Bei der Entwicklung von Netzteilen wird dem stationären Betrieb deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt als vorübergehenden Zuständen. Sie beanspruchen die Bauteile allerdings wesentlich stärker als der stationäre Betrieb. Beim Einschalten eines Netzteils werden alle mit dem Eingangsbus verbundenen Kondensatoren aufgeladen. Nur in seltenen Fällen sorgt eine spezielle Startfunktion für ein sanftes Ansteigen der Eingangsspannung. Meistens fährt sie abrupt hoch. Ist beispielsweise die 12-VDC-Spannungsleitung beim Einschalten bereits aktiviert, begrenzt den Spannungsanstieg nur der Quellenwiderstand und die parasitäre Induktivität der Leitungen, der Leiterplattenflächen und des Schalters.
Die Abbildung auf der nachfolgenden Seite zeigt ein Beispiel, bei dem der Widerstand und die Induktivität eines 30 cm langen, mit zwei Bananensteckern versehenen Kabels gemessen wird. Die Werte für die beiden betragen 8 mΩ beziehungsweise 0,3 µH. In der Praxis sind alle Spannungsquellen strombegrenzt. Wenn aber der 12-VDC-Bus, wie im vorliegenden Fall, eine hohe Ausgangskapazität aufweist, kann der Ladestrom beim Schließen des mechanischen Schalters schnell auf 30 A und mehr ansteigen. Die obige Abbildung zeigt einen Impuls mit einem Spitzenwert von etwa 33 A, der nach etwa 100 µs auf den Stromgrenzwert 5 A des als Eingangsquelle verwendeten Netzteils abfällt. Danach dauert es weitere 200 µs, um die Eingangskondensatoren auf den Zielwert von 12 V aufzuladen. Im Vergleich dazu gilt für den stabilen Strom der Eingangsquelle, bei einer gemessenen Leistungseffizienz η von 95 Prozent, folgendes:
Schaltungsdesigner müssen dafür sorgen, dass alle für den Eingangsfilter verwendeten Bauteile in der Lage sind, die beim Einschalten des Wandlers auftretenden Starkstromimpulse zu bewältigen. Allerdings ist der Einsatz von Ferriten, die für solche Spitzenströme ausgelegt sind, für den stationären Betrieb vollkommen überdimensioniert.
In einem weiteren Beispiel wird ein Ferrit am Ausgang platziert. Der Wandler verfügt über zwei Aluminium-Polymer-Ausgangskondensatoren mit je 330 µF mit einem äquivalenten Serienwiderstand (ESR) von jeweils 20 mΩ und zwei Multilayer-Keramikkondensatoren mit je 100 µF mit einem ESR von jeweils etwa 3 mΩ. Diese Kondensatorbatterie kann innerhalb kürzester Zeit Starkstromimpulse liefern. Mithilfe des 30 cm langen Kabels wird der 5-V-Ausgang mit einer Last verbunden, die einen Ausgangsstrom von maximal 8 A entnimmt. Wird die 8-A-Last mit kurzer Anstiegszeit angeschlossen, erreicht der Spitzenstrom einen Wert von beinahe 25 A.
Die SMD-Ferritserie WE-MPSB (Multilayer Power Suppression Bead) von Würth Elektronik eiSos wurde mit dem Ziel entwickelt, einen ähnlichen Impedanzbereich zu bieten wie die Chipferriten der Standardproduktreihe WE-CBF. Die WE-CBF-Familie spezifiziert zwar Effektivnennströme, aber weder Spitzen- noch Impulsnennströme. Im vorliegenden Beispiel würden zur Bewältigung eines Impulses mit 33 A mehrere Bauteile der WE-CBF-Baureihe mit Nennstromspezifikation benötigt, da der höchste
Effektivnennstrom der Produktreihe 6 A beträgt.
Zwar ließe sich der Nennstrom mit nur einem Mitglied der WE-CBF-Familie bewältigen, zum Beispiel dem für einen Strom von 4 A ausgelegten Bauteil 742 792 150 in der Baugröße 1206. Allerdings könnte das wiederholte Auftreten von Einschaltsprüngen erhebliche Schäden anrichten. Für die Plus- und die Minuszuleitung würden jeweils sechs derartige Bauteile benötigt, was aus mehreren Gründen unpraktisch ist.
Die Chipferrite müssten für Dauerströme parallel geschaltet werden. Ihr positiver Temperaturkoeffizient sorgt dann dafür, dass der Strom gleichmäßig verteilt wird. Allerdings ist eine solche Stromverteilung weder getestet noch für kurzzeitige Stromimpulse garantiert. Die parallele Anordnung mehrerer Bauteile mit einer, vor allem durch Widerstand und Induktivität bestimmten Impedanz, sorgt dafür, dass Induktivität, Widerstand und Impedanz abfallen. Das beeinträchtigt die gewünschte Ausfilterung von Störungen. Sechs Bauteile führen zu höheren Kosten und größerem Platzbedarf auf der Leiterplatte.
Wenn Stromspitzen den Durchschnittsstrom überschreiten, bietet sich der WE-MPSB an. Beim ersten Durchgang der Chipferritauswahl werden alle Bauteile geprüft, die den Effektivstrom von 3,7 A bewältigen. Die Beispielanwendung ist für etwa 10.000 Schaltvorgänge während der gesamten Lebensdauer ausgelegt. Mit anderen Worten: 10.000 Impulse der Stärke 33 A müssen am WE-MPSB des Eingangsfilters bewältigt werden.
10.000 Impulse bewältigen
Dafür sollte ein Bauteil mit einem möglichst hohen Wirkwiderstand, nicht etwa einer hohen Gesamtimpedanz, im Störfrequenzbereich ausgewählt werden. Im Allgemeinen weisen Chipferrite ihren höchsten Widerstand an der Frequenz ihrer höchsten Gesamtimpedanz auf. Für andere Frequenzen ist jedoch keine allgemeine Näherung möglich.
Unter Berücksichtigung der oben genannten Parameter ist das Bauteil
WE-MPSB 742 792 245 51 die zweckmäßigste Komponente. Es hat den höchstmöglichen Widerstand bei 170 MHz. Der Nennstrom beläuft sich auf 4,0 A und das Bauteil kann 18.700 Impulse von 33 A mit einer Dauer von je 8 ms bewältigen. Angesichts der Länge des Erstimpulses von 500 µs und der kurzen Stromspitze von 100 µs besteht eine ausreichend große Sicherheits-
reserve.
Für den abschließenden EMV-Test wird das Bauteil WE-MPSB 742 792 245 51 am Eingang und das Bauteil WE-MPSB 742 792 251 01 am Ausgang ergänzt. In obiger Abbildung ist leicht erkennbar, dass die Ausgangsspannung, in der Abbildung in grün dargestelltt, bereits jetzt extrem gedämpft ist. Messungen der EMV-Abstrahlung zeigen, dass die Chipferrite die PARD-Störung erfolgreich dämpfen. Insbesondere beim PARD-Ringing im 170-MHz-Bereich wurde die EMV erheblich verbessert.
Chipferrite reduzieren hochfrequente Störungen am besten
Von allen Bauteilen sind Chipferrite am besten zur Reduzierung hochfrequenter Störungen im Bereich von über 10 MHz geeignet. Sie müssen innerhalb des Netzteils möglichst nah an der Störquelle, also an den Eingangs- und Ausgangsanschlüsse, angeordnet sein. Dadurch wird zugeleitete EMV an den E/A-Kabelbäumen ausgefiltert. Das verhindert, dass aus leitungsgebundenen
EMV-Störungen EMV-Abstrahlungen werden.