Prozessautomation Kartoffeln in 
virtueller Umgebung

Bild: burdem
14.08.2014

Ein Stärkeproduzent hat seine Prozessautomatisierung erneuert und setzt dabei auf ein System, das ein Prozessleitsystem und eine Steuerung umfasst. Die System- und Anwendungssoftware wurde in einer virtuellen Umgebung installiert. Die Umstellung auf nur einen Server spart unter anderem Energie- und Wartungskosten.

Vier Mio. kg Kartoffeln verarbeitet Avebe jährlich. 700.000 t Stärke und Derivate produziert das niederländische Unternehmen da­raus. Diese werden anschließend in Lebensmittelerzeugnissen und Non-Food-Produkten verwendet. Zurzeit arbeitet Avebe am Bau einer komplett neuen Prozessanlage für sein Lebensmittelwerk. Parallel dazu werden außerdem eine neue Reaktionsabteilung und eine zentrale Steuerwarte entwickelt. Denn bisher wurde ein großer Teil der Arbeit immer noch manuell ausgeführt, da das Lebensmittelwerk veraltet und nur teilweise automatisiert war.

In seiner Position als Projektleiter bei Avebe ist Peter Nomden schon von Beginn an intensiv an dem Projekt zur Prozessautomatisierung für den das gesamte Lebensmittelwerk beteiligt. Nomden erläutert: „Das alte Werk war von Automatisierungsinseln beherrscht und das System für die Prozessautomatisierung genügte unseren Anforderungen nicht mehr." Der Wunsch: Das Unternehmen möchte nur ein einziges Steuerungssystem einsetzen, das flexibel ist. „Wir brauchen eine Verbindung mit unserem MES-System, eine schlanke Logistik in unserer ganzen Anlage, integrierte In-Line-Messungen und eine höhere Verfügbarkeit im Lebensmittelwerk“, bringt Nomden die Anforderungen auf den Punkt.

Mit der neuen Prozessanlage möchte Avebe die Produk­tionskapazität erhöhen, die Handhabbarkeit verbessern und die Reproduzierbarkeit steigern. Außerdem soll der zunehmende Fachkräftemangel kompensiert werden. Weitere Ziele waren die Verringerung von Rohstoffverbrauch und Abfall. Die Lösung für die Prozessautomatisierung wurde gemeinsam mit Ingenieuren von Rockwell Automation erarbeitet. Das Ergebnis: Avebe setzt seit Mitte 2014 auf PlantPAx von Rockwell.

PlantPAx ist eine Prozessautomatisierungslösung, die zudem den Funktionsumfang eines Prozessleitsystems (DCS) und einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) umfasst. Der Hauptgrund für diese Wahl war, dass PlantPAx eine bewährte Technologie mit einer integrierten Architektur verbindet. Zunächst wurden die Linien im Zutaten- und Lebensmittelwerk umgestellt, dann die zentrale Leitwarte. Dabei wurde die neue Hard- und Software von Rockwell Automation implementiert. Nach Möglichkeit hat man die vorhandene E/A von dem bisher installierten, älteren DCS wiederverwendet.

Zu den von der Datenbank FactoryTalk Historian gebotenen Funktionen gehören die Speicherung historischer Daten für Berichte und Analysen, die wiederum zu Verfahrensoptimierung beitragen. Darüber hinaus werden Informationen zu Produktion, Key Performance Indicators (KPIs) und Dash­boards mit FactoryTalk Historian zugänglich. FactoryTalk Asset Centre bietet Funktionalitäten wie die Speicherung von Dokumentations- und Anwendungssoftware, Analysen von Bedienereingriffen sowie einen zentrale Speicherort für SPS-Software.

Die neue Infrastruktur besteht aus einem zentralen Serverstandort, von dem verschiedene redundante Glasfaser-Ringverbindungen ausgehen. Mit diesen ist die zentrale Leitwarte verbunden, in der sich ausschließlich Bedienerstationen (Thin Clients) befinden. Darüber hinaus verläuft ein Glasfaserring durch die Produktionsstandorte mit Cisco-Switches und Prozess-CPUs. Jedes dieser Prozessleitsysteme verfügt über einen Ethernet/IP-Ring (Device-Level-Ring) mit dezentraler E/A, MCCs, frequenzgestellten Antrieben und Ventilinseln. Diese Ringstrukturen ermöglichen eine hohe Verfügbarkeit, Flexibilität und Transparenz.

Avebe verfügt jetzt über eine Prozessautomatisierungslösung, die für andere Avebe-Produktionszweige als Standard fungieren kann. Für das Unternehmen liegt der Mehrwert von PlantPAx in der Standardhardware und –software. Letztere enthält beispielsweise eine Standardbibliothek mit Prozess-
Faceplates für die Bedienung von Motoren, Pumpen und Ma­gnetventilen. Die VMware (VirtualMachineWare)-Technologie, die bereits auf breiter Ebene in Büroumgebungen eingesetzt wird, ist für das Unternehmen von großer Bedeutung.

Avebe ist der erste industrielle Anwender in Europa, der seine gesamte Prozessautomatisierung in einer virtuellen Umgebung installiert hat. Somit ist die ganze System- und Anwendungssoftware, darunter FactoryTalk Historian und AssetCentre, HMI, Batch und SQL, auf virtuellen Maschinen installiert. Damit ist das Unternehmen nun in der Lage, mehrere virtuelle Maschinen auf nur einem Server auszuführen. Dieser Server läuft innerhalb einer Gruppe bestehend aus drei Servern, die in virtuelle Maschinen aufgeteilt werden und gleichzeitig für Redundanz sorgen. Das bringt erhebliche Ersparnisse bei Server-/PC-Hardware, Platz, Energie- und Wartungskosten. „Da die komplette Installation erst seit Mitte 2014 betriebsbereit ist, können wir zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht so viel zu den potenziellen Einsparungen in punkto Rohstoffverbrauch und Abfallverringerung sagen“, sagt Nomden.

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