Fachbeitrag Hier kommt Farbe ins Spiel

Bild: Jag_cz iStock; Micro-Epsilon
02.03.2015

Farberkennung spielt bei industriellen Abläufen eine zunehmend größere Rolle. Daher hat sich hier für Farbsensorik ein interessantes Betätigungsfeld eröffnet. Einsatzmöglichkeiten sind zum Beispiel Sortierungen nach Farbe, Farbprüfungen in der Eingangskontrolle von Teilen oder Prüfungen von LEDs nach Intensität und Farbe.

Anbauteile am Automobil, zum Beispiel Parksensoren, werden getrennt lackiert. In der Montage muss aber die Farbdifferenz zwischen dem Parksensor und der Stoßstange gleich Null sein – es müssen also beide Farben identisch sein.

Der Farbsensor ColorSensor des Herstellers Micro-Epsilon, der aus zwei Farbsensoren besteht, ermöglicht einen direkten Farbvergleich zwischen dem Parksensor und der Heckstoßstange. Für die logische Auswertung ist die integrierte Elektronik zuständig. Sie definiert zum Beispiel wie weit die zwei Farben der beiden Farbsensoren beziehungsweise Kanäle voneinander entfernt sein dürfen. Für den Anwender bedeutet dies, dass kein weiterer Aufwand in die Auswertung der Messung investiert werden muss: Der Sensor gibt ein NIO-Signal aus, wenn sich die Farben voneinander unterscheiden und ein IO-Signal, wenn die Farben gleich sind. Das gleiche Messsystem kann für den farblichen Vergleich anderer Anbauteile genutzt werden: zum Beispiel für die Abdeckung der Scheinwerferreinigungsdüsen zum Stoßfänger oder für die Spiegel zur Karosserie.

Die Farbsensoren werden bei der Automobilproduktion aber nicht nur außen eingesetzt, sondern prüfen auch das Auto-Innenleben. So werden in der Montagelinie eines Automobilherstellers gleiche Interieurteile anhand verschiedener Nahtfarben unterschieden. Bisher haben die Fachprüfer die Nähte visuell geprüft.

Um den Prozess zu automatisieren und wirtschaftlich zu optimieren, werden nun die Farbsensoren ColorSensor eingesetzt. Sie arbeiten mit einer sehr hohen Messauflösung (Farbabstand ΔE = 0,5) und unterscheiden so für den Menschen fast identische Farbtöne. Ein weiterer Vorteil des Sensors ist eine hohe Wiederholgenauigkeit, die Mess-
ergebnisse lassen sich sehr gut reproduzieren und unterstützen somit den Zusammenbau der Interieurteile auf einem speziellen Montagetisch nach dem Poka-Yoke-Prinzip. Dadurch kann man in der Produktion Zeit und Kosten sparen.

Das direkte Messen von Farben und Schattierung ist nur ein Bruchteil des Einsatzgebietes der Farbsensorik. Anhand der Farbe lassen sich mit einer ausreichenden Genauigkeit viele weitere Messgrößen und Parameter kontrollieren, zum Beispiel die Anwesenheitskontrolle.

Qualitätssicherung auf Umwegen

Bei dem Fensterhersteller Schüco werden nach dem Herstellungsprozess die Kunststoffprofile der Fensterrahmen mit einer Schutzfolie versehen - das soll den Rahmen vor Kratzern und Schmutz schützen. Das Farbmesssystem ColorControl ACS7000 von Micro-Epsilon prüft hierbei, ob die Folie auf dem Fensterrahmen korrekt angebracht ist. Dabei wird die genaue Unterscheidung von Farben, die auf der spektralen Farb-
messung basiert, genutzt. Obwohl die Folie transparent ist, ändert sich die Farbe des Fensterrahmens nachdem die Folie aufgebracht worden ist. Vergleicht man die Farbe des Rahmens einmal mit und einmal ohne Folie, kann man eine minimale Farbänderung von ∆E = 0,1 feststellen. Das spektrale Farbmesssystem erkennt prozesssicher, ob die Folie am Fensterprofil angebracht ist. Fehlt die Folie, wird die Produktionsanlage gestoppt. Das Messsystem schließt somit aus, dass Profile die Extruderanlage ohne Folie verlassen.

Auch bei der Herstellung von Tabletten kommt die genaue Farbkontrolle zum Einsatz. Etwa um die Zusammensetzung zu überprüfen. Denn in Tabletten sind meist verschiedene Inhaltsstoffe enthalten. Dabei beeinflussen unterschiedliche Konzentrationen von Wirkstoffen die Tablettenfarbe. Der Farb-
verlauf variiert von Weiß über Beige bis Gelb.

