Die Energiepolitik ist im Umbruch. Die schwankenden und langfristig steigenden Rohölpreise belasten die Industrie. Das Kyoto-Protokoll gibt verbindliche Grenzwerte zu CO2-Emissionen in Industrieländern vor. Wollen Unternehmen wirtschaftlich produzieren, müssen sie in ihrer Produktion und Organisation über Energieeffizienz nachdenken. Moderne Ansätze des Energie-Managements können an dieser Stelle ein hohes Potenzial bieten. Die Anbieter dieser Lösungen setzen die entsprechenden Produkte und Lösungen in der eigenen Fertigung ein - zum Beispiel der Verbindungstechnik- und Automatisierungsanbieter Wago. Neben den beiden deutschen Standorten Minden und Sondershausen produziert das Unternehmen auch in Frankreich, Polen, China, Japan, Indien, den USA sowie in der Schweiz. Langfristiges Ziel ist die Einbindung aller Gebäude und Standorte in eine zentrale Energiedatenerfassung. Sie wird die Grundlage für ein Energie-Management nach DIN EN ISO 50001, einen standortübergreifenden Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Ländern zu Umwelt- und Energiethemen sowie eine systematische Gebäude- und Technikplanung mit einem international festgelegten Standard für die Wärmedämmung und Energieeffizienz. Seit 2007 wird die systematische Energieverbrauchserfassung am Standort Minden aufgebaut. Als Zwischenbilanz ergibt sich, dass trotz neuer Gebäude, zusätzlicher Produktionsreihen und mehr Arbeitsplätzen der maximale Verbrauch kaum angestiegen ist. Das wertet das Unternehmen als Effekt von zahlreichen Maßnahmen zur Energieeinsparung mit integrierten Konzepten in der Produktions- und Gebäudetechnik sowie regelmäßigen Sanierungen von Altanlagen. Bestehende technische Lösungen werden vom Facility Management ständig auf ihre Effizienz hin überprüft.
Gebäudetechnik schafft Effizienz
Auf diese Weise wurde die Nutzung natürlicher Abluft über Dachlichtkuppeln und Öffnungen in den Sheddächern frühzeitig berücksichtigt. Ein Technikvergleich hat gezeigt, dass die Konditionierung der Raumluft über die Installation einer Klimatisierung günstiger ist als über eine Erweiterung der Lüftungsanlage. Sie ist preiswerter in der Anschaffung und sparsamer im Betrieb, da weniger Luft bewegt werden muss.Da die Betriebskosten über die Zeit meist auf ein Vielfaches der Errichtungskosten steigen, setzt Wago auf moderne Gebäudetechnik. Sie wird vorrangig aus dem eigenen Portfolio der elektrischen Verbindungstechnik und Automatisierung realisiert - zum Beispiel mit dem Wago-I/O-System. In allen Büro- und Produktionsgebäuden steuern dezentral installierte Automatisierungssysteme das Licht, die Beschattungsanlagen sowie die Heizungs- und Lüftungsanlagen. In der Spritzerei wurde ein mehrstufiges Beleuchtungssystem realisiert. Die Basis bilden eine nach Süden ausgerichtete Glasfassade mit außenliegender variabler Beschattung sowie ein Sheddach mit Lichteinfall von Norden. Dadurch kommt natürliches Tageslicht in die Halle. Automatisiert wird künstliche Beleuchtung je nach Tageslichteinfall zugeschaltet. Zusätzlich wurde eine auf die Arbeitsabläufe ausgerichtete Arbeitsplatzbeleuchtung unmittelbar im Arbeitsbereich berücksichtigt. Die Bedienung der Beleuchtungssteuerung erfolgt über eine Visualisierung, welche direkt auf dem PC zum Beispiel vom Schichtleiter verfügbar ist. Sie gibt einen Überblick des Ist-Zustands und ermöglicht das einfache Zu- und Abschalten von Leuchten und die Anpassung des Helligkeitsbedarfs. Mit jedem neuen Gebäude steigt der Automatisierungsgrad, sodass neben Sonnenschutzsteuerung und einer dimmbaren Beleuchtung stetig weitere Funktionen in die Gebäudeautomation aufgenommen werden. So registrieren Sensoren die Präsenz von Personen, um das Licht individuell zu steuern und Kontakte zu erfassen, wenn ein Fenster geöffnet wird, um die Raumklimatisierung entsprechend auszuschalten. Des Weiteren generiert das Automatisierungssystem bei einer Störung einen Alarm und informiert das Instandhaltungspersonal per SMS oder Mail. Das Facility-Personal und die Betriebsbereitschaft haben von überall Zugriff auf die Web-Visualisierung und damit einen detaillierten Einblick in den aktuellen Gebäude- und Anlagenstatus. Weiterhin ist die Übersicht historischer Daten die Grundlage für Störungsanalysen und Verbesserungen. Die Alarm- und Status-SMS werden über die zentrale Gebäudeleittechnik sowie in Teilbereichen über das kompakte Fernwirksystem To-Pass generiert und weitergeleitet. In den vergangenen Jahren wurden Einzelkühlungen an Maschinen und Anlagen durch zentrale Kühlungssysteme, zum Beispiel eine Wasserkühlung, ersetzt. Sie arbeiten effizienter und vermeiden zusätzlichen Energieeinsatz zur Raumklimatisierung.
Energiefresser erkennen
Seit einigen Jahren ersetzt Wago schrittweise hydraulische Spritzgießmaschinen durch elektrische Maschinen. Letztere verbrauchen bis zu 50 Prozent weniger Energie. In der 2009 fertig gestellten neuen Spritzerei in Minden finden sich nur noch elektrisch betriebene Spritzgießmaschinen. In beiden Spritzereien werden neue Temperiergeräte mit I/O-System mit programmierbarem Ethernet-Controller eingesetzt. In der Steuerung ist ein Regelungsprogramm hinterlegt, das über I/O-Busklemmen mehrere Temperierkreise regelt. Die Optimierung dieser Geräte spart gegenüber der vorherigen Lösung rund die Hälfte der Energie. Eine weitere Einsparung von rund 50 Prozent erzielt die neu entwickelte Trocknungsanlage für Kunststoffgranulat. Aber auch in den anderen Fertigungsbereichen werden energiesparende Maßnahmen umgesetzt, zum Beispiel bei Druckluftanlagen. Hier reduzieren eine Senkung des Druckniveaus, der Aufbau einer Ringleitung sowie die Geräte-Modernisierungen den Energieverbrauch um bis zu 80 Prozent. Als weitere Maßnahme wird etwa in Montagesystemen der Einsatz von Servoantrieben favorisiert, so werden kostenintensive pneumatische Antriebe ersetzt. Alle bisherigen Maßnahmen zur Energieeffizienz im Facility Management und in der Produktion haben dazu geführt, dass in der modernen Spritzerei in Minden bis zu 70 Prozent Energie eingespart werden. Die hierbei gesammelten Erkenntnisse werden Schritt für Schritt auch an den anderen Produktionsstandorten in der ganzen Welt umgesetzt. Dabei werden die gleichen Standards wie in Deutschland beachtet - auch im außereuropäischen Ausland. Nach der Erfassung der Verbräuche und daraus abgeleiteten Maßnahmen steht im Hause Wago als nächster Schritt der Aufbau eines Energie-Management-Systems auf Grundlage der DIN EN ISO 50001 an.