Embedded & Mikroprozessoren Alles eine Frage des Timings

04.06.2012

Ohne Taktgeber kommt kein elektronisches System aus. Bisher kamen dafür überwiegend Quarzkristalle und -oszillatoren zum Einsatz. Aufgrund ihrer geringen Zuverlässigkeit werden sie zunehmend von anderen Lösungen verdrängt - allen voran von PLL-Schaltungen.

Taktgeberbausteine repräsentieren einen wesentlichen, ständig wachsenden Milliarden-US-Dollar-Markt, der sowohl Taktgeneratoren als auch Puffer- und Frequenzsteuer-ICs umfasst. Die Marktgröße ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass praktisch sämtliche elektronischen Geräte einen Clock- oder Timing-IC enthalten. Angesichts dieser Tatsache ist deren langsame Innovationsrate in den vergangenen Jahrzehnten fast verwunderlich. In jüngster Zeit jedoch haben die Trends und Vorgaben des Embedded-Bereichs sowie der Markteintritt neuer Hersteller und Technologien (MEMS- und CMOS-Taktgeber) die Sachlage verändert; zahlreiche Neuheiten ermöglichen es den Entwicklern, die Systemleistung zu verbessern, ihre Entwicklungen zu vereinfachen und Kosten zu senken. Nach Ansicht der Marktbeobachter kann der Markt für Timing-Bausteine mit einem stattlichen durchschnittlichen Jahreswachstum von 11 Prozent rechnen, und er wird, zum Beispiel Databeans zufolge, bis 2016 einen Umsatz von 3 Milliarden US-Dollar erreichen (im Vorjahr 1,7 Milliarden). Die beachtlichen Wachstumszahlen werden dabei auf die zunehmende Nachfrage aus den Bereichen Kommunikation, Computing und Consumer zurückgeführt: Datenübertragungsraten bis 150 MBit/s oder 3D-Fernsehempfänger mit individuellen TV-Programmen stellen bislang unbekannte Herausforderungen an Bandbreitetoleranz, verringerten Jitter und Bitfehlerrate sowie an die Referenztaktfrequenzen. Noch machen Quarzoszillatoren aller Art rund zwei Drittel aller Taktbausteine aus, das restliche Drittel entfällt auf ICs. Derzeit überwiegt bei Letzteren die Taktverteilung über den Taktbaum, doch wird das weitere Wachstum auf neuen ICs zur Takterzeugung beruhen. Diese werden den Quarz-Taktmarkt immer stärker erodieren und herkömmliche Lösungen durch effizientere Schaltungen ersetzen.

Grenzwerte einhalten

Die meisten elektronischen Systeme brauchen Taktsignale, um den Betrieb einiger oder aller Schaltungen zu synchronisieren. In der digitalen Logik regelt das Taktsignal den Ablauf der Logiksignale, und zwar so, dass das System mit optimaler Geschwindigkeit läuft. Dadurch wird gewährleistet, dass Grenzwerte der Zeittaktparameter wie Setup-/Hold-Time (Aufbau- und Haltezeit) sowie Laufzeitverzögerung nicht überschritten werden. Außerdem regeln Clock-Signale die Geschwindigkeit des Datenverkehrs über Kommunikationsverbindungen und ermöglichen auf diese Weise eine synchronisierte Datenübertragung. Audio- und Video-Taktsignale sorgen für die gewünschte Ablaufgeschwindigkeit bei der Wiederherstellung von Ton und Bild aus digitalen Mediendateien und damit für zeitgetreue Unterhaltung. In den multifunktionalen und komplexen Systemen von heute sind für die vielfältigen Subsysteme und Chips häufig Taktsignale mit zahlreichen unterschiedlichen Frequenzen sowie mehrere Kopien einer einzigen Frequenz erforderlich. Außerdem werden möglicherweise eng geregelte Phasen und Frequenzen, eine Synchronisierung mit externen Referenzfrequenzen, Modulationen zur Senkung von elektromagnetischen Störungen und redundanten Schaltvorgängen benötigt. Die Zusammenstellung der ICs, die Taktsignale erzeugen und verteilen, wird als Taktbaum bezeichnet. In der Vergangenheit dienten ausschließlich Quarzkristalle oder Quarzoszillatoren als Taktsignalquellen. Sie bieten eine hohe Leistung bei verhältnismäßig geringen Kosten; ihre Nachteile jedoch liegen in der Zuverlässigkeit: Der mechanisch anfällige Baustein zählt zu den Komponenten mit der geringsten Zuverlässigkeit der modernen Elektronik, und zwar sowohl wegen der Empfindlichkeit gegen mechanische Schocks als auch wegen latenter Defekte im Quarzgitter. Hinzu kommt, dass er nicht in ICs integrierbar ist und die Lieferzeit von Quarzen höher liegt als die für Halbleiter, besonders bei weniger üblichen Frequenzen. Quarze über 30 MHz sind kostspieliger und schwerer verfügbar, weil sie entweder in im Oberschwingungsmodus (Overtone Mode) betrieben werden müssen oder exotische Konstruktionen (umgekehrte Mesastruktur) erfordern. Als alternative Methode zur Erzeugung eines stabilen Taktsignals zählt vor allem die PLL-Schaltung (Phase Locked Loop, phasengekoppelter Regelkreis). Dabei wird der stabile Takteingang einer Frequenz im Verhältnis N/M vervielfacht und so eine andere Taktfrequenz erzeugt. N und M sind genaue ganze Zahlen, die auf digitalen Teilern auf dem Chip implementiert werden und die weder Drift noch Schwankungen unterliegen. Silizium-basierte Lösungen zur Taktgenerierung können mehrere PLLs auf demselben Chip enthalten und so aus einem Baustein zahlreiche unterschiedliche Ausgangsfrequenzen zur Verfügung stellen.

