Lockout-Tagout-System Sicher durch Ausschließen

Ein Lockout-Tagout-System ermöglicht effizientere Wartungsvorgänge.

Bild: iStock, tiero
11.10.2016

Befindet sich ein Mensch in einer Anlage, muss ihr Stillstand garantiert sein. Manche Sicherheitslösungen nehmen dafür die komplette Anlage von Stromnetz, was einen aufwendigen Wiederanlauf nach sich zieht. Ein Lockout-Tagout-System ermöglicht effizientere Wartungsvorgänge. Bei einem Verpackungshersteller ist es bereits im Einsatz.

Per Gesetz schreibt die Maschinenrichtlinie eine Risikoanalyse und die Bewertung des jeweiligen Sicherheitsbedarfs einer Anlage vor. Diese orientieren sich an dem internationalen Standard ISO 12100 bzw. den maschinenspezifischen C-Normen. Das Ergebnis sind qualitative Anforderungen an die Sicherheitskreise, die ergänzt werden durch detaillierte nationale Gesundheits- und Sicherheitsstandards im Arbeitsschutz. In den USA sind das beispielsweise die Normen der OSHA (Occupational Safety and Health Association). „Auf Basis der Analysen ergibt sich für jede Anlage ein bestimmtes Sicherheitsrisiko“, sagt Stefan Euchner,Geschäftsführender Gesellschafter beim Schaltgerätehersteller Euchner. „Mit unseren integrierten Sicherheitssystemen helfen wir dabei, das Risiko zu minimieren und dabei die beste Effizienz zu gewährleisten. Im Ergebnis lässt sich die höchste Sicherheitsstufe, der Performance-Level e, realisieren.“

Hersteller haften für Maschinensicherheit

Beim klassischen Lockout-Tagout-System muss der Bediener oder Servicetechniker an einer zentralen Stelle sein persönliches Schloss anbringen, sodass keine andere Person in der Lage ist, die Maschine einzuschalten. Dieses System ist vor allem im angloamerikanischen Raum weit verbreitet, wo sich Unternehmen damit gegen Schadensersatzklagen mit hohen Entschädigungssummen absichern – ein Aspekt, der angesichts sinkender Ausbildungsstandards bei Maschinenführern in diesen Ländern immer wichtiger wird. Auch Schubert, Hersteller von Top-Loading-Verpackungsmaschinen, erhält seit einigen Jahren verstärkt Anfragen nach Lockout-Tagout. „Obwohl unsere Verpackungsmaschinen durch die Schutztüren aus Plexiglas gut einsehbar sind, kann es aufgrund großer Aggregate oder Verbauungen im Innenleben immer verdeckte Bereiche geben“, sagt Siegfried Rottler, Gruppenleiter Steuerungstechnik bei Schubert in Crailsheim. „Im ungünstigsten Fall könnte jemand, der sich in der Maschine aufhält, übersehen und verletzt werden.“ Dadurch könnten für ein Unternehmen hohe Schadensersatzforderungen entstehen.

Als Maschinenhersteller ist Schubert vertraglich verpflichtet, für die Sicherheit der Maschinen zu garantieren. Doch von der Verlässlichkeit der von Kunden vorgeschlagenen Systeme waren die Experten von Schubert in der Vergangenheit oft nicht überzeugt. Hinzu kam der Verlust an Produktivität. Bei einer Maschine mit einer Störung pro Stunde reduziert sich durch herkömmliche Systeme die Produktionseffizienz um circa drei Prozent. Dies liegt daran, dass bei klassischen Lockout-Tagout-Systemen die elektrische Spannung abgeschalten wird, um zu verhindern, dass die Maschine während des Wartungsvorgangs anlaufen kann. Wenn die Maschine anschließend neu hochgefahren werden muss, kann die damit verbundene Produktionsunterbrechung bis zu 30 min in Anspruch nehmen.

Sicher, effizient, vernetzt

Siegfried Rottler von Schubert machte sich gemeinsam mit Geschäftsführer Ralf Schubert auf die Suche nach einer Alternative zum klassischen Lockout-Tagout-System mit Vorhängeschloss. Die Wahl fiel auf ein System des Sicherheitstechnik-Experten Euchner, zu dem bereits Kontakte bestanden. Deren proprietäre Lösung wird als CKS – Coded Key System – bezeichnet. Elektronische, einmalige Schlüssel übertragen ihre Daten kontaktlos zur Schlüsselaufnahme. Während der Produktion sind alle Schlüssel gesteckt. Nach dem Stoppen der Maschine und vor dem Öffnen einer Schutztür können sich Bediener und Servicetechniker schützen, indem sie einen der Schlüssel an sich nehmen. Die Maschine kann erst eingeschaltet werden, wenn alle zuvor entnommenen Schlüssel wieder in ihrer Schlüsselaufnahme stecken.

