Krachend schließt sich die Tür. Es ist eng und stickig und der Klettergurt sitzt stramm am Körper. Durch das kurze Klicken des Sicherungsseils bekommt man ein gewisses Maß an Sicherheit in der Zwei-Mann-Aufstiegshilfe, die einen ruckelnd nach oben auf die über 100 Meter hohe Anlage bringt. Nun ist lediglich das leichte Prasseln des Regens und das Knarzen des Lifts zu hören, sonst herrscht Stille im Turm.
Grenzenlose Freiheit
Der Anlagenführer legt sich den Klettergurt an und gibt eine Kurzeinweisung: „Passen Sie bitte auf, dass Sie immer gesichert sind und nehmen Sie den Helm in der Anlage nicht ab.“ Und dann geht es auch schon nach oben. Ein ziemlich aufregendes Gefühl, da die kleine Kabine nichts für Klaustrophobiker ist. Als der Lift nun oben an der Gondel der Windkraftanlage in Bremen ankommt, kann man kurz aufatmen. Jedoch nicht zu lange, da die Gondel platzmäßig der Aufstiegshilfe in nichts nachsteht – und plötzlich wird einem auch bewusst, warum man den Helm benötigt. Durch die Enge in der Gondel ist klettern gefragt und durch den Helm erspart man sich einige schmerzhafte Beulen am Kopf.
Neue gegen alte Energie
Gefüllt mit Antrieb, Umrichter, Schaltschrank und vielen weiteren technischen Features, bleibt nicht mehr viel Platz, um zwei Menschen zu beherbergen. Jedoch lohnt sich der Aufstieg alleine schon wegen dem Blick in den Schaltschrank. Dort sind viele Komponenten vertreten: Pilz, Puls, ABB und Siemens sind nur ein paar Hersteller, die zu nennen sind. Endlich kommt der langersehnte Moment aus dem kleinen Fenster auf Kopf der Gondel zu blicken. Von über 100 Meter Höhe hat man einen wunderbaren Blick auf die Weser. Jedoch trübt sich hier auch das Bild der sauberen Energie: Von dort oben ist nämlich auch die Kohle-Verschiffung sehr gut zu sehen. Was das Bild noch verstärkt, ist der einsetzende Regen und der graue Himmel über der Hansestadt.
Zurück zur Erde
Auch beim Hinunterfahren mit der Aufstiegshilfe setzt das mulmige Gefühl im Magen wieder ein. Aber sobald man das mittlerweile vertraute Klicken des Sicherheitsseiles hört, kann man ein bisschen aufatmen. Der Anlagenführer beginnt mit dem Abstieg zu Fuß den Turn hinunter – und ist schneller am Ziel als der Lift. Unten angekommen, darf man endlich aus dem engen Klettergurt aussteigen und betritt wieder festen Erdboden unter den Füßen. Unten, schaltet der Anlagenführer die Windkraftanlage in Betrieb. Durch die Tür am Eingang zur Anlage strahlt einem die Sonne zwischen den grauen Regenwolken entgegen und ein leichtes Lüftchen hilft der Anlage wieder in Schwung zu kommen.
Repowering-Projekte
Beim Blick über das Gelände, wo die bestiegene Windkraftanlage steht, fällt auf, dass viele demontierte Anlagen auf der Erde liegen – teils in einem schlechten, teils in einem sehr guten Zustand. Auf die Frage, was mit diesen Anlagen passiert, antwortet WPD-Pressesprecher Christian Schnibbe folgendermaßen: „Das sind vor allem abgebaute Anlagen aus Repowering-Projekten, die hier bei der Deutschen Windtechnik auseinandergenommen, gereinigt, gegebenenfalls repariert und wieder zusammengesetzt werden.“ Die Deutsche Windtechnik ist auf die technische Instandhaltung von Windenergieanlagen spezialisiert. Seit Jahren unterstützt das Unternehmen Betreiber und Investoren beim Rückbau und der weiteren Verwertung von Windparks. Über 150 Anlagen sind bereits abgebaut und vermarktet worden. Ziel ist es, die funktionierende Anlagentechnik maximal zu nutzen, sowie Planungssicherheit in Bezug auf die Altanlagenverwertung zu erreichen. Aktuell wird der Abbau und Verkauf von 40 weiteren Anlagen abgewickelt oder vorbereitet. „Diese Anlagen liefert das Unternehmen dann in osteuropäische oder afrikanische Länder – also in Länder, in denen Anlagen der früheren Generationen sehr gut zur Netzinfrastruktur passen oder wo sie aus Kostengründen nachgefragt sind“, so Schnibbe.
Alle Anlagen im Blick
Die letzte Station auf der Reise ist die Leitwarte. Von dort aus können alle Windparks überwacht und teilweise auch ferngewartet werden. Im Dreischichtbetrieb werden 24 Stunden, sieben Tage die Woche alle Meldungen bei den WPD Windmanager behandelt. Seit 1998 übernimmt das Schwesterunternehmen von WPD alle Aufgaben, die im Zusammenhang mit der kaufmännischen und technischen Betriebsführung von Windparks stehen. Zu den Kunden gehören Fondsgesellschaften, nationale und internationale Investorengruppen sowie institutionelle Anleger. Neben Deutschland sind die WPD Windmanager in Belgien, Frankreich, Kroatien, Polen, Finnland, Kanada und in Asien in Taiwan tätig. Die Betriebsüberwachung beinhaltet die technische Verantwortlichkeit für den Betrieb der WEA und der dazugehörigen Infrastruktur. Die Datenfernüberwachung erfolgt dabei mittels einer mit Drehpunkt zusammen entwickelten herstellerunabhängigen Soft- und Hardware, über die die Anlagen einschließlich der Kommunikationseinrichtungen laufend auf ihren störungsfreien Betrieb überprüft werden. Insbesondere die Kommunikationsanbindung ist von zentraler Bedeutung, da bei einem Ausfall keine gesicherte Aussage über den Zustand des zu überwachenden Anlagenbestandes getroffen werden kann.
Störungsmanagement ist alles
Ein wesentlicher Arbeitsschritt der Leitwarte ist der Umgang mit Fehler- und Störungsmeldungen und die darauffolgende Kommunikation mit dem Serviceunternehmen. Alle über die Kommunikationsanbindung eingehenden Daten der überwachten Windenergieanlagen werden zunächst nach folgenden Kriterien klassifiziert:
Stillstandsmeldungen: Automatische Fehlerquittierung, Fehlerquittierung über Fernwirktechnik und manuelle Fehlerquittierung
Warnmeldungen: Ausfallkritisch, nicht ausfallkritisch
Abweichung in der Leistung
Nach der Klassifizierung werden die unterschiedlichen Ereignisse priorisiert und eine Abarbeitungsreihenfolge festgelegt. Die Priorisierung erfolgt dabei unter Berücksichtigung anlagenspezifischer Parameter wie Anlagentyp, Nennleistung, Windgeschwindigkeit am Standort und dem daraus resultierenden Ertragsausfall.
Die Fehlerbeseitigung erfolgt in enger Abstimmung mit dem zuständigen Serviceunternehmen. Dabei wird zunächst geprüft, ob die Anlage über die Fernwirktechnik des Serviceanbieters zurückgesetzt und neu gestartet werden kann. Sollte ein Vor-Ort-Einsatz notwendig sein, obliegt es der Leitwarte, Einsätze von Serviceunternehmen an den Anlagen zu koordinieren.
Durch das Berücksichtigen von Wetterprognosen lassen sich so unnötige Ertragsverluste durch Wartezeiten oder zusätzliche Kosten durch Wochenendzuschläge vermeiden.