Biogas gilt als wichtiger Energieträger, der einen zentralen Beitrag zur Energiewende leistet. Anders als Strom aus Wind und Sonne lässt sich Biogas kontinuierlich produzieren. Und vielleicht auch bald bedarfsorientiert? Einer internationale Forschergruppe unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) beschäftigt sich mit der Machbarkeit einer solchen flexiblen Biogasproduktion. Sie haben herausgefunden, dass die Biogasproduktion über die Fütterungsfrequenz der Anlagen gesteuert werden kann.
Bislang wurde Biogas geschätzt, weil dank der konstanten Zugabe von organischen Rohstoffen wie Energiepflanzen, Gülle, Klärschlamm, Zwischenfrüchten oder Pflanzenresten rund um die Uhr Strom erzeugt werden kann. Ein klarer Vorteil im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energieträgern, die bei ihrer Produktion auf Wind und Sonne angewiesen sind. Das führte dazu, dass in Deutschland derzeit rund 8.000 Biogasanlagen mit einer elektrischen Gesamtleistung von zirka 4.500 Megawatt installiert sind. Rund sieben Prozent des erzeugten Stroms werden mittlerweile aus Biomasse gewonnen. Dieser Anteil ließe sich in Zukunft sogar deutlich erhöhen. Wissenschaftlern des UFZ, der Universität Aarhus (Dänemark) und des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) gelang es unter Laborbedingungen, die Produktion von Methan als wertvollstem Bestandteil des Biogases um bis zu 14 Prozent zu steigern. Um Biogas dann zu produzieren, wenn es gebraucht wird, gaben sie das Substrat nicht alle zwei Stunden in den Gärkessel, sondern in zeitlich größeren Abständen von einem Tag beziehungsweise alle zwei Tage. Das erstaunliche Resultat: „Wird der Reaktor seltener gefüttert, lässt sich mehr Strom produzieren“, so Marcell Nikolausz, UFZ-Forscher am Department Umweltmikrobiologie.
Die Forscher hatten über insgesamt fast vier Monate zwei 15 Liter große Reaktoren unter identischen Bedingungen mit Getreideschlempe gefüttert. Getreideschlempe fällt bei der Produktion von Bioethanol aus stärkehaltigen Getreiden an. Während die Forscher in einen Reaktor alle zwei Stunden Schlempe gaben, fütterten sie die Gesamtmenge an Schlempe in dem anderen Reaktor in einem ersten Experiment einmal täglich, in einem zweiten Experiment alle zwei Tage. Das verblüffende Ergebnis: Gibt man nur einmal am Tag die Gesamtmenge an Biomasse auf einen Schlag in den Gärkessel, steigt die Produktion von Methan um 14 Prozent, die von Biogas insgesamt um 16 Prozent. Füttert man alle zwei Tage, nimmt die Methanausbeute um 13, die Biogasausbeute um 18 Prozent zu.
Eine Erklärung für die Zunahme könnte sein, dass durch die sich stark ändernden Umweltbedingungen, insbesondere die Substratkonzentration, die mikrobielle Gemeinschaft diverser wird und so mehr funktionelle Gruppen von Bakterien entstehen. „Die Bakterien haben dadurch mehr Möglichkeiten, die Getreideschlempe effizienter zu verarbeiten“, sagt Mikrobiologe Nikolausz. Dies kurble die Produktion an und gibt den Mikroorganismen bessere Bedingungen, um vor allem die schwer aufzuschließenden Bestandteile der Biomasse effizienter zu verarbeiten, erklärt der UFZ-Forscher.
Auf die Stabilität des Prozesses der Biogasproduktion hat das flexiblere Fütterungsmanagement keine negativen Auswirkungen. Das konnten die Forscher anhand von T-RFLP-Profilen der Mikroorganismen belegen. Mit der Methode lässt sich der genetische Fingerabdruck von Bakterien und methanogenen Archaeen belegen, die im Kessel das organische Material in Gas umwandeln. Bei den Bakterien, die Bestandteile der Biomasse wie Zellulose und Proteine in mehreren Stufen in Kohlenstoffdioxid, Wasserstoff und Essigsäure zerlegen, variiert allerdings die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft in den verschiedenen Fütterungsregimes, da sich die Konzentrationen des Ammoniumstickstoffs und des Wasserstoffs sowie der pH-Wert ändern. „Die Umgebung in dem Kessel, der einmal pro Tag oder alle zwei Tage mit Substraten gefüttert wird, ist dynamischer. Weil dadurch mehr funktionelle Nischen entstehen, profitieren bestimmte säurebildende und hydrolysierende Bakterien“, sagt Nikolausz. Stabil blieb dagegen die Gemeinschaft der methanogenen Archaeen, die im finalen Schritt Methan, Wasser und Kohlenstoffdioxid produzieren. Egal, wie oft der Reaktor mit Biomasse gespeist wurde, stets dominierte mit einem Anteil von bis zu 83 Prozent die Gattung Methanosarcina vor der Gattung Methanobacterium mit bis zu 31 Prozent. „Beide Gattungen kommen mit den wechselnden Bedingungen offensichtlich am besten zurecht“, sagt der Wissenschaftler.
Die Forschung zum Thema flexibleres Fütterungsmanagement steht erst am Anfang. Auch die UFZ-Forscher wollen die Ergebnisse aus der Studie vertiefen. Notwendig sei, die Forschungsergebnisse nun in größeren Reaktoren zu bestätigen. Und auch der Einsatz anderer Substrate sei eine interessante Fragestellung. „Spannend ist, ob sich die höheren Produktionsmengen von Methan auch beim Einsatz von Maissilage oder Zuckerrüben bestätigen lassen“, sagt Nikolausz.