Leittechnik Fehlerfrei zur Faser

Phoenix Contact Deutschland GmbH

21.02.2014

Drohender Fadenbruch oder feine elektrisch leitende Faserteilchen – es sind schon außergewöhnliche Bedingungen, mit denen die Anlagensteuerung der Carbonfaser-Produktion zu kämpfen hat. Bei der Migration auf ein neues Prozessleitsystem sind auch I/O-Stationen und die Systemverkabelung besonders gefordert.

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Kohlenstofffasern sind die Basis für Hochleistungsmaterialien. Aus den feinen Fäden entstehen hochfeste und gleichzeitig ultraleichte Produkte, vom Tragflächenteil für Flugzeuge über Motorhauben von Sportwagen bis zum Notebook-Gehäuse. Dazu werden tausende Einzelfasern zu einem Garn zusammengefasst, in einem Gelege oder Gewebe verarbeitet und schließlich wird das Bauteil durch Vergießen mit Harz in Form gebracht.

Bereits seit 28 Jahren produziert Toho Tenax Europe in Heinsberg-Oberbruch im Westen Nordrhein-Westfalens Kohlenstofffasern in Deutschland. Mit einer Produktionskapazität von jährlich 5.100 Tonnen gehört das Unternehmen zu den Marktführern. Um seine Marktposition auszubauen, setzt Toho Tenax auf eine kontinuierliche Verbesserung und Kostenoptimierung sowohl der Produkte als auch der Herstellungsverfahren.

Im Zuge dieses Vorgehens wurde das bisherige Prozessleitsystem Teleperm M, das seit der Inbetriebnahme der Anlage im Jahr 1985 im Einsatz war, umgerüstet. Als neues Leitsystem nutzt Toho Tenax Simatic PCS 7 mit zwei redundant betriebenen WinCC-basierenden Zentralrechnern. Für die Umrüstung der Peripherie-Baugruppen der Produktionsanlage zeichnet Bilfinger Maintenance Südwest verantwortlich. Unter dem Teleperm-M-System wurden Simatic-S5-Baugruppen verwendet, die heute nicht mehr verfügbar sind. Deshalb fiel die Entscheidung, Simatic-S7-300-Baugruppen zu ­installieren.

Zur Verbindung der I/O-Baugruppen mit der Feldverdrahtung setzt Toho Tenax jetzt komplett auf die Systemverkabelung von Phoenix Contact. Die Lösung stellt eine fehlerfreie und schnelle Ankopplung der so genannten Übergabemodule an die Steuerung sicher. Der Instandhaltungsmitarbeiter muss lediglich die Feldverdrahtung an die entsprechende Klemmstelle des Übergabemoduls anschließen. Die Signalrangierung erfolgt dann durch das Übergabemodul und den VIP-Frontadapter mit inte­griertem Systemkabel. Somit entfällt die zeitaufwändige Einzelader-Verdrahtung zum S7-300-Frontstecker, die ansonsten häufig durchgeführt wird.

1.500 I/O-Baugruppen in zwei Wochen umgebaut

Hans-Peter Scherrers, bei Bilfinger Main­tenance Südwest für die Hardware-Planung zuständig, berichtet: „Wir mussten etwa 1.500 I/O- und sieben Zäh­lerbaugruppen umrüsten.“ Zwei Wochen hat sein Team dafür benötigt, der anschließende I/O-Test dauerte weitere eineinhalb Wochen. Die S7-300-Peripheriebaugruppen muss­ten in andere Schaltschränke als die bisherigen S5-Baugruppen montiert werden. Vorhandene Stammkabel waren also neu im Schaltraum zu verlegen und teilweise zu verlängern. Sie werden nun an die kompakten Übergabemodule geführt, denn in den neuen Schaltschränken ist möglichst viel Platz einzusparen.

Klar beschriftet bilden die Übergabemodule die Klemmpunkte der 20- oder 40-poligen I/O-Baugruppen der S7-300 ab. Der Monteur muss somit nur die Adern aus dem Stammkabel so auflegen, als würde er die I/O-Karte direkt anschließen. Die passiven Übergabemodule der Produktfamilie VIP (Varioface Professional) verfügen neben ihrer geringen Baubreite über einen federnden Rastfuß aus Metall, der das Modul resistent gegen Vibrationen bis 5 g macht.

