Vermutlich gibt es in der Technik heute nur noch sehr wenige Standards, die sich über drei Ingenieur-Generationen gehalten haben. Einer ist die analoge 4-20-mA-Stromschnittstelle, die in hunderttausenden Fabrikanlagen eingesetzt wird. Für die Prozess- und Regeltechnik ist sie das Maß der Dinge. Eine Ablösung ist nicht in Sicht. Das ist auch nicht nötig. Schließlich können auf der analogen Schiene parallel auch digitale Datenpakete übertragen werden. Dadurch ist die Tür offen für den Einsatz smarter Sensoren, für Controller-Chips, DSPs und Displays. Deshalb wird der 4-20-mA-Standard auch die nächste Generation von Ingenieuren überdauern.
Grundlagen der 4-20-mA-Schleife
Egal welche physikalischen Größen überwacht werden sollen - ob Temperatur, Viskosität, Durchfluss, Füllstand, Druck, Feuchte oder andere - immer basiert die Verbindung zwischen Sensor und Empfänger auf einer simplen Zweidraht-Technik. Per Definition entsprechen dabei 4-mA-Strom immer dem Wert 0 Prozent und 20 mA dem Wert 100 Prozent. Da die Signale als eingeprägte Ströme übertragen werden und nicht als Spannungspegel, können die Leitungen nahezu beliebig lang sein. Jedenfalls solange, wie die Spannung an der Quelle hoch genug ist, 20 mA durch die Schleife zu treiben.
Stromsignale haben dabei den großen Vorteil, unempfindlich zu sein gegen die im industriellen Umfeld üblichen Störquellen. Deshalb können Signalleitungen mit Versorgungsleitungen gebündelt werden. Das vereinfacht die Verkabelung großer Anlagen zum Beispiel in der Petrochemie, wo Sensoren oft mehrere hundert Meter entfernt sein können. Da systembedingt immer ein Strom von mindestens 4 mA fließen muss, ist die Störüberwachung automatisch inbegriffen. Denn wenn kein Strom fließt, ist entweder der Sensor defekt oder die Leitung ist unterbrochen. Allerdings verfügt das Konzept auch über einige Schwachpunkte. Beispielsweise stört die Tatsache gewaltig, dass jeder einzelne Sensor über ein eigenes Kabel angeschlossen sein muss.
Hier sorgt die Digitaltechnik für den entscheidenden Durchbruch. Denn in modernen Versionen der 4-20-mA-Schleife werden die Daten mehrerer Sensoren mittels DSP (digitaler Signalprozessor) aufbereitet und als frequenzmoduliertes Impulsbündel über eine einzelne, analoge Leitung geschickt. Hierzu sind zwei Hart-Modems (Highway Addressable Remote Transducer) erforderlich, die die digitalen Datenpakete auf der Transmitter-Seite dem analogen Signal überlagern und auf der Empfängerseite wieder sauber auskoppeln. Auf diese Weise lassen sich weitere Sensoren integrieren, ohne dass zusätzliche Schleifenkabel verlegt werden müssen. Nicht zuletzt deshalb ist die Hart-Technologie heute das mit Abstand am häufigsten eingesetzte Datenprotokoll in der Prozessindustrie. Sie hat entscheidend dazu beigetragen, die 4-20-mA-Schleife zukunftssicher zu machen.
Allerdings braucht die Transmitter-Elektronik mehr Strom als die Sensoren aus analogen Tagen. Nicht viel – aber mehr als aus der Schleife mittels Linearregler zu gewinnen ist. Das reicht zwar in der Regel aus, um Operationsverstärker zu versorgen oder Brücken zu kompensieren. Kommen aber DSPs, Modems und Displays ins Spiel, ist die zulässige Grenze von <4 mA schnell überschritten.
Smarte Sensoren benötigen mehr Strom
Wenn an der Messstelle eine Stromversorgung verfügbar ist, stellt das kein Problem dar. Sollen Transmitter aber remote, also weit weg von der Leitstelle, zum Beispiel an einem Druckbehälter, installiert werden, ist der Aufwand entsprechend groß. Wesentlich einfacher und preisgünstiger ist es deshalb, wenn auch die Transmitter-Elektronik aus der Schleife versorgt werden kann.
Grundsätzlich bietet sich als Lösung der Einsatz von Schaltreglern an. Als echte Leistungswandler sind sie in der Lage, höhere Spannungen am Eingang in höhere Ströme am Ausgang zu wandeln. Sie machen also genau das, was erforderlich ist, um aus der 4-20-mA-Schleife mehr Strom zu gewinnen, als es das systembedingte Limit von <4 mA eigentlich erlaubt.
Allerdings sind Schaltregler bislang ausnahmslos für weit höhere Ströme ausgelegt worden. Ihr Eigenverbrauch im Leerlauf liegt bereits deutlich jenseits der 4-mA-Schwelle. Es gibt außerdem eine weitere, fast unüberwindlich erscheinende Hürde. Schaltregler führen Energie in gepulster Form vom Eingang zum Ausgang. Anders als Linearregler entnehmen sie der Energiequelle Stromspitzen, die je nach Belastung erheblich über dem Mittelwert liegen können. Für die Belastung der 4-20-mA-Schleife sind aber genau diese Spitzenwerte relevant. Denn jedes auch nur kurzzeitige Überschreiten des Limits würde den Messwert verfälschen. Deshalb lassen sich bei diesem Konzept nie 100 Prozent der potenziell verfügbaren Energie nutzen.
Den Ingenieuren von Recom ist es gelungen, eine neue Schaltregler-Topologie zu entwickeln, die den Leerlaufstrom auf erstaunlich niedrige Werte um 100 µA reduziert. Außerdem konnte der Eingangskreis des Strom-Boosters so gestaltet werden, dass sich die Amplituden der Stromimpulse gegenseitig weitgehend neutralisieren. Dadurch können effektiv 3,6 mA des Schleifenstroms genutzt werden, ohne die 4-mA-Schwelle zu tangieren! Durch eine auf knapp unter 50 kHz begrenzte Schaltfrequenz und entsprechend sorgfältige Filterung konnten außerdem Restwelligkeit und Rauschen auf Werte unter 30 mVpp (Milli-Volt Peak-to-Peak) gesenkt werden. Die am Ausgang verfügbaren 10 mA genügen in der Regel, die zusätzlichen Elektronikkomponenten wie DSP, Hart-Modem oder Display, ausreichend mit Energie aus der Schleife zu versorgen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass es die Technologie erlaubt, die Ausgangsspannung durch einen externen Widerstand im Bereich zwischen 1,8 und 5 V zu programmieren. Anwender können also mit demselben Bauteil unterschiedliche Aufgaben lösen.
Mehr Anwendungsmöglichkeiten
Die Tatsache, dass der neue, R420-1.8/PL genannte, Schaltregler am Ausgang dreimal mehr Power verfügbar macht als bislang verfügbare Linearregler, eröffnet eine Vielzahl zusätzlicher Anwendungsmöglichkeiten bei der Digitalisierung der 4-20-mA-Schleife. Zum Beispiel können die Daten zweier Drucksensoren mittels DSP vor Ort zu einem Differenzdruck kombiniert und als Einzelwert an die Zentrale geleitet werden. Den nötigen Strom liefert der R420-1.8/PL. Auch wenn Prozessparameter wie Temperatur oder Feuchte vor Ort auf einem Display ablesbar sein sollen, werden ein paar zusätzliche mA gebraucht. In all diesen Fällen kann der Low-Power-Schaltregler R420-1.8/PL die ideale Lösung sein.