7.30 Uhr, Straubenhardt im nördlichen Schwarzwald, am Schreibtisch sitzt Volker Haag. Er arbeitet gerade an seinem Laptop und blickt auf den externen Monitor vor sich. „Ein typischer Arbeitstag startet mit sehr vielen E-Mails“, sagt der Schroff-Entwicklungsleiter. Das liegt vor allem daran, dass sein Vorgesetzter in Minneapolis sitzt - mit sieben Stunden Zeitunterschied. Setzt sich Haag morgens an seinen PC, liest er die Nachrichten seiner amerikanischen Kollegen vom vorangegangenen Nachmittag. Weil er viele Ansprechpartner in den Staaten hat, sammeln sich über Nacht meist etliche Mails. Haag leitet in Straubenhardt den Bereich Entwicklung für die Produktkategorien EMCA (electromechanical components and accessories) und Systeme. Dazu gehören Mechanikprodukte wie Baugruppenträger, Gehäuse und Frontplatten sowie der Bereich Systeme und Elektronik, also Komplettsysteme und elektronische Komponenten wie Backplanes und Stromversorgungen. Darüber hinaus verantwortet Haag für Pentair Technical Products global die Entwicklung in diesen Produktkategorien. Das amerikanische Unternehmen, zu dem Schroff gehört, hat Entwicklungsstandorte an der Ostküste, in Rhode Island und an der Westküste, in San Diego. Ein weiterer Standort im chinesischen Qingdao ist im Aufbau begriffen.
Auf den zweiten Blick
Seit zwanzig Jahren arbeitet Haag bereits für Schroff respektive für Pentair. 1991 mit 27 Jahren hat er als Junior Product Manager angefangen. Ein Bekannter hatte ihn damals auf das Unternehmen aufmerksam gemacht, es als Arbeitgeber empfohlen. Haag hat sich daraufhin direkt beworben. „Schroff ist ein anerkannt guter Arbeitgeber - mit allen Vorteilen, die sowohl ein mittelständisches Unternehmen also auch ein weltweit agierender Konzernverbund bieten kann“, schwärmt Haag. Dazu zählen Sozialleistungen wie die betriebliche Altersvorsorge, flexible Arbeitszeiten und entsprechende Aufstiegsmöglichkeiten. So gibt es zum Beispiel ein Pentair-weites Nachwuchsförderprogramm. „Auch das Arbeitsklima spricht für Schroff, das ist bei uns überdurchschnittlich gut“, ergänzt der Entwicklungsleiter.
Ein Produkt erfolgreich neu erfinden
Nachdem Haag sich bei Schroff beworben hat, zeigte das Unternehmen auch direkt Interesse - eine Hürde allerdings galt es noch zu überwinden. Die Stelle, die ihm zunächst angeboten wurde, passte einfach nicht so richtig. „Ich sollte Präsentationsfolien für die Geschäftsführung erstellen“, erinnert sich der heutige Entwicklungsleiter. Zwar war diese Aufgabe damals, als es Powerpoint oder ähnliche Programme noch nicht gab, relativ komplex - für Haag war es dennoch nicht das Richtige. Deshalb hat er abgelehnt. Trotzdem ist er bei Schroff eingestiegen - nämlich, als ihm der Personalverwortliche die Stelle als Junior Product Manager für EMV-Produkte angeboten hat. Damals hat sich der Markt sehr stark mit elektromagnetischer Verträglichkeit beschäftigt. „Schroff hat zu dieser Zeit eine komplette EMV-Produktlinie parallel zu den Standardprodukten aufgebaut“, erinnert sich Haag. An das erste Produkt, das Haag als junger Manager verantwortet hat, kann er sich immer noch gut erinnern: der Eurorack. „Das war damals bereits ein etabliertes Produkt“, erinnert sich Haag, „meine Aufgabe war es, eine geschirmte Variante zu entwickeln.“ Am Ende waren es dann sogar zwei Versionen: eine sehr stark geschirmte High-End-Lösung und eine geringer geschirmte, dafür aber preiswertere Lösung. Haag übernahm für den neuen Eurorack die klassischen Aufgaben des Produktmanagers: Er definierte zum Beispiel - in Abstimmung mit der Entwicklung, was das Produkt können musste, fertigte die Dokumentation an, legte die Listenpreise fest und bestimmte die Lieferumfänge. Nach etwa vier Jahren widmete sich Haag einer neuen Aufgabe: dem Europac-Baugruppenträger. Baugruppenträger hatte Schroff zu diesem Zeitpunkt bereits seit drei Jahrzehnten im Programm und entschied, sie grundlegend neu aufzusetzen. Das Ergebnis: europacPRO. „Wir sind komplett neu gestartet und haben keine Rücksicht genommen auf vorliegende Baukastenteile“, erzählt Haag. Der Grund: So war das gesamte Verbesserungspotenzial - technisch ebenso wie kostenseitig - auszunutzen. „Heute, gut fünfzehn Jahre später ist das Produkt immer noch am Markt, mit steigenden Verkaufszahlen - da ist uns sicherlich ein guter Wurf gelungen“, sagt Haag. Als es auf das Jahr 2000 zuging übernahm der einstige Junior Product Manager die Leitung des Produktmanagements und 2005 schließlich die Leitung der gesamten Entwicklung für den Bereich Straubenhardt. Drei Jahre später war er Leiter der Gesamtentwicklung für Pentair Technical Products Europe. Seit 2010 Produktkategorien eingeführt wurden, ist Haag für die Bereiche EMCA und Systeme weltweit zuständig.
