Fuhrparkbetreiber in Kommunen und Firmen beschäftigen sich heute zunehmend mit der Möglichkeit, Elektrofahrzeuge in ihre Flotten aufzunehmen. Viele lassen sich aber durch die eingeschränkte Reichweite, lange Ladezeiten und deutlich höhere Preise bei der Anschaffung von einer Elektrifizierung abhalten und erkennen möglicherweise nicht, welches Potenzial ihr Fuhrpark tatsächlich bietet. Denn gerade Flotten eignen sich allgemein sehr gut für die Integration von Elektrofahrzeugen und werden mittelfristig einen Großteil der verkauften E-Fahrzeuge betreiben [1].
In gemischten Flotten besteht die Möglichkeit, sie parallel zu Verbrennungsfahrzeugen einzusetzen, die längere Strecken abdecken können. Oftmals liegen definierte Einsatzprofile vor, etwa im Lieferverkehr, die sich gut mit den Reichweiten und Ladezeiten der E-Fahrzeuge in Einklang bringen lassen. Zudem ist die Auslastung in Flotten oft höher als im Privatverkehr. Das erhöht die Wirtschaftlichkeit der Fahrzeuge, die zwar teuer in der Anschaffung, jedoch günstiger im Betrieb sind. Grundsätzlich muss zur Potenzialermittlung aber jeder Fuhrpark individuell betrachtet werden, da sich die Einsatzprofile und Randbedingungen, wie Fahrzeughaltedauern, Auslastung oder Beschaffungs- und Betriebskosten, deutlich unterscheiden können [2].
Einsatzpotenziale für Elektrofahrzeuge
Seit 2011 führt das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) im Rahmen der Modellregion Stuttgart unter der Marke „Elektromobilisiert.de“ Fuhrparkanalysen bei Kommunen, Behörden und Firmen durch [3]. Hierbei wird auf Basis vorhandener Fahrtenbücher untersucht, wie viele heute verfügbare Elektrofahrzeuge im Fuhrpark eingesetzt werden können und wie sich das auf die Kosten und die CO 2-Emissionen auswirkt.
Begleitend werden Flottenversuche mit verschiedenen Elektrofahrzeugen durchgeführt. Im Ergebnis zeigt sich, dass gerade in Kommunen ein hohes Potenzial für die Elektrifizierung besteht, da viele Fahrten innerhalb des Stadtgebietes erfolgen. So liegen etwa in der Stadtverwaltung Ludwigsburg über 98 Prozent aller Fahrten unter 100 Kilometer und selbst im Winter könnten bei Minimum 60 Kilometer Reichweite noch über 86 Prozent aller Fahrten sicher erfolgen [4].
Allerdings reicht es nicht aus, nur die Strecken der Einzelfahrten zu betrachten, da täglich mehrere Fahrten hintereinander durchgeführt werden und auch die Ladezeiten Berücksichtigung finden müssen. Sämtliche Analysen zeigen, dass in der Regel eine komplette Vollladung der E-Fahrzeuge über Nacht möglich ist und oftmals zusätzlich Zwischenladungen möglich sind. Letzteres hängt stark von der Auslastung des Fuhrparks ab. Grundsätzlich spielt für das Elektrifizierungspotenzial auch die Anzahl der gemeinschaftlich genutzten Fahrzeuge eine wesentliche Rolle. In kleinen Flotten ist die Chance groß, dass alle Fahrzeuge gleichzeitig eine Langstrecke durchführen müssen, was eine Elektrifizierung erschwert, selbst wenn alle anderen Fahrten in der Reichweite der E-Autos liegen. In großen Flotten dagegen können die E-Fahrzeuge einen wesentlichen Anteil der Kurzstrecken übernehmen.
Um alle relevanten Parameter bei den Analysen berücksichtigen zu können, hat das Fraunhofer IAO eine Software entwickelt, mit der sich in Simulationen retrospektiv real durchgeführte Fahrten auf potenzielle E-Fahrzeuge umverteilen und Ladezeiten ergänzen lassen [5].
Im Idealfall entspricht das volle Potenzial nahezu dem Potenzial der Einzelfahrten, so beispielsweise in Ludwigsburg, wo unter Berücksichtigung aller Restriktionen - wie Ladezeiten und Auslastung, gleichzeitig durchgeführte Langstrecken, mehrere Einzelfahrten an einem Tag - im Sommer immer noch über 95Prozent aller Fahrten durchgeführt werden könnten. Dies ist aber keineswegs selbstverständlich.
In einer weiteren Analyse der größten Teilflotte des Regierungspräsidiums Stuttgart könnten bei einem Kurzstreckenanteil von 49Prozent tatsächlich - unter Berücksichtigung der genannten Restriktionen - nur 34 Prozent aller Fahrten elektrifiziert werden. Da teilweise mehrere Einzelfahrten an einem Tag oder mehrere lange Fahrten gleichzeitig stattfinden [6].