Das CKS hat Euchner speziell für Schubert mit einer integrierten AS-i Safety at Work Schnittstelle ergänzt. AS-i steht für „Actuator Sensor Interface“ und bezeichnet ein System, das Aktoren und Sensoren über ein einheitliches Bus-System effizient miteinander verbindet. So lassen sich Zustände der Maschine und Rückmeldungen über die Sensorik an die Steuerung abfragen. Am Beispiel von Schubert wird dazu eine Ringleitung an der Anlage gezogen und mit der Steuerung verknüpft, um schließlich den Sensor auf das Bus-System aufzuschalten. Als Ersatz für die einzelne Verdrahtung jeder Komponente spart dieses System Aufwand und bietet hohe Sicherheit.

Erhöhte Manipulationssicherheit

Das CKS ist ein RFID-System mit elektronischen Kodierungsmöglichkeiten. Zugrunde liegt die Transpondertechnologie, bei der eingehende Signale drahtlos übertragen werden. Das System erzeugt dazu mittels Induktion ein Spannungsfeld, das auf den Schlüssel übertragen wird. Über eine Spule, die in den Schlüssel eingebaut ist, ist es in der Lage, den über Radiowellen gesendeten Code mit dem Schlüssel auszutauschen. Am eindeutigen Code erkennt das CKS, wenn der richtige Schlüssel gesteckt ist, das heißt der Schlüssel, der zuvor als Einziger für das System eingelernt wurde.

Mit einem CKS entfällt nicht nur die 30-minütige Produktionsunterbrechung, sondern es erhöht gleichzeitig die Sicherheit im Vergleich zu klassischen Lockout-Tagout-Systemen mit Schloss. Der Grund: Beim CKS ist kein Duplikat möglich. Schlüssel klassischer Schlosssysteme sind grundsätzlich duplizierbar. Sie können verloren gehen oder unerlaubt nachgemacht werden. Unternehmen müssen deshalb Schutzmaßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass ein Schlüssel mit gleicher Nummer auftaucht. Ein gleichwertiger Schutz wie mit dem CKS von Euchner ist mit konventionellen Schlosssystemen also nur durch hohen organisatorischen Aufwand erzielbar. Beim CKS muss dagegen jeder elektronische Schlüssel an der Stelle seines Einsatzes „eingelernt“ werden. Die Schlüssel sind also Unikate. Der einmalige Code stellt sicher, dass es weltweit keinen Doppelgänger des elektronischen Schlüssels gibt. Wenn man einen neuen Schlüssel für das System einlernt, wird der bisherige ungültig gemacht. Die Möglichkeiten unerlaubter Manipulation sind folglich sehr gering.

In etwa 30 Prozent der TLM-Maschinen von Schubert sind bereits Lockout-Tagout-Systeme eingebaut, mit deutlich steigender Tendenz. Die Systeme werden von Euchner vorgefertigt und durch Schubert an die individuelle Ausprägung der Maschine angepasst. Gemessen an einem Produktionsausfall von 30 Minuten nach jeder Wartung, rechnen sich die Ausgaben für die Anpassung innerhalb kürzester Zeit.

In allen Branchen einsetzbar

Das Lockout-Tagout-System von Euchner ist weltweit in den verschiedensten Industriezweigen im Einsatz. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass es ganz unterschiedliche Aufgaben lösen kann. Beispielsweise ist mit ihm – im Gegensatz zur Verwendung bei Schubert – auch eine gezielte Zuschaltung einzelner Einheiten zum Produktionsprozess möglich. In dieser Rolle stellt es sicher, dass nur dazu berechtigte Personen die Maschineneinstellungen verändern können.

Bildergalerie

  • Vor dem Öffnen einer Schutztür können sich Bediener sicher schützen, indem sie einen der Schlüssel der Lockout-Tagout-Lösung von Euchner an sich nehmen.

    Vor dem Öffnen einer Schutztür können sich Bediener sicher schützen, indem sie einen der Schlüssel der Lockout-Tagout-Lösung von Euchner an sich nehmen.

    Bild: Euchner

  • Das CKS von Euchner besitzt neben einem Reset-Schalter eine Anzeige, die je nach Zustand der Maschine weiß, blau, rot, grün oder gelb aufleuchten kann. Unten in Rot sehen Sie den entnehmbaren Schlüssel.

    Das CKS von Euchner besitzt neben einem Reset-Schalter eine Anzeige, die je nach Zustand der Maschine weiß, blau, rot, grün oder gelb aufleuchten kann. Unten in Rot sehen Sie den entnehmbaren Schlüssel.

    Bild: Euchner

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