Die Stromerzeugung auf dem afrikanischen Kontinent könnte bereits im Jahr 2050 fast ausschließlich über erneuerbare Energien erfolgen – ohne negative Folgen für das Wirtschaftswachstum. Das geht aus einer neuen Studie des Mercator Research Institute on Global Commons and
Climate Change (MCC) hervor. Voraussetzung dafür ist, dass die Staaten beim internationalen Stromnetzausbau und Stromhandel kooperieren, die vorhandene Wasserkraft zum Ausgleich der Schwankungen genutzt und frühzeitig lokales Know-how im Umgang mit der neuen Technologie aufgebaut wird.
50 bis 80 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen liegen brach
Erste derartige Leuchtturmprojekte gibt es bereits: Das vom deutschen und sambischen Landwirtschaftsministerium betriebene Agriculture Knowledge & Training Centre (AKTC) verfügt seit Kurzem über eine PV-Batteriespeicher-Anlage, die die Farm bis zu 13 Stunden am Stück mit 450 kWh erneuerbarer Energie versorgt. Die Vorteile einer solchen Anlage erschließen sich bei einem Blick auf die Bevölkerungs- und Beschäftigungsstruktur im Süden Afrikas: In Sambia lebt der überwiegende Teil der 16 Millionen Einwohner auf dem Land und von der Landwirtschaft. Doch 50 bis 80 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen liegen brach. Der Grund: unzureichende Bewässerungsmöglichkeiten. Zwar ist das Land für südafrikanische Verhältnisse sehr wasserreich, ohne künstliche Bewässerung können dennoch fast keine Ernten eingefahren werden. Der dafür notwendige Strom ist aber nicht dauerhaft verfügbar. Sambia leidet wie viele Staaten des südlichen Afrikas unter einer unzuverlässigen Stromversorgung mit stundenlangen Ausfällen. In der Folge werden häufig größere Teile der Ackerflächen nicht genutzt oder die Erträge fallen deutlich geringer aus.
Projekte in Sambia
Die auf dem Gelände des AKTC in der Provinz Chisamba errichtete PV-Anlage mit Speichersystem versorgt die Farm von 7 bis 19 Uhr kontinuierlich mit PV-Strom. Dieser wird für die Bewässerung eines 90.000 Quadratmeter großen Getreidefelds verwendet. Der Rotor des Pivot-
Beregnungssystems, das innerhalb von 24 Stunden einmal über die gesamte kreisförmige Ackerfläche läuft, besitzt nur eine Zentralpumpe. Wenn diese aufgrund eines Stromausfalls, welcher bis zu zehn Stunden dauern kann, vom Netz abgeschnitten ist, kann das verheerende Folgen für das gesamte Getreidefeld haben. Die PV-Anlage auf dem Gelände der AKTC-Farm besteht aus 260 in ostwestlicher Richtung aufgeständerten Solarmodulen mit einer Gesamtleistung von 86 kWp. Um den hohen Sonnenstand bestmöglich zu nutzen, wurden die Module in einem Winkel von sechs Grad installiert und alle Komponenten des Systems auf einen reibungslosen Betrieb bei hohen Temperaturen ausgelegt. Produziert die Anlage mehr Energie als unmittelbar verbraucht werden kann, wird die Energie mittels eines 160-kWh-Batteriespeichers zwischengespeichert. Auch das zur Farm gehörende Wasserreservoir wird als zusätzlicher Speicher genutzt. Das intelligente Kontrollsystem zur gezielten Steuerung der Pumpen erfasst dafür den Wasserstand im Reservoir und den Ladezustand des Batteriesystems.
Das Projekt auf der AKTC-Farm zeigt: Anwendungsfälle für die Nutzung erneuerbarer Energien sind in Sambia vorhanden und lassen sich wirtschaftlich sinnvoll umsetzen. Das gilt auch für die Integration von PV-Anlagen in das öffentliche Netz. Im April 2018 hat Baywa R.E. innerhalb von drei Wochen die mit 1 MWp bislang größte PV-Anlage in Sambia installiert und in Betrieb genommen. Ein zentraler Bestandteil dieses Projekts ist das Schulungsprogramm in den Bereichen Projektentwicklung, Instandhaltung der Anlage sowie Betriebsführung. Baywa R.E. deckt alle Belange rund um den Betrieb und die Wartung der Anlagen ab.
PV gewinnt an Bedeutung
Beide Projekte, sowohl der Solarpark als auch der Speicher, sind Beispiele dafür, dass der afrikanische PV-Markt auch für internationale Anbieter immer wichtiger wird – nicht zuletzt, weil viele der bestehenden Off-Grid-Lösungen, die bislang mit Dieselgeneratoren betrieben wurden, langfristig durch Photovoltaik ersetzt werden können. Nach Schätzungen von Greenpeace werden bis 2030 zwei Milliarden Menschen weltweit über Off-Grid-Systeme mit Strom versorgt. Gerade in Schwellenländern kommen diese Lösungen häufig zum Einsatz, da die Menschen dadurch nicht mehr auf das teilweise nicht vorhandene oder oft unzuverlässige öffentliche Stromnetz angewiesen sind.
Die Off-Grid-Lösung auf der AKTC-Farm hätte sogar das Potenzial für ein Upgrade zu Net Metering. Bei einer PV-Anlage mit Net Metering wird die Energie, die über den Eigenverbrauch und die Kapazität der Batterie hinausgeht, ins Netz eingespeist und von dem Energieversorger bilanziell zu einem späteren Zeitpunkt wieder zur Verfügung gestellt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der staatliche Netzbetreiber grünes Licht für dieses im südlichen Afrika neue Instrument gibt. Dieses Thema wird nicht nur in Deutschland, sondern auch in afrikanischen Ländern heiß diskutiert. Die Netzbetreiber fürchten durch den eingespeisten Solarstrom eine steigende Netzinstabilität. Viele Studien und Praxisbeispiele widerlegen diese Befürchtungen und zeigen, dass die dezentrale Stromerzeugung zur Netzstabilität beitragen kann.
Auch wenn die Chancen für die Einführung von Net Metering derzeit sehr gut stehen, ist es noch ein weiter Weg zur flächendeckenden Implementierung. Trotzdem: Die Voraussetzungen für den weiteren Ausbau des Anteils an erneuerbaren Energien am sambischen Strommix stimmen. Die Regierung hat für die Photovoltaik einen Zielkorridor von 800 bis 1.000 MW ausgegeben. Mit durchschnittlich 2.000 bis 3.000 Sonnenstunden pro Jahr ist Sambias natürliches Potenzial für Solarenergie sehr gut.