Faseroptische Sensorik für mehr Sicherheit Wie sicher sind unterirdische Kavernenspeicher für grünen Wasserstoff?

In Zukunft wird Deutschland große Mengen grünen Wasserstoffs importieren und erzeugen – dieser muss gespeichert werden. Dafür eignen sich unterirdische Kavernen, doch diese müssen dauerhaft überwacht werden.

Bild: DALL·E, publish-industry
04.07.2024

Wasserstoff in geologischen Hohlräumen im Salzgestein zu speichern, könnte eine neue Speicheralternative sein. Das ist nämlich kostengünstig und man kann große Energiemengen aufnehmen, doch dafür müssen die Hohlräume natürlich dauerhaft überwacht werden, damit keine Leckagen, Setzungen an der Oberfläche und im Extremfall keine induzierten Erdbeben entstehen. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) entwickelt zusammen mit dem IAB – Institut für Angewandte Bauforschung Weimar und Industriepartnern ein neues Monitoring-System. Das Besondere daran ist, dass es auf faseroptischer Sensorik beruht und dadurch deutlich früher und genauer als vorhandene Systeme vor möglichen Gefahren warnen kann.

Deutschland wird in Zukunft große Mengen grünen Wasserstoffs importieren und selbst erzeugen. Für die Speicherung bieten sich unterirdische Kavernen an, wie sie schon seit über 100 Jahren zur Lagerung von Erdgas genutzt werden.

In den natürlichen oder künstlich geschaffenen Hohlräumen im Salzgestein kann Wasserstoff unter hohem Druck komprimiert werden. Sie können daher besonders große Mengen des grünen Energieträgers aufnehmen. Zudem sind sie wirtschaftlicher als oberirdische Speicher. Über festinstallierte Rohrsysteme kann der Wasserstoff bei Bedarf flexibel entnommen oder der Speicher nachgefüllt werden.

Salzgestein ist in Bewegung

Die mächtigen Schichten an Salzgestein, in dem sich die Kavernen in bis zu 1.400 m Tiefe befinden, umschließen das eingelagerte Gas in der Regel sicher und schirmen es gegen äußere Einflüsse und Verunreinigungen ab. Allerdings sind die Salzstöcke keine statischen geologischen Gebilde: Sie bewegen sich, wenn auch nur minimal.

Beeinflusst werden die Bewegungen unter anderem vom Füllstand der Speicher und der Zahl der Druckwechsel bei Entnahme und Befüllung. Sie können zu Leckagen führen, zu Absenkungen an der Erdoberfläche oder im Extremfall zu induzierten Erdbeben im Umfeld der Kavernen.

Kavernenspeicher müssen daher dauerhaft überwacht werden – bisher geschieht dies nur durch vereinzelt angebrachte Ultraschall-Sensoren, sogenannte echometrische Sonden, die die Kavernen von innen vermessen und so Veränderungen zum vorherigen Zustand registrieren. Aus diesen Daten werden mit aufwändigen mathematischen Modellen Prognosen zu den künftigen Bewegungen des Salzgesteins abgeleitet.

Die Methode ist allerdings ungenau und zeitaufwändig. Zudem sind die Sensoren in der Regel jeweils nur in einzelnen Kavernen installiert, sie erfassen daher nicht die seismischen Aktivitäten ganzer Kavernenfelder. Auch messen sie nur an einzelnen Stichtagen. Daher können sie nur bedingt langfristige geologische Trends aufspüren und Gefahren erst relativ spät erkennen.

Lückenlose Überwachung von Kavernenfeldern

Die BAM entwickelt jetzt in einem Verbundprojekt zusammen mit Partnerorganisationen ein ganz neuartiges Monitoring-System für unterirdische Kavernenspeicher: Das Multifrequenzband-Messverfahren ist bereits zum Patent angemeldet. Es basiert auf faseroptischer akustischer Sensorik, also auf Glasfaserkabeln, durch die Lichtsignale geleitet werden.

Durch Veränderungen an diesen Lichtsignalen lässt sich mit dem neuartigen kombinierten Verfahren sowohl auf Dehnungen des Kabels wie auch auf feine Vibrationen schließen, die sich auf bis zu einen Meter genau lokalisieren lassen. Seismische Wellen und Setzungseffekte können so rechtzeitig und besser als bisher erkannt werden.

Die neue Technologie erlaubt erstmals auch die permanente und lückenlose Überwachung ganzer Kavernenfelder, da die kilometerlangen Glasfaserkabel nicht nur tief in den Rohrsystemen der Kaverne, sondern auch erdnah an der Oberfläche verlegt werden.

Das Ziel: Rascher Technologietransfer in die Anwendung

Die BAM bringt in das Projekt ihre langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der faseroptischen Sensorik ein, die sie unter anderem bereits erfolgreich zur Überwachung von Brücken, Straßen, Pipelines und Geothermie-Anlagen einsetzt. „Unser Ziel ist ein erfolgreicher Technologietransfer, das heißt wir wollen die Technologie zur Marktreife entwickeln, damit sie schnell in die Anwendung gelangen und den Aufbau einer sicheren Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland unterstützen kann“, so Projektleiter Konstantin Hicke von der BAM.

„Sie soll sich sowohl zur Nachrüstung bestehender Kavernen wie auch zur Ausstattung neuer Anlagen eignen.“ Dazu hat die BAM kompetente Partner gefunden: Das IAB – Institut für Angewandte Bauforschung Weimar koordiniert das Projekt und errichtet einen Versuchsstand zur Erprobung der gesamten Messtechnik. Die Fibotec Fiberoptics entwickelt und fertigt Hardwarekomponenten für die faseroptischen Messsysteme.

Auf deren Basis ist Digos Potsdam als Systemintegrator zuständig für die Entwicklung eines anwendungsbereiten Funktionsmusters. Geso konzipiert ein Verfahren zur Montage und Nachrüstung des Sensorkabelnetzes an bestehenden Kavernenfeldern sowie eine Methode zur geologischen Zustandsbewertung der Kavernenanlagen auf Basis der faseroptischen Messergebnisse.

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