Ein unverzichtbarer Bestandteil automatisierter Fertigungslinien sind Fügesysteme. Sie verbinden Bauteile durch Einpressen kraft- und formschlüssig und so dauerhaft miteinander. In der Automobilindustrie und ihren Zulieferern kommt diese Technik in verschiedenen Bereichen zum Einsatz. Derartige Systeme sind etwa bei der Montage von Motoren, Getrieben und Lenkungen sowie bei der Fertigung von Benzin- und Dieselpumpen notwendig. Auch bei der Fahrwerk- und Achsmontage sind Füge- und Einpressvorgänge Standard, beispielsweise bei der Produktion von Radträgern. Für solche Aufgaben setzen Firmen, je nach Kraftaufwand, häufig fluidtechnische Systeme ein. Bis vor rund 20 Jahren nutzten Maschinenbauer zu diesem Zweck fast ausschließlich pneumatische, pneumohydraulische oder hydraulische Antriebszylinder. Im Zuge der Flexibilisierung und der Forderung nach höherer Energieeffizienz stoßen sie jedoch an ihre Grenzen. Der Wirkungsgrad ist niedrig und liegt bei der Pneumatik teilweise unter 10 Prozent. Wartung und Instandhaltung sind aufwendig und eine genaue Kraftabschaltung ist schwierig – Überwachung und Anpassung des Fertigungsvorgangs ebenfalls.
Anlagen besser auslasten
Elektromechanische NC-Fügesysteme (Numeric Control) stellen eine wirtschaftliche Alternative gegenüber fluidtechnischen Verfahren dar. Sie tragen unter anderem dazu bei, die Energiekosten zu verringern und die Anlagenauslastung zu steigern. Das Schweizer Unternehmen Kistler bietet für den Kraftbereich bis 300 kN ein umfassendes Portfolio solcher Systeme an. Es gibt insgesamt sechs verschiedene Baureihen, die spezielle Applikationsanforderungen bedienen. Zum Beispiel existieren Ausführungen für enge Montageverhältnisse, einen besonders weiten Messbereich oder Fügevorgänge mit Rotationsbewegung. Für Letzteres etwa ist das Modul NCFR mit jeweils zwei Hohlwellenmotoren ausgestattet, die eine vom Pressvorgang unabhängige Drehbewegung ermöglichen. Eine Ausstattung mit einem Drehmomentsensor ist ebenfalls möglich. Jedes NC-Fügesystem verfügt über eine integrierte Kraftregelung per maXYmos NC, die die Applikationsvielfalt erhöht. Mitunter kann zum Beispiel das Setzverhalten konstant nachgeführt werden.
Die aktive Stauchungskompensation gleicht die Aufbiegung des Gestells und die Stauchung des Bauteils aus, sodass die Positioniergenauigkeit nicht mehr kraftabhängig ist. Ein weiterer Vorteil elektromechanischer Systeme ist der vergleichsweise geringe Wartungsaufwand. Über einfach zugängliche Schmieranschlüsse ist eine Schmierung einmal pro Jahr oder alle ein Millionen Zyklen oftmals ausreichend. Die höheren Anschaffungskosten eines elektromechanischen Systems und der entstehende Programmieraufwand werden somit von folgenden Vorteilen aufgewogen, die sich auch finanziell auswirken:
Flexibilität bei der Fertigung durch eine gezielte Kraftanpassung
sehr hohe Wiederholgenauigkeit und Prozesseffizienz
laufende Prozessüberwachung und Rückführbarkeit
hoher Wirkungsgrad und geringer Energieverbrauch
geringe Wartungs- und Folgekosten, keine Leckagegefahr
Je nach Applikation können sich NC-Fügesysteme bereits nach weniger als zwei Jahren amortisieren, wenn man die Gesamtkosten über die Lebensdauer betrachtet. Großen Anteil daran haben niedrigere Energiekosten. Eine im Mai 2012 veröffentlichte Studie der Universität Kassel hat gezeigt, dass elektrische Zylinder 77 Prozent weniger Energie als konventionelle hydraulische und sogar 90 Prozent weniger als pneumatische Systeme verbrauchen.
Steuern und überwachen in Echtzeit
Um das Verbesserungspotenzial voll ausschöpfen zu können, sind die elektromechanischen NC-Fügesysteme von Kistler mit integrierter Kraftsensorik und einer Kraft-Weg-Auswertung ausgestattet. Das maXYmos NC überwacht und steuert den gesamten Prozess. Anhand der XY-Verläufe von Kraft und Weg kann die Qualität während des Einpressvorgangs kontrolliert und dank Anbindung über Sercos III in Echtzeit gesteuert werden. Damit lassen sich Zykluszeiten optimieren, Stillstandszeiten verhindern und die Maschinenproduktivität erhöhen. Die Visualisierung und Bedienung erfolgt über ein Touch-Display, dessen Software auch die Kombination mehrerer Fügemodule ermöglicht. Viele Anwendungen sind komplex und vereinen oftmals mehrere Fügemodule in einem Gesamtprozess. Beispielweise sind in einer Sondermaschine von Staufermatic Maschinenbau für die anfangs beschriebenen Radträger drei NC-Fügemodule im Einsatz. Sie montieren nacheinander die Schubstrebenlager, die Federlenklager und den Radflansch. Das maXYmos NC ist deshalb auf bis zu acht kaskadierte Messmodule ausgelegt, die mit der zentralen Mensch-Maschine-Schnittstelle und ohne weitere SPS-Programmierung eingebunden werden können.
Aussichtsreiche Technik
In der Automobilindustrie deutet sich bereits das Potential dieser Technik an. Durch den Einsatz elektromechanischer Fügesysteme lässt sich die automatisierte Fertigung nachhaltig optimieren. Eine sehr genaue Qualitätssicherung minimiert Fehlteile, Zykluszeiten können gesenkt werden und das steigert wiederum die Produktivität. Gleichzeitig sinken langfristig die Betriebskosten, nicht zuletzt durch den geringen Instandhaltungsaufwand. Mit der im Zuge der von Industrie 4.0 weiterhin steigenden Individualisierung und Vernetzung der Produktion weisen elektromechanische Systeme einen möglichen Weg in die Zukunft. Mit ihnen ist es möglich, verschiedene Fertigungsschritte auf der gleichen Maschine durchzuführen. Zugleich lassen sich aber auch mehrere Fügemodule in komplexe Linien integrieren und sich sicher und komfortabel überwachen und steuern.