Mucoadhesive Buccal Film (MBF) lautet der medizinische Fachausdruck für die Verabreichungsform starker Schmerzmittel, für die der international tätige Maschinenbauer Harro Höfliger Produktions- und Verpackungsanlagen entwickelt und baut: Was Patienten am Ende aus einer Verpackung entnehmen und zur Schmerzlinderung im Mund zergehen lassen, muss bei der vorangegangenen Verarbeitung in allen Prozessstadien strengsten Qualitätsanforderungen genügen.
„Bei unserer Produktions- und Verpackungsmaschine vom Typ PMK 150/300 wird zunächst der MBF-Wirkstoff, der auf einer Trägerfolie aufgebracht ist, in Form einer Rolle abgewickelt und die Schutzfolie auf der Oberseite über entsprechende Mechaniken abgezogen”, erläutert Hartwig Sauer, Leiter des Bildverarbeitungsteams bei Harro Höfliger, den ersten Schritt der Abläufe in der Maschine. Anschließend werde die Bahn mit einer Angabe zur Wirkstoffdosierung über einen Flexodrucker bedruckt.
Der Wirkstoff ist in dem Laminat gleichmäßig verteilt, sodass die Medikamentendosierung über die Größe des MBF gesteuert werden kann. Zwischen 10 x 10 und 17 x 17 mm groß sind die Produkte, die in dieser Anlage zwischen einer oberen und unteren Aluminiumverbundsfolie in jeweils 50 x 50 mm große Aluminiumbeutel gesiegelt werden.
1.050 Teile pro Minute
Das erste der insgesamt drei Bildverarbeitungsmodule dieser Anlage überprüft den korrekten Aufdruck auf der Vorderseite aller drei Wirkstoffstreifen mit einer maximalen Geschwindigkeit von 1.050 Teilen pro Minute, dies entspricht fast 18 Teilen pro Sekunde, und dies auf jeder der drei Bahnen. Die getriggerte Bildaufnahme über alle drei Streifen und 150 mm hinweg übernimmt dabei eine Spyder3-Zeilenkamera von Teledyne Dalsa mit einer Auflösung von 4k Pixeln und einer APO-Componon-Optik von Schneider Kreuznach. Für die passende Beleuchtung sorgt eine rote LNSP-Zeilenbeleuchtung von CCS. Die Auswertung der Bilder übernimmt ein Industrie-PC.
Fehlerhafte Teile werden im internen Schieberegister der Verpackungsmaschine als „schlecht“ gekennzeichnet und über einen separaten Auswurf ausgeschleust. Anschließend werden aus den drei Bahnen die finalen Produkte mit einer Rotationsstanze ausgeschnitten und mittels Vakuum auf die untere Packstofffolie übergeben.
Die Produkte sollten somit nun in Dreierreihen mit korrektem Abstand in Längs- und Querrichtung auf dem Trägerstoff platziert sein, was die zweite Bildverarbeitungsstation überprüft: Sie kontrolliert zum einen die Position der vereinzelten Produkte, um sicherzustellen, dass der anschließende Versiegelungsprozess korrekt ablaufen kann. Zum anderen prüft sie die Produktgröße sowie eine Kontamination durch Fremdkörper. Diese Fehler erkennt das System bis zu einer Größe von etwa einem Quadratmillimeter.
Blaues Licht für mehr Kontrast
An der zweiten Bildverarbeitungsstation erfolgt die Bildaufnahme erneut über die Kombination einer Spyder3-Zeilenkamera von Teledyne Dalsa mit 4k Pixeln Auflösung und einer APO-Componon-Optik von Schneider Kreuznach. Für die optimale Ausleuchtung der Streifen sorgt hier eine blaue LNSP-Zeilenbeleuchtung mit Koaxial-Aufsatz von CCS.
Mit der blauen Beleuchtung können das Produkt und, für den Fall einer späteren Erweiterung um Druckprüfungen an dieser Stelle, auch die Schrift zum Hintergrund optimal kontrastiert werden. Eine dritte Bildverarbeitungsstation prüft die Bedruckung der oberen Packstoffbahn. Diese Inspektion ist der ersten Station ähnlich: Geprüft werden die zuvor gedruckten Produktionsdaten, das Verfallsdatum, die Chargennummer sowie die Packstoffnummer als 2D-Matrixcode.
Die zeilenförmigen Bilddaten aller drei Stationen werden an einen speziellen Rechner übergeben, in dem ein Frame Grabber des Typs microEnable IV von Silicon Software die eingehenden Zeilendaten puffert, zu kompletten Bildern zusammensetzt und dann auswertet. „Dieser Teil der Aufgabe war extrem anspruchsvoll, denn die Bilder werden über die einzelnen Produkte hinweg überlappend aufgenommen“, erläutert Achim Hasmüller, einer der verantwortlichen Applikationsingenieure von Harro Höfliger, die Anforderungen.
Anspruchsvolle Auswertung
Jedes Bild bestehe aus dem Ende des vorangegangenen Produkts, des kompletten aktuellen Produkts und dem Anfang des nachfolgenden Produkts. „Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass auch Fehler an den Schnittstellen zweier Produkte zuverlässig erkannt werden“, erklärt Goran Tambolas, ebenfalls Applikationsingenieur bei Harro Höfliger.
Da alle Aufnahmen getriggert erfolgen, können die Positionen aller fehlerhaften Produkte im Prozess exakt verfolgt werden, um diese am Ende der Maschine als Schlechtteile auszuwerfen. Nach diversen vergeblichen Versuchen mit anderen Technologien konnte das Bildverarbeitungs-Team von Harro Höfliger diese Verarbeitungsaufgabe mit einem Frame Grabber in Kombination mit der Softwareumgebung Visual Applets von Silicon Software lösen.
Einen rechenintensiven Teil der Bildverarbeitung übernimmt dabei ein FPGA auf dem Frame Grabber und reduziert damit die CPU-Belastung des Industrie-PCs durch eine geeignete Bildvorverarbeitung. Die Anpassungen der FPGA-Programmierung, speziell auf die Anforderungen des Maschinenbauers ausgerichtet, hat Stemmer Imaging übernommen.
Ein Team des Technologielieferants für Bildverarbeitung hat gemeinsam mit Verantwortlichen von Harro Höfliger das Bildverarbeitungssystem kontinuerlich weiterentwickelt, um unter anderem Monochrom- und Farbzeilenkameras einsetzen zu können.