Fachbeitrag Kommunales Ladesäulenkonzept

publish-industry Verlag GmbH

Gesamtverkehrskonzept: Die Integration von Elektromobilität muss im Einklang mit dem Aufbau einer öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur forciert werden.

Bild: SWD
04.04.2014

Der Aufbau und Betrieb einer (halb-)öffentlichen Ladeinfrastruktur ist in den nächsten Jahren betriebswirtschaftlich nicht gewinnbringend. Jedoch wird es ohne ein Mindestangebot an Ladesäulen keine Akzeptanz für Elektroautos geben. Mit einem effizienten, kommunalen Ladesäulenkonzept kann das „Henne-Ei-Prinzip“ aufgelöst werden.

In Großstädten ist die Problematik der verkehrsbedingten Lärm- und Schadstoffemissionen längst bekannt. Elektromobilität kann einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Situation nachhaltig zu sichern und sogar zu verbessern.

Grundsätzlich haben Elektrofahrzeuge Vorteile, sofern diese mit Ökostrom betrieben werden: sie reduzieren nämlich sowohl CO2-Emissionen als auch die Abhängigkeit von Ölimporten. Für Städte und Kommunen birgt der Einsatz von Elektromobilität darüber hinaus weitere Potenziale. Elektrofahrzeuge haben ein umweltfreundliches und innovatives Image. Ihr Einsatz im Straßenverkehr trägt zu einem moderneren Stadtbild bei.

Der Erfolg von Betreibern diverser Carsharing-Angebote lässt auf ein Umdenken bei vielen Pkw-Nutzern speziell in städtischen Räumen schließen. Viele Menschen legen keinen großen Wert mehr darauf, ein eigenes Fahrzeug zu besitzen. Vielmehr bevorzugen sie es, flexibel auf einen Pool von Fahrzeugen zugreifen zu können. Gerade stationäres Carsharing eignet sich daher für den Einsatz von Elektroautos. Folglich können durch die Wahl der Stationen multimodale Verkehrskonzepte besser umgesetzt werden – das heißt, das Anbinden des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) an den Individualverkehr. Wird Elektromobilität geschickt in ein Gesamtverkehrskonzept integriert, kann damit der Verkehr in Ballungszentren entlastet und Emissionen reduziert werden. Mobilität im urbanen Bereich wird zunehmend flexibler. All das trägt zu einer verbesserten Lebensqualität in Städten und Kommunen bei.

Die Potenziale von Elektrofahrzeugen können allerdings nur dann ausgeschöpft werden, wenn die Restriktionen beachtet werden, die diese Technologie mit sich bringt. Während die noch relativ geringe Reichweite der Elektroautos von bis zu 140 km für den städtischen Einsatz völlig ausreichend ist, stellen lange Ladedauern von bis zu 8 Stunden ein Problem dar, welches beim Tanken mit Benzin nicht auftritt. Die Integration von Elektromobilität muss daher immer im Einklang mit dem Aufbau einer öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur forciert werden. Dies schafft bei potenziellen Nutzern die notwendige Akzeptanz für Elektrofahrzeuge, da sie dadurch die Möglichkeit erhalten, ihr Fahrzeug an diversen Standorten laden oder zwischenladen zu können.

Auf Elektromobilität vorbereiten

Der Markt für Elektromobilität befindet sich in Deutschland weitestgehend noch in der Entwicklungsphase. So erfolgte bislang der Aufbau öffentlicher Ladeinfrastrukturen meistens im Rahmen von Forschungsprojekten in Modellregionen. Die wenigen bisherigen Standortkonzepte für Ladeinfrastrukturen basieren teilweise auf Ergebnissen von Verkehrssimulationsmodellen. Dieser Ansatz zum Aufbau einer Ladeinfrastruktur benötigt jedoch eine breite Datenbasis, die nicht jeder Kommune zugänglich oder gar vorhanden ist.

