Durch den Einsatz von so genannten Rezyklaten werden gegenüber Neuwaren Kunststoff bis zu 70 Prozent an Ressourcen für die Herstellung des Werkstoffes eingespart. Derzeit werden Kunststoffe aus dem Recycling nur in einzelnen Nischenanwendungen eingesetzt, denn es muss zunächst immer untersucht werden, ob die Leistungsfähigkeit dieser Werkstoffe für die geplante Anwendung ausreicht und ob unternehmensstrategische Anforderungen wie Marktmenge, Verfügbarkeit oder Liefertreue eingehalten werden können.
Rezyklate für technisch hochbelastetet Anwendungen
Um die Unterschiede der Materialeigenschaften von Rezyklat- und Neuware besser verstehen zu können, hat Dominik Spancken in Kooperation mit der Robert Bosch und BSH Hausgeräte an Materialproben umfangreiche analytische und mechanische Untersuchungen durchgeführt. Das Rezyklatematerial wurde in diesem Fall aus gebrauchten Gehäusen von Bleiakkumulatoren gewonnen. Analytisch wurde beispielsweise die Molmassenverteilung, der Kristallinitätsgrad oder die Verunreinigungen durch Metalle oder Fremdpolymere untersucht. Mittels mechanischer Untersuchungen wurden die Wechselwirkungen von statischer und zyklischer Belastung von Kerben, Bindenaht, Temperatur, Belastungsverhältnis und Alterung auf die Lebensdauer untersucht.
Die Materialuntersuchungen haben gezeigt, dass der Basisträger einer Geschirrspülmaschine, der mittels dem Spritzgießverfahren hergestellt wird, durch das Recyclingmaterial ersetzt werden kann. Der Basisträger liefert aufgrund seiner Abmaße (600 x 400 x 100 mm3) und einem Gewicht von 2 kg beim Einsatz von Rezyklaten einen immensen Beitrag zu einem nachhaltigeren und ressourceneffizienteren Gesamtsystem.
Für den Einsatz von Rezyklaten in dem Basisträger muss für die höchst beanspruchte Stelle eines Lagerdoms ein zyklischer Festigkeitsnachweis nach dem höchst beanspruchten Werkstoffvolumen V80 und dem Spannungsgradienten χ* erbracht werden. Dieser Lagerdom wird durch das Öffnen und Schließen der Türe bei einer Lebensdauer der Spülmaschine von 18 Jahren bis zu 100.000-mal zyklisch beansprucht.
Nachhaltigkeit und Ressourceneinsparung
Für die Produktion bei der Bosch Siemens Hausgeräte von jährlich bis zu 3 Millionen Spülmaschinen werden 6.000 t Material benötigt. Durch die Verwendung von Rezyklat- anstatt von Neuwarenkunststoff lassen sich damit jährlich rund 2.500 t Rohöl oder 7.800 t CO2 einsparen. Damit kann ein wesentlicher Beitrag zu nachhaltigeren Hausgeräten geleistet werden. Die entwickelten Konzepte und Materialkennwerte lassen sich zur Auslegung weiterer Bauteile im Bereich der Weißwaren- oder in der Automobilindustrie übertragen. Dadurch ergibt sich langfristig ein immenses Potenzial CO2 einzusparen.
Interdisziplinärer Austausch fördert die Kreislaufwirtschaft
Die Nachhaltigkeitswissenschaften sind ein transdisziplinäres Forschungsgebiet, in dem sozialwissenschaftliche,-ökologische- und technische Gesichtspunkte miteinander verknüpft werden. Dazu hat Dominik Spancken in seiner Promotionsarbeit an der Hochschule Darmstadt im sozialwissenschaftlichen Teil seiner Arbeit untersucht, welche Strategie notwendig ist, um Rezyklate in anspruchsvollen Anwendungen einzusetzen. Akteure aus Gesellschaft, Politik und Industrie müssen hier langfristig lösungsorientiert zusammenarbeiten.