Von der Idee zum Produkt
Haag selbst beschreibt sich als kollegialen Chef, der seinen Mitarbeitern große Freiräume einräumt. „Ich lege sehr viel Wert darauf, dass jeder seine Ideen einbringt“, sagt Haag. Denn das Ziel am Ende ist, die beste Lösung zu finden und dazu soll jeder beitragen. „Wir haben hier in Straubenhardt einen extrem großen Vorteil“, erklärt der Entwicklungsleiter, „wir entwickeln und fertigen die komplette Mechanik und Elektronik für die Systeme an einem einzigen Standort.“ Das erleichtere die Kommunikation und Probleme ließen sich auf direktem Weg sehr schnell lösen. Aber nicht nur innerhalb des Unternehmens wird auf direkte Kommunikation Wert gelegt. Diesen Weg beschreitet Schroff auch im Bereich der Normung. Mitarbeiter des Unternehmens beteiligen sich aktiv in den entsprechenden Gremien, überwiegend in den USA. „Einer meiner Mitarbeiter hat zum Beispiel für die microTCA-Norm die komplette Mechanik selbst geschrieben“, sagt Haag. Die Arbeit innerhalb der Gremien sei anspruchsvoll. „Es geht nicht immer nur um Technik, sondern auch um Politik und Lobbyismus“, erklärt Haag, der sich früher selbst in den Normengremien engagiert hat. Einfluss nehmen könne nur, wer auch mitwirke. „Das macht die Normung aber auch so interessant“, sagt Haag.
Vom Lieferanten zum Entwicklungspartner
Eine neue Aufgabe, die sich in den vergangenen Jahren in der Entwicklung herausgebildet hat, ist die Customization. Über die Hälfte des Umsatzes erwirtschafte Schroff mittlerweile damit, Produkte den Kundenwünschen entsprechend anzupassen. „Wir bieten Frontplatten, Baugruppenträger und Schränke in modifizierter Form ab einem Stück an“, sagt Haag.Die Spanne reiche von einfachen Anpassungen, etwa einer spezifischen Farbe, bis hin zu komplexen Umbauten. Vom ursprünglichen Produkt bleibe manchmal nur sehr wenig übrig. Für die bestmögliche Lösung arbeiten seine Entwickler bei solchen Projekten intensiv mit den Kunden zusammen. „Um die Mechanik, Backplane, Kühlung und Stromversorgung muss sich der Kunde in diesem Fall keine Gedanken mehr machen, das übernehmen wir für ihn“, sagt Haag. Schroff werde so vom Lieferanten immer mehr zum Entwicklungspartner. Seine Mitarbeiter muss Haag für solche Projekte mit Bedacht einplanen. Denn jeder Kunde soll möglichst schnell eine speziell auf seine Bedürfnisse angepasste Lösung erhalten. Da im Entwicklungsprozess meist mehrere Runden erforderlich sind und manchmal nicht vorab klar ist, wann der Kunde erneut mit �?nderungswünschen an Schroff herantritt, muss der Entwicklungsleiter flexibel reagieren. „Eines der größten Themen, mit denen ich mich täglich beschäftige“, sagt Haag, „ist Ressourcen-Engpässe zu managen.“
Entspannen im Schwarzwald
18 Uhr, Straubenhardt im Schwarzwald, Volker Haag fährt seinen Laptop herunter und macht sich allmählich auf in den Feierabend. Seine Freizeit verbringt er mit seiner Familie, seiner Frau und den drei Söhnen im Alter von 16, 14 und 13 Jahren. Im Sommer, wenn es lang hell ist, fährt er abends gern noch eine Runde mit dem Rad. Bei Bedarf gibt er seinen Söhnen Nachhilfe - vorzugsweise in Mathematik und Physik. Am nächsten Morgen um halb acht sitzt Volker Haag dann wieder im Büro in Straubenhardt und beantwortet seine E-Mails aus Übersee.