Schätzungen zufolge sind in Europa etwa zwei Millionen Schaltschrank-Klimageräte im Einsatz, die mit einer angenommenen Anschlussleistung von 2 GW (rund 1 kW pro Gerät) für einen CO2-Ausstoß von zirka vier Millionen Tonnen pro Jahr verantwortlich sind. Rittal hat sich als Systemanbieter mit der Kühlgeräte-Generation Blue e+ zum Ziel gesetzt, den Energiebedarf von Schaltschrank-Klimageräten soweit zu senken, dass ein positiver Beitrag zum Klimaschutz geleistet und steigenden Energiepreisen begegnet werden kann.
Über Zweipunktregelung und Hybridverfahren
Herkömmliche Kühlgeräte arbeiten gewöhnlich mit einer Zweipunktregelung, die den Kompressionskältekreislauf bei Bedarf an- und ausschalten. Das heißt: Das System kühlt so lange unter Volllast, bis die gewünschte Temperatur erreicht ist, und wird dann komplett ausgeschaltet. Steigt die Temperatur erneut, muss der Motor unter höchster Leistung wieder anlaufen, was neben einem hohen Energieverbrauch auch eine Belastung für Motor, Lüfter und sonstige Bauteile bedeutet. Zudem werden zu kühlende Schaltschrank-Komponenten dadurch einem permanenten thermischen Stress ausgesetzt.
Bei der Kühlgeräte-Generation Blue e+ setzt Rittal erstmals patentiertes Hybridverfahren ein. Dieses arbeitet mit einer Kombination aus einem klassischen Kompressorkühlgerät und einer Heat Pipe. Die Heat Pipe basiert auf der Verdampfung eines Arbeitsmediums in einem evakuierten Rohr. Der Transport des Dampfes einerseits und der kondensierten Flüssigkeit andererseits geschieht ohne aktive Komponenten und basiert rein auf physikalischen Prinzipien wie Schwerkraft und Kapillarkräften. Da weder ein Kompressor noch eine Pumpe notwendig sind, beschränkt sich der Energieverbrauch auf die Lüfter.
Eine Heat Pipe ist dann interessant, wenn eine Temperaturdifferenz zwischen Schaltschrankinnenraum und Umgebung besteht. Beispielsweise kann das Kühlgerät der Serie Blue e+ mit einer Kühlleistung von 1,5 kW alleine 900 W Kühlleistung mit der Heat Pipe bereitstellen, wenn die eingestellte Schaltschrank-Innentemperatur 35 °C beträgt und die Außentemperatur bei 20 °C liegt.
Energieeffizienz beschreiben
Besonders eindrucksvoll kann die Energieeffizienz mit der so genannten Seasonal Energy Efficiency Ratio beschrieben werden. Die Energy Efficiency Ratio (EER), die als Quotient aus bereitgestellter Kühlleistung und eingesetzter elektrischer Leistung definiert ist, wird dabei dahingehend erweitert, dass die Umgebungsbedingungen mit einbezogen werden. Liegt der herkömmliche EER bei effizienten Kühlgeräten wie denen von Rittal bei etwa zwei, kann der Seasonal EER in Mitteleuropa bei Werten von mehr als zehn liegen. Hintergrund dieser hohen Effizienz ist die Tatsache, dass die Spitzenkühlleistung eines Kühlgeräts nur an wenigen Tagen im Jahr benötigt wird. Oftmals wird also die Kühlleistung der Heat Pipe schon ausreichen, so dass der Bedarf an elektrischer Energie gering ist. Auch die Energieeffizienz der reinen Kompressorkühlung innerhalb der neuen Geräteserie ist hoch. Zum Einsatz kommen hier DC-Motoren sowohl bei den Lüftern als auch beim Kompressor.
Mit der Inverter-Technik, bei denen über eine Spannungsregelung die Drehzahl von Kompressor und Lüfter eingestellt werden kann, lässt sich exakt die Kühlleistung zur Verfügung stellen, die aktuell benötigt wird. Der Energieverbrauch sinkt dadurch gegenüber einer herkömmlichen Lösung. Zusammen mit der Hybridtechnik führt das dazu, dass der EER der neuen Kühlgerätegeneration bei etwa fünf liegen wird. Die hohe Energieeffizienz ist besonders für den Endanwender von Interesse. Die Investition in ein solch energieeffizientes Kühlgerät, amortisiert sich innerhalb weniger Monate durch die eingesparten Kosten für elektrische Energie.
Durch die hohe Energieeffizienz der Kühlgeräte sind Einsparungen – wie erste Testergebnisse zeigen von etwa 75 Prozent möglich – neben dem Energieverbrauch verringern sich entsprechend auch die CO2-Emissionen. Das Blue e+-Gerät ist bei Teillast von 15 Prozent im reinen Heat-Pipe-Modus sechs Mal effizienter als ein herkömmliches Gerät. Bei Teillast von 65 Prozent arbeiten beide Systeme – Kompressorkühlgerät und Heat Pipe – im Hybrid-Modus vier Mal effizienter als herkömmliche Geräte.
