Der Begriff „Smart Home“ ist nicht verbindlich definiert. Grundsätzlich versteht man unter Smart Home auch „Connected Living“, ein privat genutztes Heim, in dem die zahlreichen Geräte der Hausautomation (Heizung, Beleuchtung, Belüftung), der Haushaltstechnik (Kühlschrank, Waschmaschine), der Konsumelektronik sowie Kommunikationseinrichtungen zu intelligenten Gegenständen werden, die sich auf die Bedürfnisse der Bewohner ausrichten. Die Vernetzung eröffnet neue Assistenzfunktionen und Dienste zum Nutzen der Bewohner und schafft einen Mehrwert, der über den singulären Nutzen einzelner vorhandener Anwendungen hinausgeht. Immerhin verfügte der deutsche Durchschnittshaushalt nach einer Bitkom-Studie schon 2011 über mehr als 50 Elektro- und Elektronikgeräte oder 100 Mikroprozessoren, und im Vorjahr wurden 34 Millionen Internet-fähige Geräte verkauft. Im Zukunftsmarkt Intelligentes Haus keimt neuerdings Hoffnung auf rasche Besserung auf: Impulse aus den Bereichen Sicherheit (Rauchmelder, Zutrittssysteme), Energiemanagement (Smart Grid und Smart Meter) sowie Komfort könnten ebenso einen Schub geben wie demografische Entwicklungen, sprich: die zunehmende Überalterung der Bevölkerung, die sowohl aus Personal- wie auf Kostengründen auf Ambient Assisted Living (AAL) angewiesen ist.
Nur proprietäre Lösung
Doch noch kümmern Elektro- und IT-Anwendungen in den eigenen vier Wänden in einem isolierten, oft alles andere als smarten und kommunikativen Schattendasein dahin. Der PC und die Multimedia-Station hier, eine Steckdose mit Schaltfunktion da, und dort ein automatischer Rollladen: Noch trennen Konsumelektronik, Haushaltstechnik und Hausautomation Welten - und das liegt keineswegs daran, dass die intelligente Hausvernetzung zu kompliziert und zu aufwändig wäre. Bislang fehlt es an einheitlichen Standards, die Kosten sind oft noch hoch und der Mehrwert erschließt sich dem Verbraucher nur schwer; oft fehlen entscheidende Informationen über den Anwendungsnutzen der Lösungen. Proprietäre Insellösungen führen in die Sackgasse. Diese Situation soll sich aber laut einer neuen Studie des VDE in den nächsten zehn Jahren grundlegend ändern: Mit bezahlbaren, kompatiblen, intuitiv nutzbaren, personalisierten Plug&Play-Anwendungen für die intelligente Heimvernetzung, die mehr Komfort, Sicherheit, Energieeffizienz und Selbstbestimmung ermöglichen. Haupttreiber in Deutschland sind zweifellos die erwähnten Problemkreise Energie und demografischer Wandel. Der Anstieg der Energiekosten wird die Nachfrage nach einem sparsamen Energiemanagement, energieeffizienten Hausgeräten und intelligent steuer- und regelbarer Haustechnik fördern. Intelligente technische Assistenzsysteme werden zunehmend dazu beitragen, den Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben im eigenen Heim bis ins hohe Alter zu erfüllen. Allein der deutsche Smart-Home-Markt soll bis 2025 auf ein Volumen in Höhe von 19 Milliarden Euro anwachsen. Die durchschnittliche Wertschöpfung deutscher Anbieter wird dabei auf 11,4 Milliarden Euro geschätzt; der erwartete IT-Anteil liegt in dieser Projektion bei 80 Prozent. Und Schätzungen von „Research and Market“ gehen von 2011 bis 2016 von einer Verdopplung des weltweiten Marktvolumens für vernetzte Haustechnik auf 36 Milliarden US-Dollar aus.