Im Laufe des Jahres 2014 kommen eine Reihe neue, unter anderem deutsche Elektrofahrzeuge auf den Markt. Nach Einschätzung der NPE (Nationale Plattform für Elektromobilität) beginnt damit die Markthochlaufphase der Elektromobilität. Kommunen und Städte sollten sich daher frühzeitig mit dem Thema Elektromobilität befassen und Konzepte zu deren Integration in den Verkehrsraum entwickeln.

Rahmenbedingungen eines Konzepts

Die Stadtwerke Düsseldorf haben ein Elektromobilitätskonzept zum Aufbau einer kommunalen Ladeinfrastruktur entwickelt. Dabei stehen insbesondere (halb-)öffentlich zugängliche Ladesäulen im Fokus. Der Bedarf an Lademöglichkeiten im privaten Raum lässt sich individuell ermitteln und die Kosten zum Errichten eines Ladepunktes sind überschaubar. Im öffentlichem Raum hingegen ist die Installation von Ladesäulen kostenintensiv und benötigt ein aufwendiges Bauvorhaben sowie
Genehmigungsverfahren. Im Vergleich zur privaten Infrastruktur wird der allgemeine Bedarf an öffentlichen Ladestationen in der Zukunft wesentlich geringer eingeschätzt. Aus heutiger Sicht wird davon ausgegangen, dass Nutzer von Elektrofahrzeugen in der Regel über einen eigenen Stellplatz und somit eine Lademöglichkeit im privaten Raum verfügen. Für die durchschnittlich zurückgelegte Strecke mit dem Pkw (41 km nach MID2008) wären Ladevorgänge am eigenen Stellplatz über Nacht völlig ausreichend.

Ein Fokus auf den privaten Bereich alleine hätte allerdings zur Folge, dass „Laternenparker“ keine Möglichkeiten geboten würden, elektrisch mobil zu sein beziehungsweise zu werden. Eine Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum effizient zu platzieren, ist daher absolut notwendig. Die wesentlichen Bestandteile des entwickelten Konzepts sind:

  • die Bestandsaufnahme bereits vorhandener Ladeinfrastruktur

  • die Prognose für den Bedarf weiterer Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge

  • ein Standortkonzept für Ladesäulen

In einigen Städten gibt es inzwischen mehrere Ladesäulenbetreiber. Ein wichtiger erster Schritt des Elektromobilitätskonzepts ist daher, die bereits installierte Ladeinfrastruktur zu erfassen. Ein späterer Vergleich mit den ermittelten Standorten zeigt, wo verstärkter Handlungsbedarf beim Aufbau von Ladesäulen besteht und wo bereits wichtige Standorte erschlossen wurden. Zum Einschätzen des Bedarfs an Ladepunkten stehen verschiedene Ansätze zur Auswahl:

  • Ein Modell der NPE sieht eine flächendeckende Platzierung von Ladesäulen vor, die sich nach der Bevölkerungsdichte richtet.

  • Eine weitere Möglichkeit ist, anhand von Verkehrssimulationsmodellen häufig genutzte Parkflächen mit entsprechenden Pkw-Standzeiten mit Lademöglichkeiten auszustatten.

Beide Ansätze bergen allerdings Nachteile beziehungsweise Probleme beim Umsetzen. Zu 1: Eine Korrelation zwischen der Bevölkerungsdichte und dem Bedarf an Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum ist eher kritisch zu betrachten. Zwar erwarten Experten in Großstädten die meisten Elektrofahrzeuge. Eine starre, nach den Einwohnerzahlen einer Region gerichtete Platzierung von Ladesäulen kann aber zu Fehlinvestitionen führen, da das Nutzerverhalten unberücksichtigt bleibt.
Zu 2: Das Verkehrssimulationsmodell liefert für die Standortplanung sicherlich gute Ergebnisse; es bringt jedoch das Problem mit sich, dass die dafür benötigte Datenbasis nicht jeder Kommune zur Verfügung steht.

