Ein immer geringerer Kraftstoffverbrauch und notwendig geringere Partikelemissionen sind nach wie vor die wichtigsten Ziele der aktuellen Entwicklung von Ottomotoren. Motoren-hersteller setzen dazu vermehrt auf Turboaufladung und Abgas-rückführung (AGR). Beide Maßnahmen senken den Kraftstoffverbrauch ebenso wie die Schadstoffemissionen. Doch Downsizing in Kombination mit Hochaufladung führt beim Ottomotor aufgrund der höheren Ladungsdichte zu einem erheblich ansteigenden Zündspannungsbedarf. Eine zuverlässige Zündung bei hohen Drücken ist deshalb eine zentrale Anforderung an zukünftige Zündsysteme.
Weiteres Potenzial den Kraftstoffverbrauch des Ottomotors zu reduzieren, hat die gekühlte Abgasrückführung. Allerdings sind auch hier verbesserte Zündsysteme notwendig, die das mit AGR verdünnte Gemisch ohne Zündaussetzer sicher entzünden. Neben dem positiven Effekt der Entdrosselung des Motors hat die gekühlte AGR beim Ottomotor positiven Einfluss auf Klopfverhalten und Emissionen [1].
Damit das AGR-verdünnte Luft-Kraftstoff-Gemisch zuverlässig gezündet werden kann, braucht es ein flexibles Zündsystem mit kurzen Zündungsintervallen und variabler Funkendauer. Momentan ist die "Multispark-Zündung" das einzige auf dem Markt verfügbare System mit variabler Zünddauer: Durch Nachladen der Zündspule werden mehrere Zündfunken hintereinander ausgelöst. Borgwarner Beru Systems hat nun ein Doppelspulen-Zündsystem (Dual-Coil-Ignition, DCI) entwickelt, das aus zwei Zündspulen besteht. Dieses System erzeugt einen dauerhaften, nicht abreißenden Zündfunken. Daraus ergeben sich Vorteile in Bezug auf Zündverhalten, Ener-gieverbrauch und Elektrodenverschleiß.
Aufbau der Doppelspulenzündung
Das Doppelspulen-Zündsystem setzt sich aus zwei konventionellen parallel geschalteten Magnetspulen zusammen, die auf Seite der Primärwicklung miteinander verbunden sind. Sekundärseitig sind die beiden Zündspulen durch ein antiparalleles Hochspannungsdiodenpaar voneinander entkoppelt, von deren gemeinsamen Anschlusspunkt ein Hochspannungskabel zur Zündkerze führt. Das Diodenpaar hat die Funktion, gegenseitige Einflüsse der beiden Stromkreise zu vermeiden. Durch den gemeinsamen Zündkerzenanschluss besteht der gesamte Funkenstrom aus dem Strom beider Spulen.
Damit der Funke nicht abreißen kann, wird er in den Zeiträumen, in denen eine der beiden Spulen auf- beziehungsweise nachgeladen werden muss, jeweils von der anderen mit Energie versorgt. Dieser Ablauf wird solange wiederholt, bis die vorgegebene Zünddauer erreicht wird. Anders als bei herkömmlichen Zündungssystemen ist die Funkendauer bei der Doppelspulenzündung einstellbar und der Funke reißt nie ab.
Funktionsprinzip der DCI
Die DCI-Technologie basiert auf einer Ladestromregelung der Zündspulen, bei der Primär- und Sekundärstrom kontinuierlich überwacht werden. Wie bei einer konventionellen Zündung beginnt die Hauptladephase der ersten Zündspule durch einen vorgegebenen Zündimpuls von der Motorsteuerung. Der Ladevorgang der zweiten Spule ist wiederum durch einen einmaligen Zeitverzug abhängig zur Hauptladephase der ersten Spule definiert.
