Laser & Photonics Der Forscher mit dem grünen Daumen

04.06.2012

Der Wissenschaftler Dr. Adrian Avramescu ist weit gereist, ehe er auf seiner jetzigen Stelle bei Osram Opto Semiconductors landete. Aber auch wenn er in verschiedenen Ländern und Kulturen unterwegs war, einer Sache ist er immer treu geblieben: der Erforschung von Halbleitern, zuletzt von grünen Halbleiterlasern.

Bukarest, Hokkaido und Wakoshi in Japan, Regensburg - das sind die bisherigen Stationen im Leben des gebürtigen Rumänen Dr. Adrian Avramescu. Man kann also nicht behaupten, dass er eine Scheu vor der Fremde und neuen Herausforderungen hat - Letztere bringt ja eine Umsiedlung ins Ausland zwangsläufig mit sich, in seinem Fall zum Beispiel die japanische und deutsche Sprache zu erlernen. Zu dieser Feststellung passt auch, dass er sich bei seiner Arbeit als Entwickler bei Osram Opto Semiconductors täglich mit einer anspruchsvollen Thematik auseinander setzt: Der 43-Jährige ist bei dem in Regensburg ansässigen Hersteller von Opto-Halbleitern als Epitaxie-Experte für InGaN (Indiumgalliumnitrid)-Laser tätig.

Der Begriff Epitaxie leitet sich vom griechischen epi (für „auf“) und taxis (für „Richtung“) ab und bedeutet eine besondere Form der schichtweisen Kristallabscheidung. Damit werden zum Beispiel blaue und grüne LEDs und blaue Laserdioden produziert. Letztere sowie rote und grüne Laserdioden sind nötig, um Miniatur-Laserprojektoren für mobile elektronische Geräte zu bauen. Diese so genannten Pikoprojektoren sollen es zum Beispiel Smartphones oder Digitalkameras ermöglichen, lebensgroße Bilder und Filme an die Wand zu werfen. Das Problem bei der Herstellung der Projektoren im Miniformat war bislang aber, dass sich nur rote und blaue Laser routinemäßig herstellen ließen - eine direkt grün emittierende Laserdiode fehlte. Um das Problem zu lösen, behalf man sich bisher dadurch, dass man aus Infrarotlasern durch Frequenzverdopplung grünes Licht erzeugte. Der Nachteil dabei ist, dass die frequenzverdoppelten Laser größer und teurer sind als direkte grüne InGaN-Laserdioden. Diese zu entwickeln war nun in den letzten Jahren die Aufgabe von Avramescu und seinem Team. 2009 schafften die Osram-Forscher auf der Grundlage der Erkenntnisse beim blauen Laser im InGaN-Materialsystem schließlich den Durchbruch: Innerhalb sehr kurzer Zeit - „ in rund einem Jahr“, wie Avramescu berichtet - haben sie erste direkt grün emittierende Laserdioden entwickelt und damit erfolgreich Prototypen von mobilen Laserprojektoren demonstriert - eine Entwicklung, die sich als auszeichnungswürdig erwies: Im Dezember 2010 haben Avramescu und zwei seiner Kollegen, Dr. Desirée Queren und Dr. Stephan Lutgen, stellvertretend für das ganze Forschungsteam den Beckurts-Preis der Karl-Heinz-Beckurts-Stifung erhalten. Der Preis wird vergeben als Würdigung herausragender wissenschaftlicher und technischer Leistungen, von denen erkennbare und von den Preisträgern geförderte Impulse für industrielle Innovationen in Deutschland ausgehen. „Die Preisverleihung war ein wichtiger und eindrucksvoller Moment, das ganze Team war sehr stolz, dass unsere Arbeit auf diese Art und Weise anerkannt wurde“, erinnert er sich, „und für mich persönlich steigerte es die Motivation, auch die Entwicklung des grünen Lasers bis zur Markteinführung voranzutreiben.“