Elektromobilitätskonzept

Bei dem von den Stadtwerken Düsseldorf entwickelten Elektromobilitätskonzept wird der Bedarf an Ladesäulen im öffentlichen Raum aus der regionalen Marktentwicklung der Elektro- und Hybridfahrzeuge hergeleitet. Die zukünftige Anzahl an Elektrofahrzeugen wurde mit Hilfe einer Zeitreihenentwicklung der Zulassungszahlen der letzten Jahre prognostiziert. Nach Einschätzungen der NPE werden im städtischen Bereich etwa 0,12 Ladepunkte pro Elektrofahrzeug benötigt. Den Bedarf an Ladesäulen lässt sich somit aus der Prognose für Elektrofahrzeuge herleiten.

Eine aussichtsreiche Zielgruppe für Elektroautos sind Pendler. Diese zu berücksichtigen, verbessert die Genauigkeit der Prognose. Die Anzahl der einpendelnden Elektrofahrzeuge lassen sich etwa aus den ein- und ausgehenden Verkehrsströmen ableiten. Aus dem Anteil der lokal zugelassenen Elektrofahrzeuge und dem Pendlersaldo der Pkw lassen sich ankommende Elektrofahrzeuge in der betrachteten Region abschätzen.

Zum Identifizieren von Ladesäulenstandorten haben die Entwickler des Standortkonzepts einen qualitativen Ansatz gewählt. Anhand von ausgewählten Zielgruppen wie etwa Pendler oder Nutzern von stationären Carsharing-Angeboten haben sie potenzielle Parkflächen ermittelt, die mit Ladesäulen ausgestattet werden können. In dem entwickelten Konzept wurden so folgende Standorte im öffentlichen und halböffentlichen Raum betrachtet:

  • Park&Ride-Anlagen

  • Parkplätze von stationären Carsharing-Angeboten

  • Großparkplätze in der Nähe von Wohn- und Gewerbegebieten

  • Fachmarktstandorte

Die Parkdauer der Fahrzeugnutzer an den ausgewählten Standorten sollte lang genug sein für einen vollständigen Ladevorgang. Auch sind bei der Standortplanung die Auflagen der jeweiligen Kommunen zu berücksichtigen. In Großstädten ist die Parkraumsituation äußerst angespannt. Verkehrsplaner befürchten daher, dass mit Ladepunkten ausgestattete Parkplätze von Elektrofahrzeugen über einen längeren Zeitraum blockiert werden (siehe London); was letztendlich eine hochfrequentierte Nutzung der Parkanlagen erschwert. Hier sollte der Dialog mit der Verkehrsplanung gesucht werden, um bei der Wahl der Standorte Konflikte zu vermeiden. Auskunft über die Lage der Parkplätze liefert das Kartenmaterial des Stadtplanungsamts. Darin eingetragene ausgewählte Standorte machen die Planung des Aufbaus der Ladeinfrastruktur übersichtlich.

Aspekte des Standortkonzepts

Das Standortkonzept der Stadtwerke Düsseldorf beinhaltet viele positive Aspekte, die für das Entwickeln und Umsetzen einer Ladeinfrastruktur relevant sind:

  • kostengünstige Entwicklung des Konzepts

  • verwendete Daten sind bereits vorhanden und in der Regel frei zugänglich

  • bedarfsgerechtes Verteilen der Ladestationen

  • Vorgaben der Stadt können berücksichtigt werden

  • es besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, die geplanten Ausbaumaßnahmen umzusetzen

  • Konzept ist übertragbar auf verschiedene Kommunen und Städte.