Wachstum durch Standards
Um die Markterschließung zu beschleunigen, wurde das auch vom BMWi geförderte Zertifizierungsprogramm Smart Home + Building ins Leben gerufen. Dessen Ziel ist es, Standards und ein Prüfsiegel für Plug&Play-Anwendungen zu entwickeln, um Deutschland auf seinem Weg zum Leitmarkt und Leitanbieter zu unterstützen. Wobei im hart umkämpften globalen Wachstumsmarkt Kompetenzvorteile in den Bereichen Systemintegration, Automation und Embedded Systems gegen starke Wettbewerber aus Ostasien in die Waagschale geworfen werden können. Die Plug&Play-Fähigkeit der Anwendungen spielt für die Markterschließung eine Schlüsselrolle. Die Benutzer haben sich daran gewöhnt, dass sie relativ einfach und herstellerübergreifend Systeme aufbauen können. Smart-Home-Lösungen sind heute dagegen meist geschlossene, proprietäre Systeme, oft existieren auch offene Systeme parallel zueinander. Die Vision von Plug&Play-fähigen Systemen stellt die beteiligten Branchen, die bereits viel Zeit und Geld in existierende Lösungen gegeben haben, vor große Herausforderungen im Hinblick auf Frameworks, Verbindungstechnologien und Bussysteme, auf Normen und Standards sowie Schnittstellen und Interoperabilität (Protokoll-, Dienst-, Anwendungs- und Anwendersicht-Interoperabilität). Der VDE-Trendstudie zufolge werden bereits 2025 Smart-Home-Funktionen zur Basisausstattung im Segment der gehobenen Wohnungen zählen. Das adaptive, integrierte und vernetzte Heim (einschließlich Energiewandlung und Energieversorgung) wird vor allem beim Neubau in der Breite realisierbar. Die Fernsteuerung von Geräten wird Standard, die Mensch-Maschine-Kommunikation wird über neuartige Schnittstellen wie Sprache oder Gestik erfolgen. Die Konvergenz der Medien, der Bereiche Konsumelektronik, Haushaltstechnik und Hausautomation, der drei Lebensfelder Heim, Weg und Ziel wird weiter fortschreiten und die Zahl der daran anknüpfenden Dienste deutlich zunehmen. Das Smart Home wird über nachrüstbare (auf Funk oder Kunststofflichtwellenleiternbasierende) Lösungen erschwinglich, Pakete für spezielle Kundenbedürfnisse werden angeboten, und einfach zu installierende Lösungen werden den Einstieg ins Smart Home erleichtern. Puzzle-Teilchen des total vernetzten Heims sind bekannt. So wird das brillenlose 3D-Fernsehen Standard, der virtuelle Butler berät als persönlicher Assistent in Fragen der Energieeinsparung, und die Wohnküche wird zur Arbeits- und Kommunikationszentrale, in der Einkaufen, Bestellen, Vorratshaltung, Kochen, Gefrieren und Reinigen intelligent vernetzt sind. Ressourceneffizienz, Energiesparkonzepte und Energiemanagement durchziehen alle Anwendungen. Spezielle AAL-Lösungen zielen auf alters- und krankheitsgerechte Unterstützung. Auch der Wunsch nach Wellness zu Hause, nach intelligenten Möbeln, Tapeten oder Teppichen (zum Beispiel mit Sturzsensorik) wird zunehmend befriedigt. Persönliche Gesundheitsdatenbanken, Internet-Sprechstunden und Biodatenübertragungen werden zur Norm.
Innovationshemmnisse
Einer zügigen Marktentwicklung stehen bisher allerdings noch zahlreiche Innovationshemmnisse im Wege. So gibt es im Herstellerbereich zu viele verschiedene Standards, Kommunikationspfade und Unterschiede in Bezug auf die Leistungsfähigkeit. Der Baubranche fehlt es an Information, Beratung und Investitionsanreizen. Im Dienstleistungsbereich sind Kommunikation, Kooperation, unternehmens- und spartenübergreifende Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen wie Energieversorger, Wohnungsbaugesellschaften, Telekommunikations-Anbieter und Internet-Provider aber auch Handwerk oder Sozial- und Pflegedienstleister nicht ausreichend entwickelt. Im Handwerk fehlt es noch an Wissen um die neuen technologischen Möglichkeiten. Auch die Kundenorientierung im Handel ließe sich noch verbessern. Und die Politik, öffentliche Einrichtungen und Verbände stehen vor der Aufgabe, geeignete Standards, Regularien und gesetzliche Vorgaben zu schaffen beziehungsweise daran mitzuwirken. Wie in allen innovativen Technikbereichen spielt die IKT auch für das intelligente Gebäude eine wichtige Rolle. Dies gilt besonders für die Mikrosystemtechnik, IKT im engeren Sinne inklusive Embedded Systems, Internet der Dinge, Software, Robotik, Künstliche Intelligenz, CyberPhysical Systems, Nanotechnologie und Polytronik (intelligente Kunststoffe) sowie die Medizintechnik und Biotechnologie. Um so wichtiger ist es, mehrgleisig zu fahren. Zum einen gilt es, die Markterschließung für Smart-Home-Anwendungen mit geeigneten Rahmenbedingungen und Anreizsystemen zu forcieren. Zum anderen müssen der Breitband-Netzausbau vorangetrieben und die IKT-Basistechnologien noch mehr gefördert werden, damit die Infrastrukturen und die grundlegenden Technologien für Spitzencluster und komplexe Anwendungen der Zukunft rechtzeitig in hoher Güte vor Ort verfügbar sind.