Verfahrenstechnik Kälte aus dem Container

Bild: L&R Kältetechnik
11.03.2014

Beim Spritzgießen ist die Kältetechnik, obwohl sie eigentlich nur ein Nebenprozess ist, sehr wichtig. Denn die Temperatur wirkt sich direkt auf die Qualität der gefertigten Teile aus. Bei einem Kunstoffverarbeiter wurde eine Kühlanlage im Container montiert, die sehr energiesparend ist und außerdem eine präzise Temperaturführung ermöglicht.

Spritzgießunternehmen, die hochpräzise Komponenten fertigen, müssen viele Prozesse und Einzelschritte der Kunststoffverarbeitung im Griff haben. Dazu gehören unter anderem die werkstoffgerechte Konstruktion, der Werkzeugbau, die Moldflow-Analyse und auch die Kühlung von Werkzeug und Hydraulik. Denn obwohl es sich bei der Kühlung eigentlich um einen Nebenprozess handelt, hat eine präzise Temperaturführung doch unmittelbare Auswirkung auf die Qualität der gefertigten Spritzgussteile. Und sie hat auch Einfluss auf die Produktivität, denn eine Beschleunigung des Abkühlungsprozesses erlaubt kürzere Zykluszeiten.

Die Firma Prime-tec aus Thüringen beherrscht diese Prozesse. In der Spritzgießerei arbeiten an fünf Tagen in der Woche, rund um die Uhr, 21 Maschinen mit Schließkräften von 35 bis 650 Tonnen, die mit Robot- und Handlingsystemen ausgestattet sind. Dort werden sowohl hochpräzise technische Komponenten als auch empfindliche Sichtteile für die Konsumgüterindustrie gefertigt. Auch Formteile für die Automobilindustrie gehören zum Fertigungsprogramm. Viele Spritzgussartikel werden bei Prime-tec direkt weiterverarbeitet, unter anderem durch Ultraschallschweißen, Kunststofffräsen und Heißprägen.

Kühlung von Werkzeug und Hydraulik

Ein zweites Geschäftsfeld des Unternehmens ist die Entwicklung und Herstellung von Spritzguss- und Druckgusswerkzeugen bis fünf Tonnen Gewicht. Auch Werkzeuge für komplexe Verfahren wie 2K-Spritzguss und Gasinnendruck-Technik werden im eigenen Hause hergestellt. In der gesamten Prozesskette des Spritzgießens, vom Werkzeugbau bis zur Weiterverarbeitung, ist die Kühlung von Werkzeug und Hydraulik wichtig. Gerade in der Automobilindustrie muss stets ein Höchstmaß an Qualität und zugleich an Wirtschaftlichkeit erreicht werden, denn unter den Zulieferern ist der Kostendruck sehr hoch.

Aus diesen Gründen stellten die Prime-tec-Verantwortlichen hohe Anforderungen an die neue Kälteanlage, die angeschafft wurde, um eine ältere Anlage zu ersetzen. Ziel war die Investition in eine Anlage, die eine sehr präzise Temperaturführung ermöglicht und zugleich sehr wenig Energie verbraucht. Denn die Kältetechnik gehört zu den Hauptenergieverbrauchern bei der Kunststoffverarbeitung. Hohe Effizienz wird somit durch signifikante Einsparungen bei den Energiekosten belohnt.

Auf der Basis dieser Vorgaben und der vor Ort ermittelten Eckdaten projektierten L&R Kältetechnik und der L&R-Repräsentant Jurke Engineering eine Kühlanlage mit jeweils einem Kreislauf für die Werkzeug- und die Hydraulikkühlung, die eine ganze Reihe von Energiespar-Technologien nutzt. Die Split-Anlage besteht aus einem Werkzeug-Kühlsystem mit einer Kälteleistung von 140 kW und einer Wasservorlauftemperatur von 15 °C und einer Hydraulik-Kühlanlage mit einer Kälteleistung von 270 kW und einer Wasservorlauftemperatur von 27 °C.