Mit dem System ColorControl ACS7000 kann man die feinen Farbunterschiede, speziell die fein abgestuften Farbnuancen zwischen Weiß und Beige, präzise erfassen. Aus der Farbinformation ergibt sich dann die Aussage über die Qualität der Zusammensetzung der Tablettenwirkstoffe bei der Produktion. Durch die Farbmessung der Tabletten lässt sich prüfen, ob die Wirkstoffe in der richtigen Menge beziehungsweise Konzentration vorhanden sind.

Funktionsprinzip der Farbsensorik

Ein Farbsensor vergleicht die Farben oder besser gesagt, er prüft die Übereinstimmung von Farbwerten. Dabei wird das Messobjekt mit einer Weißlichtquelle (Leuchtdiode) beleuchtet und die reflektierten Farbanteile anschließend ausgewertet. Die Soll-Farben des zu prüfenden Objektes lassen sich im Sensor einlernen und in einem Farbspeicher ablegen. Den eingelernten Farben kann man zulässige Abweichungstoleranzen
zuordnen.

Im weiteren Prüfablauf werden die gespeicherten Farbwerte mit den ermittelten Werten verglichen. Dazu wird der Farb-
abstand (∆E) zwischen der Objektfarbe und der eingelernten Referenz berechnet. Der Farbabstand ∆E ergibt sich aus den drei Koordinaten im Lab-Farbraum: Position auf der Rot-Grün-Achse (a), Position auf der Gelb-Blau-Achse (b) und die Helligkeit (L). Stimmen diese Werte unter der Berücksichtigung der Toleranzen überein, wird ein verwertbares Ausgangssignal erzeugt. Vorteil: Der Sensor bewertet die Farben genau so wie es ein menschliches Auge tun würde (True-Color-Farbsensor).

Genaue Methode: Spektralverfahren

Im Unterschied zum konventionellen Farbsensor, bestimmt das Inline-Farbmesssystem ColorControl ACS7000 eine Farbe nicht nur über den Vergleich zum Referenzwert, sondern identifiziert sie eindeutig über das Reflexionsspektrum. Das Spektralverfahren ist die genaueste Methode zur Farbmessung. Dabei wird die Probe zunächst mit homogenem weißem LED Licht beleuchtet. Das Spektrum des reflektierten Lichtes wird danach mit einer Weißreferenz verrechnet. Daraus werden die Koordinaten im CIE-XYZ-Farbsystem für alle Wellenlängen des sichtbaren Lichts (von 390 bis 780 nm) ermittelt und im gewünschten Farbraum ausgegeben.

Der Controller (Auswerteelektronik) berücksichtigt dabei verschiedene Beobachtungsbedingungen wie Lichtart und Normalbeobachter. Drei Betriebsarten sind bei dem System möglich: In der ersten wird der Farbabstand ΔE zur Referenz gemessen. Dabei arbeitet das System mit bis zu 15 eingelernten Werten. Im zweiten Modus wird das Reflektivitätsspektrum der Probe ermittelt und ausgegeben. Im dritten Modus werden Farborte bestimmt und im gewünschten Farbraum angezeigt.

Für die Qualitätsprüfung kann über einen beliebigen Zeitraum die Trendanalyse über die Farbwerte wahlweise in L*a*b*; XYZ oder RGB erfolgen. In allen Modi lassen sich Messungen mit der Geschwindigkeit bis 2 kHz vornehmen. Bedienen und sich anzeigen lassen kann man das Ganze über eine Web-Oberfläche. Über Tasten am Controller oder die Bedieneroberfläche lässt sich auch eine Hell-/Dunkel-Korrektur durchführen. Zur Datenausgabe stehen Ethernet/EtherCAT, RS422 und digitale I/Os zur Verfügung.

Bildergalerie

  • Sensorsysteme zur LED-Prüfung nach Funktion, Farbe und Intensität

    Sensorsysteme zur LED-Prüfung nach Funktion, Farbe und Intensität

    Bild: Micro-Epsilon

  • Das Inline-Farbmesssystem 
ColorControl ACS 7000 erkennt auch ganz feine Farbunterschiede.

    Das Inline-Farbmesssystem
    ColorControl ACS 7000 erkennt auch ganz feine Farbunterschiede.

    Bild: Micro-Epsilon

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