Weniger Varianten
Bei der Neuentwicklung wurde auch auf die Wirtschaftlichkeit in anderen Bereichen ein Augenmerk gelegt. So sind sämtliche Geräte mehrspannungsfähig und können mit praktisch allen weltweit üblichen Netzspannungen betrieben werden. Der mögliche Eingangsspannungsbereich geht von 110 V (einphasig) bis 480 V (dreiphasig) bei Netzfrequenzen von 50 oder 60 Hz.
Möglich wird diese Mehrspannungsfähigkeit durch die eingesetzten Inverter. Der Vorteil ist hierbei der geringe Logistikaufwand. Das ist insbesondere bei Maschinenbauern von Interesse, die ihre Maschinen weltweit vertreiben. Das Kühlgerät ist immer das gleiche, egal ob die Maschine nach Japan, in die USA oder innerhalb Europas ausgeliefert werden soll. Außerdem erhalten alle Blue e+-Kühlgeräte ein UL-Listing, was die Abnahme einer Maschine auf dem US-amerikanischen Markt vereinfacht.
Nicht nur durch die Mehrspannungsfähigkeit nimmt die Zahl der Varianten ab; auch die Leistungsbereiche wurden so angepasst, dass jetzt mit nur drei Geräten der Bereich von 1,5 bis 6 kW abgedeckt werden kann. Das verringert Logistik und Lageraufwand beim Maschinenbauer weiter.
Regelungstechnik für eine längere Lebensdauer
Durch die drehzahlvariablen Antriebe der Lüfter und des Kompressors lassen sich moderne Regelungsstrategien realisieren, die im Vergleich zur klassischen Zwei-Punkt-Regelung effizienter sind. Wenn die vorgegebene Schaltschrank-Innentemperatur erreicht ist, verringert der Inverter automatisch die Drehzahl des Kompressors und senkt damit die Kühlleistung. Die Regelelektronik misst ständig, wie viel Kühlleistung zur Verfügung gestellt werden muss und kann dadurch das System auf einen bestmöglichen Wert regeln. Mit dieser leistungsgeregelten Kühlung lässt sich nicht nur Energie sparen, auch die Lebensdauer des Kompressors wird verlängert, denn diese hängt in erster Linie von der Anzahl der Einschaltvorgänge ab. Mit der Drehzahlregelung werden diese sehr selten, so dass der Verschleiß verringert wird.
Auch für die Komponenten im Schaltschrank ist diese Regelung, bei der die Temperatur konstant gehalten wird, besser. Die ständigen Temperaturschwankungen bei der klassischen Zwei-Punkt-Regelung verursachen thermischen Stress in den Komponenten, der bei der modernen Regelung entfällt. Dadurch steigt auch die Lebensdauer der verbauten Komponenten. Die Regelungselektronik kann standardmäßig auf die Ausblas- oder Ansaugtemperatur regeln. Es kann aber auch noch ein externer Temperaturfühler angeschlossen werden, auf den die Elektronik dann regelt. Dieser lässt sich dann beispielsweise an der empfindlichsten Komponente innerhalb des Schaltschranks platzieren, um dort die Entstehung eines Wärmenestes zu vermeiden.
Bedienung per Touchdisplay
Bei der Bedienung der neuen Kühlgeräte setzt Rittal ein Bedienpanel ein, das mit einem Touchdisplay ausgestattet ist. Dadurch wird eine intuitive Bedienbarkeit der Geräte gewährleistet. Auf dem Display werden Status- und Fehlermeldungen jetzt in Klartext statt der bis heute üblichen Fehlercodes dargestellt. Im Servicefall kann dadurch schneller reagiert werden; in vielen Fällen kann sich das Bedienpersonal selbst helfen, ohne dass Spezialisten hinzugezogen werden müssten. Auch präventive Wartungshinweise sind in das Bedienkonzept integriert. Dadurch lassen sich Wartungen planen und Stillstandszeiten können vermieden werden.
Um mit übergeordneten Systemen zu kommunizieren, stehen bei den Geräten der Serie Blue e+ mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. Neu ist eine NFC-Anbindung (Near Field Communication), mit der sich die wichtigsten Daten mit einem Smartphone übertragen lassen. Ideal geeignet ist diese Möglichkeit, um mit der passenden Smartphone-App Set-up-Daten an eine ganze Reihe von Kühlgeräten zu übertragen. Gleichzeitig lassen sich auch Auswertungen – zum Beispiel aus der Temperaturregelung – auf dem Smartphone visualisieren und speichern.
Über die integrierte USB-Schnittstelle lässt sich ein PC anschließen, auf dem in der Diagnosesoftware RiDiag alle Daten aus dem Kühlgerät dargestellt und ausgewertet werden können. Mit einem optionalen Add-on-Modul ist auch die Echtzeitanbindung an eine SPS möglich. Als Protokolle stehen dazu CAN und Ethernet/Profinet zur Verfügung. Gerade im Umfeld der Diskussionen zum Thema Industrie 4.0 ist solch eine Echtzeitanbindung von großer Bedeutung.