Prozessautomation & Messtechnik Immer besser in der Petrochemie


Anspruchsvolle Petrochemie: Ein Großprojekt mit 2.500 Messstellen war der Anstoß für die Weiterentwicklung der elektrischen Prozessthermometer.

11.09.2013

Das Gefahrenpotenzial in der Öl- und Gasindustrie führt zu verschärften Auflagen. Gleichzeitig sollen Ausbeuten gesteigert und die Qualität verbessert werden. Dieses Spannungsfeld stellt Raffinerien, petrochemische Werke und Förderanlagen vor komplexe Aufgaben. Die Entwicklungsstufen eines Prozessthermometers verdeutlichen die stetig zunehmenden Anforderungen und den schrittweisen technischen Fortschritt.

Den Anfang markierte eine außergewöhnliche Anfrage: Ein Großunternehmen für Prozessleittechnik benötigte 2.500 Temperaturmessstellen für ein Projekt im Nahen Osten. Wika entwickelte entsprechend der Kundenforderung ein elektrisches Prozessthermometer, welches den geforderten Sicherheitsanforderungen Rechnung trug. Die Besonderheit des Prozessthermometers lag in dem im Halsrohr federnd gelagerten Messeinsatz. Das Messelement selbst bestand aus einem in der Industrie üblichen Widerstandsensor. Nach der Einführung der ersten Generation dieser Prozessthermometer wurde klar, dass den stetig wachsenden Anforderungen der sich wandelnden Branchen nur durch eine zweite Generation an Prozessthermometern begegnet werden konnte. Mit dem aus den Applikationen gewonnenen Wissen entstand die zweite Thermometer-Generation. Diese bestand aus einem neu konzipierten Halsrohr mit einem flammendurchschlagsicheren Spalt, der im Falle einer Explosion im Anschlussgehäuse des Thermometers den Flammenaustritt unterband. Die Entwicklung basierte auf der gemäß DIN EN 60079-1 definierten Toleranz des Bohrungsdurchmessers zum Messeinsatz und der festgelegten Länge des Spalts. Somit war der uneingeschränkte Einsatz selbst in Zone 0 möglich. Als Gehäusevolumina wurden die am Markt gängigen Größen (500 bis 2.000 ccm) berücksichtigt und eine Atex-Zulassung für die Zündschutzart d (druckfeste Kapselung), bestätigt durch eine EG-Baumusterprüfbescheinigung gemäß Richtlinie 94/9/EG, erwirkt. Mit den über die Jahre zunehmenden Forderungen nach besonders effizienter Messtechnik, galt es auch das Konzept der zweiten Generation weiter zu verbessern, ohne die beiden Aspekte Sicherheit und Präzision zu vernachlässigen. Wartungsfreundlichkeit, Reduzierung von Stillstandszeiten, geringerer Verschleiß, Einsatzflexibilität oder einfacheres Handling bieten hierbei Ansätze, um eine höhere Effizienz für den Kunden zu erzielen. Die signifikante Einschränkung der zweiten Generation bestand aus dem fest mit dem Halsrohr verbundenen Messelement. Dieses ließ im Servicefall oder bei einer erforderliche Nachkalibration keinen Austausch des Messeinsatzes zu. Unweigerlich musste in einem solchen Fall bislang das gesamte Thermometer erneuert werden. Mit diesem Wissen und dem Ziel zur Effizienzverbesserung formten die Entwickler die dritte Generation des Prozessthermometers. Das unter der Bezeichnung TX12 geführte Modell wurde Anfang 2012 in den Markt eingeführt. Es verfügt analog zum Vorgänger über den - mittlerweile patentierten - im Halsrohr integrierten flammendurchschlagssicheren Spalt; allerdings lässt sich der Messeinsatz flexibel austauschen. Im Servicefall musste bislang das individuell anzufertigende und daher kostenintensive Halsrohr mit ersetzt werden. Das ist nun nicht mehr erforderlich und führt auf der Kundenseite zu einer erheblichen Kostenersparnis. Des Weiteren erleichtert und beschleunigt die Konstruktion der dritten Generation die Kalibrierung des Messelements, die gegebenenfalls vor Ort durchgeführt werden kann. Ausfälle bei der Temperaturüberwachung und/oder Stillstandszeiten im Prozess werden auf diese Weise minimiert und bewirken eine weitere Kostenreduktion.

Verdrehsicherung schützt bei Vibrationen

Ein für viele Applikationen sehr interessantes Effizienzplus der entwickelten Austauschmechanik stellt die in der Messeinsatz-Befestigung integrierte Verdrehsicherung dar. Sie unterbindet bei starken Vibrationen im Prozess eine Rotation des Messeinsatzes im Halsrohr und verhindert somit das Abscheren der Anschlusskabel. Zusätzlich wurde der federnd gelagerte Messeinsatz für die Verwendung mit amerikanischen NPT-Gewinden (konisch dichtend) optimiert. Gegenüber der vorherigen Generation konnte darüber hinaus der Bereich der möglichen Durchmesser der Messeinsätze und -leitungen vergrößert werden. Die Spanne der Durchmesser reicht nun von 0,5 bis 10,0 mm. Mit dem Ziel, ein Basisthermometer für ein breitgefächertes und herstellerunabhängiges Anwendungsspektrum - auch in Verbindung mit Schutzrohren - auf den Markt zu bringen, wurde für das Thermometer TX12 neben der Atex- auch eine IECEx Ex d-Zulassung erwirkt. Dadurch lassen sich alle den IEC-Kriterien entsprechenden druckfesten Anschlussgehäuse mit einem Volumen ≤ 2.000 ccm mit dem TX12 koppeln. Diese Option ermöglicht zum Beispiel auch den Einsatz von Transmittern und digitalen Anzeigen, die für den Einsatz in SIL-Anwendungen (Safety Integrity Level) geeignet sind und somit eine wichtige Rolle innerhalb von erforderlichen Sicherheitsfunktionen im gesamten Regelkreis der Anlage einnehmen können. Neben den universellen Applikationen der Branche bietet das Modell TX12 auch eine hervorragende Grundlage zur Realisierung kundenspezifischer Sonderlösungen, die auf den ersten Blick nicht sofort ersichtlich sind. Strenge Sicherheit auf der einen, ökonomische Notwendigkeiten auf der anderen Seite - dieses Spannungsfeld wird unablässig neue technische Herausforderungen produzieren. In absehbarer Zeit sind daher noch weitere Entwicklungsstufen bei den Prozessthermometern zu erwarten.

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