Kunststoff-Recycling Sieben Fraunhofer-Institute starten Leitprojekt „Waste4Future“

CO2 so lange wie möglich im Wertstoffkreislauf zu halten, kann die Chemieindustrie um einiges umweltfreundlicher machen.

Bild: Fraunhofer IMWS
07.05.2021

Von der Rohstoffbasis über die Verfahrenstechnik bis zum Lebensende eines Produkts: Sieben Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft bündeln in „Waste4Future“ ihre Kompentenzen, um neue Lösungen zum Kunststoff-Recycling zu entwickeln. Ziel ist eine Chemieindustrie, die deutlich weniger fossile Rohstoffe benötigt.

Ohne Kunststoffe wie Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) oder Polystyrol (PS) wären viele Alltagsprodukte und moderne Technologien undenkbar. Der im Kunststoff enthaltene Kohlenstoff ist dabei eine wichtige Ressource für die chemische Industrie.

Gelänge es nämlich, solche kohlenstoffhaltigen Bestandteile in Abfällen zu erkennen, besser zu verwerten und daraus wieder hochwertige Ausgangsmaterialien für die Industrie herzustellen, ließe sich der Kohlenstoff im Kreislauf halten und der Bedarf an fossilen Ressourcen reduzieren. Die Folge: geringere CO2-Emissionen, weniger Plastikmüll. Zugleich verbessert sich die Versorgungssicherheit der Industrie, weil eine zusätzliche Kohlenstoffquelle erschlossen wird.

Ressourcengewinnung aus Abfall

Im Leitprojekt „Waste4Future“ sollen deshalb neue Möglichkeiten für das Recycling von Kunststoffen geschaffen werden, um den darin enthaltenen Kohlenstoff als grüne Ressource für die Chemieindustrie bereitzustellen. „Wir bahnen somit den Weg für eine Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft, in der aus Kunststoffabfällen wertvolle neue Basismoleküle gewonnen und Emissionen weitgehend vermieden werden“, sagt Sylvia Schattauer, stellvertretende Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, das die Federführung für das Projekt hat. „Der Abfall von heute wird zur Ressource von morgen.“

Ergebnis des bis Ende 2023 laufenden Projekts sollen innovative Recyclingtechnologien für komplexe Abfälle sein, mit denen sich hochwertige Rezyklate gewinnen lassen. Schattauer: „Mit dem Know-how der beteiligten Institute wollen wir zeigen, wie das umfassende Recycling von kunststoffhaltigen Abfällen ohne Verlust von Kohlenstoff durch ineinandergreifende, vernetzte Prozesse möglich und schlussendlich auch wirtschaftlich ist.“

Weg von thermischer Verwertung

Konkret planen die Projektpartner die Entwicklung eines ganzheitlichen, entropiebasierten Bewertungsmodells, das die bis dato prozessgeführte Recyclingkette zu einer stoffgeführten Kette reorganisiert. Eine neuartig geführte Sortierung soll erkennen, welche Materialien und insbesondere welche Kunststofffraktionen im Abfall enthalten sind.

Aufbauend auf dieser Analyse wird der Gesamtstrom dann getrennt und für die entstehenden Teilströme zielgerichtet entschieden, welcher Weg des Recyclings für diese spezifische Abfallmenge der technisch, ökologisch und ökonomisch sinnvollste ist. Was sich mittels werkstofflichen Recyclings nicht weiternutzen lässt, steht für chemisches Recycling zur Verfügung – stets mit dem Ziel des maximal möglichen Erhalts von Kohlenstoffverbindungen. Eliminiert werden soll hingegen die thermische Verwertung kunststoffhaltiger Abfälle am Ende der Kette.

Ziele und Hürden

Zu den Herausforderungen für Forschung und Entwicklung gehören die komplexe Bewertung sowohl von Input-Materialien als auch von Rezyklaten nach ökologischen, ökonomischen und technischen Kriterien. Das werkstoffliche Recycling gilt es zu optimieren, Verfahren und Technologien für die Schlüsselstellen der stofflichen Nutzung von Kunststofffraktionen müssen etabliert werden.

Außerdem ist geeignete Sensorik zu entwickeln, die Materialien im Sortiersystem zuverlässig identifizieren kann. Dabei kommen auch Methoden des maschinellen Lernens zum Einsatz, und es wird eine Verknüpfung mit einem digitalen Zwilling angestrebt, der die Eigenschaften der prozessierten Materialien repräsentiert.

Ein weiteres Ziel des Projekts ist die automatisierte Optimierung der Formulierungsentwicklung von Rezyklaten aus unterschiedlichen Stoffströmen. Nicht zuletzt erfolgt eine ökonomische Bewertung der neuen Recyclingprozesskette, beispielsweise hinsichtlich der Auswirkungen steigender Preise für CO2-Zertifikate oder neuer regulatorischer Vorgaben. Das Projektkonsortium will zudem umfassende Ökobilanzstudien für die einzelnen Recyclingtechnologien durchführen, um potenzielle Umweltrisiken und Chancen aufzuzeigen.

Zusammenarbeit mit der Industrie

Für die Entwicklung der entsprechenden Lösungen stehen die beteiligten Fraunhofer-Institute in engem Austausch mit Unternehmen aus der Chemieindustrie und Kunststoffverarbeitung, der Abfallwirtschaft, dem Recycling-Anlagenbau und dem Recycling-Anlagenbetrieb. So sollen auch zielgerichtet Bedarfe der Industrie berücksichtigt und Chancen auf eine schnelle Umsetzung der erzielten Ergebnisse erhöht werden.

Am „Waste4Future“-Projekt beteiligt sind:

  • Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS

  • Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP

  • Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS

  • Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB

  • Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR

  • Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF

  • Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV

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