Die Anlage ist mit der gleitenden Kondensationstemperaturregelung Vari-Kon ausgestattet. Diese von L&R entwickelte Steuerung passt die Kondensationstemperatur den tatsächlichen Außentemperaturen an. Auf diese Weise wird die Kondensationstemperatur – und damit der Energieverbrauch – über den Großteil der jährlichen Betriebszeit abgesenkt. Bei einer Außentemperatur von 10 °C wird die Anlage zum Beispiel mit einer Kondensationstemperatur von 23 °C gefahren und nicht mit 47 oder 48 °C, wie es bei Anlagen mit fester Kondensationstemperatur der Fall ist. Eine solche Temperatur benötigt man nur an den wenigen sehr heißen Tagen, an denen die Außentemperatur bei über 30 °C liegt. Bei Prime-tec senkt die Vari-Kon-Regelung die Antriebsenergie des Verdichters in der Kältemaschine um bis zu 40 Prozent.

Winterentlastung senkt Kosten

Eine weitere hoch wirksame Maßnahme der Energieeinsparung ist die Winterentlastung (freie Kühlung) über einen großzügig dimensionierten, selbstentleerenden Freikühler. Diese Anlagenkomponenten nutzen die natürliche Kälte der Umgebung zur Kälteerzeugung. Sie reduzieren bereits in der Übergangszeit den Energiebedarf der Kälteanlage deutlich und bei Temperaturen von unter 10 °C kann auf den Betrieb der Kältemaschinen sogar komplett verzichtet werden.

Prime-tec hat sich für diese Energiespartechnologien entschieden, da sie für eine jährliche Einsparung von fast 30.000 Euro sorgt. Weitere Einsparungen werden durch drehzahlgeregelten Pumpen im Werkzeug- und Hydraulikkreislauf erzielt. Beide Pumpenantriebe passen sich im Schwach- oder Spitzenlastbetrieb den Bedingungen an, während die anderen Pumpen mit Konstantantrieb die Grundlastversorgung übernehmen. Diese Maßnahme senkt die aufgenommene elektrische Leistung des Pumpenmotors um bis zu 30 Prozent.

In den Angeboten von L&R sind die beschriebenen Energiespar-Technologien immer gesondert ausgewiesen. Das Angebot gibt auch die zu erwartenden Kostenersparnisse an, sodass der Anwender schnell die Amortisation errechnen und sich auf der Basis einer Rentabilitätsberechnung für oder gegen die jeweilige Maßnahme entscheiden kann. Meistens allerdings fällt die Wahl der Kunden auf die vorgeschlagenen Optionen, weil die Amortisationszeiten überschaubar sind und der Anwender über die gesamte Laufzeit der Anlage Energiekosten spart.

30.000 Euro eingespart

Die gesamte Kälteanlage – einschließlich der Steuerungstechnik – wurde im L&R-Werk Sundern in einem Container installiert, die Freikühler finden auf dem Containerdach Platz. Diese kompakte und montagefreundliche Konstruktion schafft die Voraussetzung für die schnelle und flexible Aufstellung auf dem Firmengelände. Die Anlage kann man über eine Bedieneinheit am Schaltschrank überwachen und bedienen, diese gibt Auskunft über alle relevanten Betriebsparameter.
Nach der Installation und Inbetriebnahme der neuen Kälteanlage zeigte sich schnell, dass Prime-tec tatsächlich weniger Energie für die Kälteerzeugung aufwenden muss. Die jährlichen Einsparungen belaufen sich auf fast 30.000 Euro pro Jahr und liegen damit in der Größenordnung, die L&R zuvor errechnet hat. Das bedeutet auch, dass sich die Investition in energieeffiziente Kältetechnik schnell amortisiert.

Zudem profitiert der Kunststoffverarbeiter davon, dass die Anlage die gewünschten Temperaturen für die Werkzeug- und Hydraulikkühlung sehr zuverlässig erreicht und hält. Das bedeutet: Die gefertigten Teile kühlen schneller im Werkzeug ab, auch die Hydraulik lässt sich punktgenau temperieren. Das erlaubt nicht nur eine Verkürzung der Zykluszeiten und damit eine Erhöhung der Produktivität der Spritzgießmaschinen, es trägt auch dazu bei, dass vor allem verzugsempfindliche Bauteile mit hoher, reproduzierbarer Qualität gefertigt werden können.

Bildergalerie

  • Im Container befindet sich eine Split-Kälteanlage für den Werkzeug- und Hydraulik-Kreislauf.

    Im Container befindet sich eine Split-Kälteanlage für den Werkzeug- und Hydraulik-Kreislauf.

    Bild: L&R Kältetechnik

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