Die Messung von Temperaturen ist die wohl häufigste Messaufgabe quer durch alle Sparten der Prozessindustrie. Die im industriellen Bereich gängigste Messmethode ist der Einsatz von Widerstandsthermometern. Diese nutzen den physikalischen Effekt, dass Temperaturveränderungen in Metallen eine Änderung des elektrischen Widerstands hervorrufen. Besonders stark fallen die Änderungen in reinen Metallen aus. Ein zusätzlicher Vorteil ist es, wenn das Material korrosionsbeständig ist und kaum Alterungserscheinungen zeigt. Temperatursensoren, sogenannte Messwiderstände, werden daher häufig aus Platin (Pt100) hergestellt.
Die klassische Methode der Temperaturmessung ist invasiv, das heißt der Messfühler aus Pt100-Element und Schutzhülse wird durch eine Bohrung im Behälter beziehungsweise der Rohrleitung direkt in das zu messende Medium eingebaut. Bei Anwendungen in der Lebensmittelindustrie bringt dies die Forderung nach hygienischen Produktdesigns und Prozessanschlüssen mit sich. Nur so kann eine Verunreinigung des Mediums vermieden werden.
Wenn höchste Genauigkeit und zugleich sehr kurze Reaktionszeiten gefragt sind, ist die invasive Messung nach wie vor die Methode der Wahl im Vergleich zu nicht-invasiven Alternativen wie der Oberflächenmessung. Um dieses Messverfahren optimal mit den Hygiene-Anforderungen in Einklang zu bringen, verwendet man spezielle Schutzrohre.
Schutzrohre bestehen aus thermisch leitfähigem Material und trennen das Temperaturmessgerät vom Medium (Messstoff). Falls die Rohrleitung unter Druck steht oder ein aggressiver Messstoff auf das Material des Messgeräts wirkt (beispielsweise durch Korrosion), dient das Rohr auch dazu, das Messgerät vor Beschädigungen zu schützen.
Das Schutzrohr ragt durch die Wand der Rohrleitung in das Medium hinein. Der Pt100-Messwiderstand des Thermometers wird in das Schutzrohr hineingesteckt und nimmt somit die Temperatur des Messstoffs auf, ohne dass er diesen direkt berührt. Stattdessen überträgt das thermisch leitende Material des Schutzrohrs die Temperatur an den Messfühler. In hygienischen Prozessen kommen Schutzrohre aus Edelstahl zum Einsatz. Eine möglichst geringe Oberflächenrauigkeit und ein entsprechendes Design stellen sicher, dass die Reinigbarkeit des Systems durch das Schutzrohr nicht beeinträchtigt wird.
Ohne Bohren und Dichten
Ist das Schutzrohr erst einmal im Prozess installiert, können Messfühler beziehungsweise Messgeräte relativ unkompliziert und ohne Prozessunterbrechung ausgetauscht werden. Für die hygienische Prozesssicherheit entscheidend ist dabei die Frage: Wie kommt das Schutzrohr in den Prozess?
Über eine Bohrung in der Rohrleitung wird die Schutzhülse mit der Rohrleitung verschweißt. Bohrungen in der Rohrleitung bringen aber das Risiko von unsauberen Ecken und Kanten, zumal die Nähte in den meisten Fällen von Hand geschweißt werden müssen. Hinzu kommt, dass die Schweißnähte nach dem Einbau in die Rohrleitung auch nicht mehr mechanisch behandelt werden können. Somit ist die geforderte Oberflächengüte innerhalb der Rohrleitung nur schwer zu beeinflussen.
Vermeidbar ist dieses Risiko durch Schutzrohrsysteme, die speziell auf hygienische Anwendungen abgestimmt sind. Der deutsche Hersteller Labom hat für die hygienische invasive Temperaturmessung (h.i.T.) das HIT-Schutzrohrsystem entwickelt. Es besteht aus genormten Rohrstücken in geraden oder abgewinkelten Varianten, die bereits über eine eingeschweißte kleine Schutzhülse verfügen. Die elektropolierten Rohrstücke mit einer hygienegerechten Innen-Oberflächenrauigkeit müssen vom Kunden nur noch orbital mit der Prozessleitung verschweißt werden. Der entscheidende Vorteil ist, dass man dabei ein gesteuertes Orbital-Schweißverfahren einsetzen kann. So lassen sich gleichbleibend gute Schweißnähte mit geringer Rauigkeit herstellen. Prozessanschlüsse mit dem damit einhergehenden Aufwand und Hygienerisiko sind somit überflüssig.
Alle HIT-Rohrstücke verfügen über einen M12-Geräteanschluss, der direkt auf das Widerstandsthermometer GA2730 aus der MiniTherm-Reihe abgestimmt ist. Das Gerät kann somit in die HIT-Komponenten eingeschraubt werden. Die HIT-Rohrstücke sind in einer Vielzahl von Prozessleitungen einsetzbar, da sie in allen drei Reihen nach der Din 11866 mit unterschiedlichen Rohrweiten gefertigt werden.
Das Thermometer GA2730 erreicht mit seinem Pt100-Messwiderstand in Drei-Leiter-Technik eine Messgenauigkeit der Klasse A nach Din EN 60751. Die Ansprechzeit wurde nach Norm in fließendem Wasser geprüft, das sich mit einer Geschwindigkeit von 0,4 m pro Sekunde bewegt. Bei einer Schutzrohrgröße von 6 x 1 mm ist die Ansprechzeit T90 = 9 Sekunden. Der Wert T90 benennt die Zeit, die es dauert, bis das Messgerät 90 Prozent einer sprunghaften Temperaturänderung anzeigt. Für Prozesse, die eine noch schnellere Reaktionszeit erfordern – wie etwa biotechnische Prozesse in der Medikamentenherstellung –, bieten sich zusätzliche Optionen. So lässt sich T90 auf sechs Sekunden verkürzen, wenn der Raum zwischen dem Ende des Messwiderstands und dem Boden des Schutzrohrs mit Wärmeleitpaste aufgefüllt wird. Im Rahmen seines Gesamtpakets für die hygienische invasive Temperaturmessung bietet Labom eine spezielle silikonfreie, ungiftige Paste an.
Schutzrohre mit verjüngter Spitze lassen das Thermometer noch schneller ansprechen. Standardmäßig werden alle Schutzrohre nach den Vorgaben der Norm Din 43772 gefertigt, es sind jedoch auch Modifikationen möglich. Labom bietet auch die Berechnung von Schutzrohren zum rechnerischen Nachweis der Festigkeit bezüglich statischer und dynamischer Belastung für spezielle Anwendungen an. Zusammen mit den Materialzeugnissen nach Din EN 10204-3.1 für die HIT-Rohre und die eigentlichen Schutzrohre bietet dies ein hohes Maß an Prozesssicherheit für Anwender im Food-Bereich.