wir können bei Bedarf die UHF-Technik gezielt für unsere Kunden weiterentwickeln und die Geräte auch selbst produzieren. Um dies umsetzen zu können, ist vertraglich geregelt, dass Deister die Turck-Mitarbeiter intensiv schult. Die Entwicklungs- und Projektabteilungen beider Kooperationspartner arbeiten in dem vertraglich definierten Bereich eng zusammen. Für den Kunden bedeutet dies, dass er in Turck einen Partner für RFID-Projekte hat, der mit seinem Angebot sowohl im HF- als auch im UHF-Bereich nicht nur über ein ausgeprägtes Applikations- und Lösungswissen verfügt, sondern ein Gesamtpaket liefern kann, das in jedem Bereich zu den Spitzenprodukten auf dem Markt zählt.
Das sind große Worte. Was veranlasst Sie zu dieser Feststellung?
Aufgrund unseres Kooperations- und Vermarktungsvertrags kann Turck eine ausgefeilte Systemlösung für RFID-Anwendungen in Produktion, Logistik und weiteren industriellen Anwendungsfeldern anbieten. Das Branchen- und Applikationswissen von Turck, ergänzt um das hinzugekaufte UHF-Know-how von Deister, garantiert die schnelle und passgenaue Umsetzung anspruchsvoller RFID-Lösungen im HF- und UHF-Band. Dazu trägt nicht nur die Vielfalt der aus unserem Sensorprogramm bereits existierenden Gehäusebauformen bei, sondern auch das modulare Systemkonzept, das auf unseren I/O-Systemen BL67 und BL20 basiert. Dieses Konzept erlaubt die direkte Integration in die Automatisierungsinfrastruktur des Kunden - auch parallel zu RFID-fremden Signalen. Mit Hilfe der mittels Codesys programmierbaren Feldbus-Gateways lässt sich sogar die gesamte RFID-Kommunikation dezentral vor Ort realisieren, so dass an die übergeordnete Steuerung gezielt nur die Nutzdaten übertragen werden können.