Beide Spulen werden bis zum Erreichen des vorgegebenen maximalen Primärstroms aufgeladen und anschließend entladen. Dabei dauern die jeweiligen Entladephasen so lange an, bis der Sekundärstrom einen definierten Schwellenwert unterschreitet. Auf diese Weise werden beide Spulen abwechselnd auf- und entladen bis die vordefinierte Zünddauer erreicht ist. Unabhängig von Spannungsschwankungen und ungleichen Stromanstiegs- beziehungsweise Stromabfallgeschwindigkeiten wird ein stabiler und kontinuierlicher Zündfunke gewährleistet, da die gesamte Prozesssteuerung - außer der Hauptladephase der ersten Spule - auf einer Stromüberwachung basiert. Das Doppelspulen-Zündsystem kann auch die Nachladezeit und die Zündenergie steuern. Das reduziert den Energieverbrauch und optimiert die Lebensdauer der Zündkerze. Das DCI-System besteht aus einer zentralen Steuereinheit, einer Spannungsversorgung sowie bis zu sechs kompakten Zündmodulen. Bei der Entwicklung der Doppelzündspule standen Basisfunktionen und speziell das einfache Anwenden an bestehenden Motoren im Fokus der Ingenieure. Daher wurde die Zündung so ausgelegt, dass ein konventioneller Zündimpuls heutiger Motorsteuerungen zum Ansteuern genügt. Weitere Parameter wie Zünddauer oder Energieniveau werden über einen CAN-Bus angesteuert, der die erforderlichen Daten zwischen Motorsteuergerät und DCI-Steuereinheit transferiert.
Untersuchungen zur AGR-Toleranz
Um zu ermitteln ob die Doppelspulenzündung das Brennverhalten des Motors beeinflusst, wurde an unterschiedlichen Versuchsträgern in Teillastbetriebspunkten die Abgasrückführrate variiert, wobei Zündenergie und -dauer ebenfalls variierten. Als Versuchsträger dienten zwei typische, stückzahlrelevante Motoren für den europäischen und nordamerikanischen Markt. Die Ergebnisse zeigen, dass das über den Primärstrom regelbare Ener-gieniveau einen geringeren Effekt auf das Motorverhalten hat als die Verlängerung der Funkendauer. Es reichte aus, die Zündenergie der ersten Entladung auf einen Wert der Standardzündung einzustellen. Eine um 0,5 bis 1,5 ms verlängerte Funken-dauer brachte je nach Teillastbetriebspunkt einen merklichen Vorteil in der AGR-Toleranz.
Der alleinige Einsatz der DCI ohne weitere Optimierungsmaßnahmen verbesserte die AGR-Toleranz zwischen 4 und 6 Prozent im Vergleich zur konventionellen Zündung. Der Kraftstoffverbrauch reduzierte sich um 0,5 bis 6,5 Prozent - abhängig vom Lastpunkt und der über die AGR erzielbaren Entdrosselung des Motors.
System für die Serienapplikation
Das Doppelspulen-Zündsystem ermöglicht die zuverlässige Zündung von AGR-vermischten Luft-Kraftstoff-Gemischen. Zusätzlich wurde die Zündung so ausgelegt, dass der übliche Zündimpuls heutiger Motorsteuerungen zur Ansteuerung genügt. Darüber hinaus sind mit dem Doppelspulen-Zündsystem durch die verbesserte AGR-Verträglichkeit Vorteile im transienten Ver-halten sowie eine verbesserte Leerlaufstabilität zu erwarten. Umfangreiche Untersuchungen haben die Robustheit des Doppelspulen-Zündsystems und die Vorteile am Motor bewiesen, sodass sie für eine Serienapplikation ab 2015 zur Verfügung steht.
[1] Roth, D.; Zhang, L.; Sauerstein, R.; Becker, M.: Neue Aspekte bei der Applikation eines Hybrid-AGR-Systems für turboaufgeladene DI-Otto Motoren; 18. Aachener Motorenkolloquium, Aachen 2009