Zum Forschen von Rumänien nach Japan

Der Ursprung für die Begeisterung für das Erforschen der Technik liegt bereits in der Jugend von Adrian Avramescu, der in der Nähe von Bukarest aufgewachsen ist: „Im Gymnasium habe ich Mathematik und Physik als Hauptfächer gehabt und schnell gemerkt, dass mich besonders Physik sehr fasziniert.“ Erste Berührungen mit der Forschung im physikalischen Bereich „ergaben sich bei Experimenten, die ich in der Schule gemacht habe, und auch bei der Teilnahme an der Physik-Olympiade“, erzählt er. Da lag es nur nahe, dass es auch nach der Schule mit Physik weiter ging - und zwar mit einem Studium an der Universität Bukarest. Dabei war ein Studienjahr entscheidend für Avramescus weitere Forscherlaufbahn: „Im vierten Jahr habe ich einen tollen Professor gehabt, der mich nachhaltig für Kristalle und die Festkörperphysik begeistert hat.“ Nach dem Studium brachte ihn die Arbeit an einem universitätsnahen Institut, an dem er auch seine Dissertation begonnen hat, für einen kurzen Austausch nach Deutschland, ehe er sich auf der Suche nach besseren Forschungsbedingungen für seine Doktorarbeit ein Stipendium in Japan ergattert hat. „An Japan haben mich die sehr guten Möglichkeiten zur Forschung und auch die völlig andere Kultur interessiert“, begründet er seine Entscheidung, seinen weiteren Weg in Asien fortzusetzen.

Von den insgesamt sieben Jahren in Japan verbrachte er die ersten vier an der Universität Hokkaido, wo er seine Promotion abgeschlossen hat. „Dort habe ich mich mit Halbleitern im Nanometerbereich, die Licht erzeugen, beschäftigt. Obwohl das erste Jahr in Japan nicht einfach war, muss ich im Nachhinein sagen, dass diese Zeit doch sehr schön war. Und ich habe es sogar geschafft, ein bisschen japanisch zu lernen“, erzählt Avramescu begeistert. Da er sich mit der Zeit also an das zunächst fremde Land gewöhnt hatte, ging er nach dem Abschluss seiner Doktorarbeit auch nicht gleich wieder zurück nach Europa, sondern wechselte auf eine auf drei Jahre begrenzte Postdoc-Stelle ans Riken-Institut in Wakoshi, um weiter an Nitrid-Halbleitern und auch an der Epitaxie zu forschen. Nachdem diese Stelle ausgelaufen war, „stellte sich für mich, meine Frau und meine kleine Tochter die Frage, wie und wo es weiter gehen sollte - und wir entschlossen uns dann, doch wieder nach Europa zurück zu kehren.“ Da kam eine freie Position bei Osram Opto Semiconductors für Avramescu mit seinen Forschungserfahrungen wie gerufen, denn das Unternehmen suchte damals Experten mit Know-how auf dem Gebiet der Epitaxie von Kristallen. Und so siedelte Avramescu 2003 mit seiner Familie nach Regensburg um - angezogen von der Aussicht, bei Osram die sehr guten Forschungsressourcen eines großen Unternehmens, eine angenehme Atmosphäre und eine anregende Teamarbeit vorzufinden.

Nach seiner derzeitigen Tätigkeit bei Osram Opto Semiconductors befragt, berichtet Adrian Avramescu zunächst, dass er sich seit sechs Jahren intensiv mit Lasern beschäftigt, „das heißt, mit Nitrid-Lasern, zunächst im Ultraviolett-Bereich. Dann habe ich mich auf die Entwicklung von blauen Laserdioden fokussiert, die Osram auch schon als Produkt auf den Markt gebracht hat.“ Aktuell arbeite er an der Weiterentwicklung und Optimierung von direkten grünen Laserchips für Pikoprojektoren. Neben dieser Arbeit sind ihm das Netzwerken und der Austausch mit anderen Forschern sehr wichtig: „Ich habe mir schon in Japan ein gutes Netzwerk aufgebaut, mit Universitäten und vielen Professoren. Heute noch werde ich eingeladen zu verschiedenen Tagungen, die dort stattfinden. Und auch in Deutschland habe ich jetzt angefangen, mir ein Netzwerk aufzubauen, zum Beispiel mit der Universität Bremen. Hier arbeite ich mit Wissenschaftlern unter anderem im Bereich Charakterisierung von Strukturen zusammen.“ Durch die Nähe zu Universitäten kommt es häufig vor, dass Avramescu auch mit Doktoranden zu tun hat, die in seinem Team bei Osram mitarbeiten. Und da kommen wir auch schon zu einem Punkt, der ihm bei seiner jetzigen Tätigkeit sehr gut gefällt: „Es ist immer gut, Kontakt zu jungen Leuten zu haben, weil sie gute und neue Ideen zu unserer Forschung beitragen. Es macht mir immer Freude, mit Doktoranden zu arbeiten. Beide Seite profitieren: die Jungen von unserer Erfahrung und ich von ihrem Infragestellen von Gegebenem - so kommen wir gemeinsam weiter.“ Nach dieser Aussage verwundert es nicht, dass er als einen weiteren Aspekt, der ihm an seiner Arbeit Spaß macht, die Teamarbeit nennt. Auch die ständig neuen Herausforderungen, die seine Forschung mit sich bringt, reizen ihn, genauso wie „das schöne Gefühl, nach harter und langer Entwicklungsarbeit mit vielen Kollegen - auch aus anderen Abteilungen bei uns im Haus - ein bislang weltweit einzigartiges Produkt in der Hand zu halten, wie es zum Beispiel bei dem kürzlich von uns entwickelten grünen Laser der Fall war.“