Ökonomische und ökologische Bewertung
Ob der Betrieb von Elektrofahrzeugen in einem Fuhrpark wirtschaftlich ist, hängt stark von den individuellen Randbedingungen ab. Wesentliche Größen sind hierbei die Haltedauer der Fahrzeuge, die Kauf- oder Leasingkonditionen sowie die Strompreise des Flottenbetreibers. Letztere liegen in der Regel weit unter den Kosten für Privatverbraucher. Während bei den gesamten Lebenszykluskosten heutige Elektrofahrzeuge im Eins-zu-Eins-Vergleich mit sparsamen Dieselfahrzeugen eher schlechter abschneiden, lassen sich im Zuge einer Elektrifizierung für gesamte Fuhrparks teilweise sogar Kostenersparnisse realisieren.
In den Untersuchungen des Fraunhofer IAO wird für ein möglichst wirtschaftliches Szenario der tatsächliche Bestand an Fahrzeugen mit heute verfügbaren Elektrofahrzeugen verglichen. Kostenersparnisse ergeben sich vor allem dort, wo Benziner mit vergleichsweise hohem Verbrauch im Einsatz sind, wo Fahrzeuge gekauft und lange gefahren werden oder wo selbst für kurze Strecken standardmäßig große Autos genutzt werden. Eine gewollte Elektrifizierung ist also nicht zuletzt über ein Downsizing der Fahrzeuge oder eine Effizienzsteigerung im Fuhrpark zu finanzieren.
Neben den ökonomischen Aspekten sollte bei einer Elektrifizierung auch die CO 2-Bilanz stimmen. Die Normwerte für den CO 2-Ausstoß auf Basis des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) spiegeln die Realität aber nicht ausreichend wieder und eignen sich nur bedingt für einen Vergleich zwischen Verbrennern und E-Fahrzeugen, da bei den Stromern der energieintensive Betrieb der elektrischen Heizung unberücksichtigt bleibt. Für die Analysen setzen die Forscher deshalb reale Verbrauchsdaten aller untersuchten Fahrzeuge an und betrachten die Strom- aber auch die Treibstoffbereitstellung. Zusätzlich müssen auch die CO 2-Emissionen aus der Fahrzeugherstellung mit in die Untersuchungen einfließen. Hier schneiden Elektrofahrzeuge schlechter ab als Verbrenner, da die Batterieherstellung mit hohen Energieaufwendungen verbunden ist [7].
Die bisher durchgeführten Analysen verdeutlichen, dass die Elektrofahrzeuge in der Gesamt-CO 2-Bilanz bei deutschem Strommix leicht besser abschneiden als die jeweiligen Bestandsfahrzeuge. Ein deutlicher Effekt wird aber nur unter Verwendung von Ökostrom erzielt, der mittelfristig auch bei der Fahrzeugherstellung dominieren muss.
Letztendlich sollte auch bei der Ökobilanz genau hingeschaut werden, denn entscheidend ist nicht der Anteil elektrisch beriebener Fahrten, sondern vielmehr der Anteil elektrisch gefahrener Kilometer, der aufgrund der eingeschränkten Reichweiten meist geringer ausfällt.
Fuhrparkanalyse als erster Schritt
Die theoretischen Analysen zeigen das individuelle Potenzial, mögliche Kosten und den Nutzen für eine Elektrifizierung im Fuhrpark auf. In den praktischen Flottenversuchen bestätigt sich zusätzlich die Alltagstauglichkeit und Zuverlässigkeit der Elektrofahrzeuge. Die Herausforderung liegt heute darin, das volle Potenzial auch in die Praxis umzusetzen. Dies umfasst die Schaffung einer geeigneten Ladeinfrastruktur und die Organisation und Disposition der Fahrten.
Während heute die Fahrzeugbuchung in vielen Fällen noch über Papierlisten erfolgt, erfordert die Elektromobilität bei höherer Durchdringung ein angepasstes Flottenmanagementsystem, das den Ladestatus, die Netzbelastung und die geplanten Reisestrecken berücksichtigt und bei Abweichungen flexibel reagieren kann. Letztendlich lassen sich hierdurch die Effizienz im Fuhrpark steigern und die Kosten optimieren.Die Literaturhinweise und Quellen finden Sie in der Online-Version des Artikels.((Nur online!!))
Weitere Informationen
[1] Roadmap Elektromobile Stadt, Fraunhofer IAO, Feb. 2008 www.forum-elektromobilitaet.de/assets/mime/f677c20d5d7365fbce9a57ef37c4fc78/FhG_IAO_Roadmap-Elektromobile-Stadt.pdf
[2] Frost & Sullivan: Electric Vehicles: European Voice of the Consumer Study - Fleet Managers and Drivers, Jul. 2010
[3] www.elektomobilisiert.de
[4] Florian Klausmann, Falko Kötter, Florian Rothfuss : Softwaregestützte Potentialanalyse für die Integration von Elektrofahrzeugen im Fuhrpark der Stadtverwaltung Ludwigsburg, 4. Wissenschaftsforum Mobilität 2012
[5] Falko Kötter, Florian Klausmann, Thomas Renner: Potenzialermittlung für Integration von Elektrofahrzeugen in Fuhrparkflotten, Informatik-Spektrum, DOI 10.1007/s00287-012-0666-8, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
[6] www.mvi.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/114571/
[7] Hinrich Helms, et al.: IFEU, Umbrela - Wissenschaftlicher Grundlagenbericht, Okt. 2011