Die Steckverbinder der VIP-Frontadapter, die bei der Fertigung umspritzt werden, sind ebenfalls robust. Eine Beschädigung der einzelnen Adern während der Montage ist daher unmöglich. Die VIP-Potentialverteiler ent­sprechen im Design den VIP-Übergabemodulen. Bei ihnen wird die Spannung an einer Klemmstelle eingespeist und dann über eine Platine auf bis zu 48 Klemmen rangiert. Auf diese Weise lassen sich alle Verbraucher im Schaltschrank platzsparend mit Spannung versorgen – und das in Summe mit einem Strom von 30 A pro Potential.

Um Signale zu verstärken oder galvanisch vom Feld zu trennen, hat Phoenix Contact spezielle Relaismodule entwickelt, die in einem kompakten Gehäuse 32 Relais inklusive Statusanzeigen und Freilaufdiode umfassen. Markus Kurtenbach, der bei Toho Tenax Engineering für die Elektrotechnik bei Neuanlagen verantwortlich ist, zeigt sich von der geringen Baubreite der Relaismodule beeindruckt. Er lobt: „Durch die Leuchtanzeige haben wir sämtliche Kanäle übersichtlich im Blick. Und sollte ein Relaiskontakt verschlissen sein, lässt er sich einfach und schnell austauschen.“

Der Einsatz der Relaismodule von Phoenix Contact spart im Schaltschrank zudem weiteren Platz ein, da die Transistor-basierten Ausgangskarten mit kleiner Schaltleistung auf der gleichen Baubreite die doppelte Kanalanzahl von Relais-Ausgabekarten mit hohen Schaltleistungen bieten.

Rückverfolgbar für den Flugzeugbau

Toho Tenax vertreibt Kohlenstofffasern auch an Europas größten Flugzeugbauer. Zur Rückverfolgbarkeit der in Flugzeugen verbauten Materialien ist ein hoher Dokumentationsaufwand notwendig. Dieser beinhaltet eine vielfältige Mess­technik, mit der die Prozessdaten während des Herstellungsverfahrens erfasst werden: unter anderem eine hochpräzise Geschwindigkeitsmessung der Walzen, wobei die maximale Abweichung des Ist- vom Sollwert weniger als 0,1 Prozent betragen darf. In diesem Bereich findet die Systemverkabelung von Phoenix Contact ebenso Anwendung. So werden die im Feld erzeugten Messsignale über passive VIP-Übergabemodule an die Steuerung weitergeleitet.

Dabei nutzt Toho Tenax sowohl klassische analoge I/O- als auch Zählerbaugruppen, die einen Fadenbruch überwachen. Obwohl die Baugruppen oftmals andere Pin-Belegungen als die digitalen I/O-Karten aufweisen, können VIP-Frontadapter zur Anbindung verwendet werden. Denn wenn der Monteur die Steckbrücken am Adapter einfach mit dem Schraubendreher entfernt, lässt sich der Adapter universell etwa zur Rangierung analoger Signale oder An­kopp­lung an Zählerbaugruppen einsetzen.

Möglichst kurzer Stillstand bei der Migration

Die Flexibilität und das breite Produktprogramm von Phoenix Contact im Bereich Systemverkabelung haben die Verantwortlichen bei Toho Tenax letztendlich überzeugt. Durch die passgenauen Frontadapter und die schmalen Übergabemodule werden Steuerung und Feldebene nun fehlerfrei und sicher verbunden. Darüber hinaus hat sich der Anlagenstillstand während der Migration deutlich verkürzt.

Bildergalerie

  • Die bei Toho Tenax eingesetzten Relaismodule, die 32 Kanäle auf minimaler Baubreite rangieren, können im Wartungsfall einfach getauscht werden.

    Die bei Toho Tenax eingesetzten Relaismodule, die 32 Kanäle auf minimaler Baubreite rangieren, können im Wartungsfall einfach getauscht werden.

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