Der größte Vorteil besteht darin, dass sich die Vorgehensweise zum Verteilen der Ladepunkte auf jede beliebige Stadt oder Kommune übertragen lässt. Das verwendete Material in Form von Karten aus der Stadtplanung und Zulassungszahlen von Elektrofahrzeugen liegt den zuständigen Ämtern vor und ist kostenfrei verfügbar. Damit ist der Aufwand überschaubar, die für das Konzept erforderlichen Daten zu beschaffen. Dadurch, dass die vorgesehene Anzahl der zu installierenden Ladesäulen sich an den Zulassungszahlen der Elektrofahrzeuge orientiert und bei der Standortplanung das Nutzerverhalten von Elektrofahrzeugbesitzern berücksichtigt wird, wird eine bedarfsgerechte Verteilung der Ladepunkte erreicht. Mit dem vorhandenen Kartenmaterial werden Parkflächen aufgezeigt, die bevorzugt mit Ladeinfrastruktur ausgestattet werden sollten. Dazu gehören Parkplätze die aufgrund ihrer Lage zu Wohn-, Gewerbegebieten und weiteren Standorten wie Freizeitanlagen hohe Verkehrsströme anziehen.
Durch den Dialog mit dem Straßenverkehrsamt und der Stadtplanung lassen sich Interessenskonflikte schon während der Planung der Ladeinfrastruktur vorbeugen. Oftmals können attraktiv erscheinende Standorte durch Auflagen der Stadt nicht mit Ladesäulen ausgestattet werden. Wiederum kann die Stadt ihrerseits geeignete Standorte aufzeigen und das Konzept in seiner Entwicklung vorantreiben. Bei einer offenen Kommunikation zwischen den Ladesäulenbetreibern und der Stadt kann die Standortplanung effizienter erfolgen und der Ausbau von Ladesäulen schneller umgesetzt werden.

Ungelöste Probleme

Neben den positiven Aspekten des entwickelten Konzepts gibt es auch Probleme, für die das Konzept zurzeit keine Lösung vorsieht. Das Elektromobilitätskonzept löst nicht die Problematik, dass der Betrieb von Ladesäulen mit den bisherigen Geschäftsmodellen vorläufig unwirtschaftlich bleibt. Obwohl aufgrund der getroffenen Annahmen und der im Fokus stehenden Zielgruppen eine bessere Auslastung der Ladestationen erfolgt, wird mittelfristig nicht genug Strom abgesetzt, um einen kostendeckenden Betrieb zu ermöglichen.

Ein weiteres Problem stellt die Validierung der gewählten Standorte dar. Diese erscheint zwar aus heutiger Sicht und nach den neuesten Erkenntnissen über Elektromobilität als sinnvoll. Allerdings ist aufgrund geringer Erfahrungswerte und Zeiträume sowie der noch bevorstehenden tendenziell steigenden Entwicklung von Elektrofahrzeugen im Straßenverkehr momentan keine Überprüfung möglich, ob die aufgestellten Ladesäulen tatsächlich optimal platziert wurden.

Dynamische Integration

Das Elektromobilitätskonzept liefert einen ersten umfangreichen Ansatz zur Integration von Elektromobilität in den Verkehrsraum und bietet vielerlei Erweiterungsmöglichkeiten. Die Prognosen lassen sich unter Einbeziehung von Faktoren wie etwa dem Ölpreis, der Batteriekosten für die Fahrzeuge und den Stromkosten erweitern und zu einem dynamischen Modell zum Einschätzen der Marktentwicklung nutzen. Weitere Standorte für Ladesäulen können herangezogen werden. Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbäder, Parks, Kinos, Museen oder Zoos würden ebenfalls ausreichende Verweildauern aufweisen, um das Laden von Elektrofahrzeugen zu ermöglichen.

Die Prognosen für die Marktentwicklung der Elektrofahrzeuge im Raum Düsseldorf haben gezeigt, dass zurzeit ein massiver Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht notwendig erscheint, weil die Stadt das dichteste Netz bezogen auf die Einwohnerzahl in Deutschland hat. Dennoch wird die Entwicklung aufmerksam beobachtet, um die zukünftigen Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und die notwendigen Schritte einzuleiten.

Verwandte Artikel