Ständiges Hinterfragen ist unerlässlich

Apropos Zusammenarbeit mit anderen: Für Adrian Avramescu ist es unerlässlich, teamfähig und diskussionsbereit zu sein, um in einem Job wie dem seinen zu bestehen. „Und natürlich muss man auch einen fachlich sehr guten Hintergrund haben“, so der 43-Jährige. "Außerdem ist es für mich als Wissenschaftler wichtig, dass man sich nicht scheut, Ergebnisse immer wieder in Frage zu stellen. Erst wenn man etwas ständig, bis in die Tiefe, hinterfragt, versteht man wirklich, wieso zum Beispiel Effekte so sind, wie sie sich gezeigt haben. Dabei ist es keineswegs so, dass ihm dieses permanente Abklopfen von Ergebnissen lästig ist, im Gegenteil, es macht ihm Spaß - wie überhaupt Spaß an und bei der Arbeit für Avramescu unbedingt dazu gehört. Um Letzteres zu veranschaulichen hat der Forscher ein lustiges Beispiel parat. So erzählt er, dass sich in seinem Team eine eigene Sprache herausgebildet hat: Bei der Entwicklung des grünen Lasers sind die Wissenschaftler auf gewisse Defekte gestoßen, die ihre „Feinde“ waren; denen haben sie bestimmte Namen gegeben: „Es trat zum Beispiel ein Defekt auf, der die Form eines Hexagons hatte, den haben wir dann im weiteren Verlauf der Entwicklung Hexe genannt. Und wenn der Defekt zu häufig vorkam, haben wir gerufen: 'Ich möchte diese böse Hexe jetzt nicht mehr sehen'“ Und schließlich komme es bei seiner Arbeit noch darauf an, Geduld zu haben, „etwa, um die winzigen Nanostrukturen im Epitaxieverfahren korrekt zu erzeugen.“ Was dabei herauskommt, wenn man es mit der Geduld nicht so genau nimmt, schildert er lachend anhand eines Missgeschicks während der Entwicklung: „Einmal mussten wir eine Laserstruktur messen, und wir wollten so schnell die Ergebnisse haben, dass wir die Messung nicht im Dunkeln gemacht haben, wie es normalerweise sein sollte, wir hatten einfach keine Geduld. Und als wir als Ergebnis ein merkwürdiges Spektrum herausbekommen haben, merkten wir nach kurzem Überlegen, dass wir nicht unser Bauteil, sondern die Deckenlampe gemessen haben.“

Beruflich wird sich Adrian Avramescu in nächster Zeit hauptsächlich darum kümmern, „den von uns entwickelten Laser marktreif zu machen. Momentan gehen wir davon aus, dass dies im zweiten Halbjahr 2012 so weit sein wird.“ Und natürlich - ganz Forscher wie er ist - sieht er auch schon weiter in die Zukunft und denkt neben der derzeitigen Hauptapplikation Pikoprojektoren auch an andere Einsatzgebiete für den grünen Laser: „Ich könnte mir zum Beispiel die Verwendung in Head-up-Displays in Autos oder in Anwendungen, die Lichteffekte erzeugen, vorstellen.“ Für den privaten Bereich hat er sich vorgenommen, bei seiner zehnjährigen Tochter die Begeisterung für die Wissenschaft zu wecken. „Hierfür versuche ich sie daran heranzuführen, dass es wichtig ist, Gegebenes zu hinterfragen“, verrät er. „Außerdem möchte ich meiner Tochter vermitteln, dass sie immer, wenn sie eine Aufgabe erledigt, dies so gut macht wie sie kann.“

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