Embedded Systemtakt

Vorrangiges Kennzeichen der Embedded-Systeme heute ebenso wie künftig im „Internet der Dinge“ mit seinen zig Milliarden internetfähiger, „intelligenter“ Gegenstände, ist fast definitionsgemäß ihre ungeheure Vielfalt. Um den damit verbundenen Ansprüchen an vernetzte Hard- und Software zu genügen, entstanden unzählige Schnittstellen und Normen, für deren tadelloses Funktionieren und Ineinandergreifen zuverlässige Taktsysteme Voraussetzung sind. Hochleistungs-Takt- und Zeitgeber-ICs fällt die Verantwortung für die Synchronisierung der Übertragung von Datenpaketen ebenso zu wie die Generierung und Verteilung des Taktbaums, der die Systemblöcke beispielsweise in drahtgebundenen und drahtlosen Netzen steuert. Dadurch, dass zur Erfüllung der unterschiedlichen Aufgaben Bauelemente aus diversen Quellen verwendet werden müssen, wird der Systemtakt des Embedded-Computers zu einer entscheidenden Komponente. Im Laufe der Zeit entstanden Taktlösungen, die speziell auf die Anforderungen im Embedded-Bereich abgestimmt und langfristig lieferbar sind. Beispielsweise bietet der Marktführer bei Takt-ICs, die IDT mit Sitz in San Jose, Kalifornien, Chips mit über 10-jähriger Produktlebensdauer an - bei Desktop-PCs genügen oft 10 Monate.Die Bausteine mit oft mehreren PLLs erzeugen Referenztakte mit engen Toleranzen, was angesichts der möglichen extremen Betriebsbedingungen sowie des erforderlichen Mixed-Signal-Designs eine zusätzliche Herausforderung für die Entwickler darstellt. Konfiguration und Steuerung erfolgen digital, so dass die Ausgangsfrequenz flexibel programmiert werden kann. Für die Qualität des Ausgangstakts sorgen das Oszillator- und PLL-Design sowie die Störfestigkeit.

Langzeitstabilität

In den Embedded-Einsatzgebieten ist Langzeitstabilität - die vor allem durch die Versorgungsspannung beeinträchtig wird - unerlässlich. Das starke Rauschen in der Endverbraucherelektronik sowie vor allem im Industrieumfeld muss abgeglichen werden, und der Baustein muss strengen EMV-Kriterien genügen, um Störaussendungen zu verringern. Zur Minimierung von Interferenzen wird zum Beispiel die Anstiegsrate der Ausgangssignale verkleinert; bei vielen Takt-ICs erlaubt es eine Programmierbarkeit der Anstiegsgeschwindigkeit den Entwicklern, das System zu optimieren.Die leistungsfähige, äußerst zuverlässige Takterzeugung und Frequenzsynthese spielen in der Entwicklung moderner Network-, Kommunikations- und Rechnersysteme eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mit steigenden Datenraten in digitalen Kommunikationssystemen hoher Leistung wird die rauscharme und stromsparende Generierung von Taktsignalen mit geringem Jitter, Phasenrauschen und Zeitversatz (Skew) wichtiger denn je. Fehlerhafte Zeittakte wirken sich unmittelbar auf die Gesamtleistung von Mikroprozessoren und I/O-Verbindungen aus. Die Qualität drahtloser Transceiver-Systeme wird oft durch die Phasenrauschleistung von Frequenzsynthesizern bestimmt. Deshalb wurde den Bereichen Takterzeugung, Datensynchronisierung und Frequenzgenerierung für ein breites Anwendungsspektrum höchste Aufmerksamkeit durch die Entwickler zuteil.

CMOS-Oszillatoren

IDT stellte letztes Jahr die branchenweit ersten, stromsparenden CMOS-Oszillatoren mit einer Frequenzgenauigkeit von ±50 ppm vor, mit denen sich Frequenzregelbausteine in CMOS-Technologie sehr preisgünstig herstellen lassen. Sie weisen wegen hoher möglicher Frequenzen einen hohen Wert Q x f auf und können deshalb trotz des im Vergleich zu MEMS- und Quarzoszillatoren Low-Q des Schwingkreises mit einer vergleichbaren Performance dienen. Mit anderen Worten: Die Leistung von CMOS-Oszillatoren ist gleich gut, doch wegen der bekannten Preisvorteile des Siliziumprozesses sind sie wesentlich kostengünstiger. Der Entwickler steht lediglich vor der Herausforderung, eine möglichst geringe Frequenzdrift und eine hohe Frequenzstabilität zu erreichen.

Verwandte Artikel