Der weltweite Trend zu Megastädten und die gleichzeitige Knappheit an fossilen Brennstoffen offenbart die Mobilität der Zukunft als ein gesellschaftliches Kernproblem. Zu knapper werdenden Ressourcen kommt auch dem Schutz der Umwelt eine zunehmend größere Rolle zu. In diesem Zusammenhang erlangen elektrische Fahrzeugkonzepte eine erhebliche Bedeutung. Sie verbrauchen keine fossilen Brennstoffe, sind emissionsfrei, leise und bieten hohe Effizienz und Fahrdynamik - elektrisch angetriebene Fahrzeuge werden die individuelle Mobilität revolutionieren. Aktuell verfügen E-Fahrzeuge jedoch nur über einen geringen Marktanteil. Grund hierfür sind viele noch nicht beantwortete technologische Fragestellungen sowie nicht zuletzt der erhebliche Aufpreis für die elektromobilen Fahrzeugkonzepte.
Das Konzept von E-Mobility
Die Forschungsplattform E-Mobility basiert auf dem in Aachen entwickelten Elektrofahrzeug StreetScooter. Hierbei handelt es sich um eine kostengünstige Elektrofahrzeugfamilie für den urbanen Verkehr, die als modulares Baukastensystem aufgebaut ist. Kernziel ist, ein serientaugliches Fahrzeug bei minimalen Herstellkosten zu schaffen, um die Vorteile des Elektrofahrzeuges einer breiten Masse zugänglich zu machen.Hierfür ermöglicht die Forschungsplattform den uneingeschränkten Zugriff auf ein reales Fahrzeugkonzept mit allen relevanten Informationen und Schnittstellen. Weiterhin ist sie so gestaltet, dass im Sinne eines Open-Innovation-Ansatzes alle erdenklichen Fragestellungen zum Thema Elektromobilität erforscht werden können. Dies dient dem Ziel, den Laborstatus zukünftiger Technologien möglichst schnell zu verlassen und diese effizient und kostengünstig in einem realen Fahrzeugkonzept umzusetzen und zu validieren. Grundlage der Plattform ist eine Innovationsroadmap mit übergeordneten Innovationsfeldern. Innerhalb der Innovationsfelder lassen sich konkrete Entwicklungsvorhaben der Industrie mit den Kompetenzen entsprechender Hochschulinstitute in einem gemeinsamen Entwicklungsprojekt bündeln. So lassen sich neue Prototypen mit einer Vielzahl von disruptiven Innovationen schnell und effizient ableiten, also Innovationen, die möglicherweise bestehende Technologien vollständig verdrängen. Die Wirksamkeit der Innovationen kann ferner anhand von Benchmarking-Fahrten gegenüber den sich im Einsatz befindlichen StreetScooter-Fahrzeugen validiert werden. Industriepartner und Hochschulinstitute haben so die Möglichkeit, sich in einem Innovationsnetzwerk zusammenzuschließen und über Verbundeffekte Entwicklungszeiten und Investitionskosten zu senken. Daher bietet sich die Plattform als Stellhebel für die Industrie an, um die eigene Innovationsproduktivität zu steigern und disruptive Innovationen technologiegetrieben (als „Technology Push“) auf den Markt zu bringen. Aus der Perspektive der Forschung eignet sich die Plattform gut dazu, eigenes Know-how anwendungsorientiert umzusetzen und zu erweitern.
Die Innovationsroadmap
Basis für die zukünftigen Entwicklungsaktivitäten im Rahmen der Forschungsplattform E-Mobility bildet eine mit Experten aus der Industrie und Wissenschaft entwickelte Innovationsroadmap. Diese umfasst die wichtigsten Innovationsfelder der nächsten fünf bis zehn Jahre. Die ersten beiden Innovationsfelder, die seit dem Sommer 2013 im Rahmen der Plattform betrachtet werden, sind:
effiziente Nebenverbraucher und
wirtschaftlicher Leichtbau.
Der Energiebedarf der Nebenverbraucher wird für den Anwender insbesondere im Winter transparent. Die Reichweite elektrischer Fahrzeuge reduziert sich dann nämlich um bis zu 50 Prozent. Daher wird im Rahmen der Plattform ein energieeffizientes Klimatisierungskonzept entwickelt. Im Weiteren sollen aber auch die Anzahl der Steuergeräte im Fahrzeug betrachtet und deren Integration diskutiert werden. Leichtbau wird insbesondere durch das Zusatzgewicht der Batterie notwendig. Herausfordernd wird es dann, wenn die Gewichtseinsparungen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten analysiert werden. Die Aktivitäten der Plattform verfolgen das Ziel diese beiden Perspektiven zu vereinen. Weitergehend sollen auch Multi-Material-Mix-Anwendungen in Verbindung mit Hochleistungsklebstoffen am Beispiel der Karosserie umgesetzt, mögliche Funktionsintegrationen diskutiert und der Antriebsstrang auf Leichtbau getrimmt werden.
Ökonomie und Ökologie im Einklang
Die Forschungsplattform E-Mobility verfolgt das übergeordnete Ziel, Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen. Konkrete Entwicklungsprojekte sollen die Innovationsproduktivität erhöhen und der Industrie die Möglichkeit zum Technology-Push geben. Die Plattform wurde erstmals Mitte Juni 2013 im Rahmen des 1. Elektromobilproduktionstages in Aachen vorgestellt und steht interessierten Partnern aus Wissenschaft und Industrie offen.
Literatur
Kampker, Achim; Vallée, Dirk; Schnettler, Armin: Elektromobilität - Grundlagen einer Zukunftstechnologie, Springer Vieweg