Elektromotoren haben wie Verbrenner Verschleißerscheinungen. Im Inneren bestehen sie üblicherweise aus eng gewickelten Kupferdrähten, die mit einem isolierenden Harz überzogen sind.
„Diese Isolierung verändert sich im Laufe der Zeit. Sie wird spröde, weil sie durch Wärme und chemische Prozesse abgebaut wird“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Binder vom Institut für Chemie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Von außen ist jedoch nicht zu erkennen, ob die Isolierungen im Inneren noch intakt sind oder ob ein Austausch des kompletten Motors notwendig ist.
MLU-Wissenschaftler haben deshalb zusammen mit Elantas, einem Geschäftsbereich des Spezialchemiekonzerns Altana, ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich Farbstoffe direkt in die Isolierungen integrieren lassen. Sie zeigen dann durch einen Farbwechsel an, wie stark sich die isolierende Harzschicht um die Kupferdrähte abgebaut hat – und folglich, wann ein Austausch des Motors notwendig ist.
Wie sieht der tatsächliche Verschleiß aus?
„Bisher haben sich die Entwickler darauf konzentriert, wie viel Material unter bestimmten Bedingungen abgebaut wird“, erklärt Alexander Funtan, Chemiker an der MLU. So wurden Empfehlungen gegeben, wie lange es dauert, bis ein Austausch nötig ist.
Der tatsächliche Verschleiß hängt aber von den Nutzungsbedingungen ab, besonders von der Temperatur. Funtan entwickelte deshalb eine Testapparatur, mit der er über mehrere Monate für vier verschiedene Harzsysteme analysieren konnte, welche Abbauprodukte bei verschiedenen Temperaturen entstehen.
Dabei fand er heraus, dass die vier Harzsysteme unter verschiedenen Temperaturbedingungen beständig einen bestimmten Alkohol freisetzten. „Wir haben dann im engen Austausch mit den Forschern und Entwicklern von Elantas nach einem Sensormolekül für diesen Alkohol gesucht“, berichtet er.
Nötig war ein Stoff, der einfach nachweisbar ist und seine Eigenschaften verändert, wenn der Alkohol daran bindet. Außerdem muss das Sensormolekül hohe Temperaturen sowie den üblichen Produktionsprozess aushalten; und es darf die elektrochemischen Eigenschaften der Isolierung nicht verändern.
Auch für Arbeitsmaschinen geeignet
Die Wahl fiel letztlich auf einen Farbstoff, der unter UV-Licht rotorange leuchtet, aber hellgrün wird, wenn Alkohol an ihn bindet. Die verschiedenen Farbspektren lassen sich mit speziellen Geräten analysieren, die direkt in den Motor eingebaut werden könnten. „So kann man erkennen, ob ein Austausch nötig ist, ohne den Motor aufzuschrauben“, erklärt Binder.
Neben der Anwendung in Fahrzeugen können die neuen Isolierungen auch in Motoren von Arbeitsmaschinen und anderen Geräten zum Einsatz kommen. „Diese Ergebnisse zeigen, was eine gelungene Kombination aus universitärer Grundlagenforschung und unternehmerischem Anwendungs-Know-how bewirken kann“, sagt Dr. Simon Rost, Leiter Forschung und Entwicklung bei Elantas in Hamburg. „In Zukunft können wir unseren Kunden dadurch einen Mehrwert bieten und einen weiteren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten.“
Das neue Verfahren wurde von Elantas Anfang des Jahres zum Patent angemeldet. Die Forschung wurde durch Altana finanziell unterstützt sowie innerhalb des EU-Projekts „Bat4Ever“ im Rahmen von „Horizon 2020“ gefördert.