Messtechnik & EMV Magnetische Sensor-Technologien


Berthold Astegher, Infineon

09.09.2013

Sensoren für die Messungen magnetischer Felder begleiten uns in vielfältiger Form. Neben den altbewährten Hallsensoren eröffnen Magneto-Resistive-Verfahren (xMR) leistungsfähige Lösungen für die Messungen von Position, Winkel, Drehzahl oder Strom. Berthold Astegher, Leiter Application, Concept und System Engineering für Magnet- und Drucksensoren bei Infineon Technologies, schafft Klarheit bei der Einordnung magnetischer Sensor-Technologien.

Klassische Halleffekt-Sensoren sind eine weitgehend ausgereizte Technologie.

Richtig:Hall-Sensorelemente sind eine bewährte und etablierte Technologie. Sie nutzen den Halleffekt zur Messung der magnetischen Flussdichte. Die Integration von Hallelementen in CMOS-Technologie bereitete den Weg für den breiten Einsatz.Da das Hallelement kein ferromagnetisches Material erfordert, hat es eine unbegrenzte Linearität. Allerdings limitieren intrinsische Nachteile wie Offset oder Temperaturdrift die Anwendungen und Leistung. Nur dank aufwändiger elektronischer Kompensationsverfahren wie Spinning-Hall-Technik und Stresskompensation lassen sich hier bessere Spezifikationen erreichen. Diese resultieren dann in einer höheren Genauigkeit und verbesserter Stabilität. Die Empfindlichkeit der Hallelemente jedoch basiert auf der Elektronenmobilität und ist deshalb bei Silizium mit einer nur mittleren Elektronenmobilität von 1.400 cm2�?�V�??1�?�s�??1 limitiert. Eine Erhöhung der Empfindlichkeit wäre nur durch neue Materialien möglich, die jedoch für die CMOS-Technologie nicht zur Verfügung stehen. Damit sind den Hallsensoren Grenzen aufgezeigt, wenn es um sehr präzise und hoch dynamische Applikationen geht. Dennoch kann mit Hallsensoren immer noch ein weites, vielfältiges Anwendungsspektrum abgedeckt werden, ob es sich um relativ einfache Hall-Schalter für Positionserkennungen oder komplexere Hallsensoren für Wegmessungen oder die Messung von Drehbewegungen handelt.

Im Gegensatz zu Hallsensoren sind AMR- und GMR-Sensoren in der Automobilindustrie noch nicht etabliert.

Falsch:Zwar sind AMR und insbesondere GMR im Vergleich zu Hallsensoren relativ neue Technologien, aber mittlerweile bereits seit Jahren in der Industrie- und Automobilelektronik etabliert. Die weniger komplexe AMR-Technologie wird seit mehr als 15 Jahren für die Ermittlung der Radgeschwindigkeit und für die 180°-Winkelmessung im Automobil verwendet. Auch Kraftfahrzeuge mit GMR-Technologie zur 360°-Winkelmessung für Lenkwinkelsensoren oder als Sensoren für die Motorsteuerung sind seit einigen Jahren unterwegs. Infineon war der erste Anbieter mit einer monolithisch integrierten iGMR-Technologie und die Produkte befinden sich seit 2007 in der Volumenfertigung. Die Integration erlaubte die Verwendung der gleichen Gehäuse und die Platzierung des Sensorelements an der gleichen Stelle wie bei herkömmlichen Hallsensoren. Außerdem sichert die monolithische Integration einen hohen Qualitätsstandard.

Magneto-Resistive(xMR)-Technologien bieten signifikante Vorteile im Hinblick auf die Empfindlichkeit gegenüber konventionellen Halleffekt-Sensoren.

Richtig:AMR(Anisotrope Magneto Resistive)-Sensoren bieten beispielsweise mit einer Widerstandsänderung von 2 bis 3 Prozent eine um den Faktor 10 höhere Empfindlichkeit als Hallsensoren. Sie basieren auf der Abhängigkeit des elektrischen Widerstands vom Winkel zwischen Stromfluss und Magnetisierungsrichtung eines ferromagnetischen leitfähigen Materials. Die GMR(Giant Magneto Resistive)-Sensoren basieren auf dem 1988 entdeckten magnetischen Widerstandseffekt in mehrschichtigen Systemen aus mindestens zwei ferromagnetischen und einer metallischen Zwischenschicht. Sie übertreffen die Empfindlichkeit von AMR-Sensoren mit einer Widerstandsänderung von 4 bis 10 Prozent nochmals deutlich.

Für die Anwendung von GMR-Sensoren spricht insbesondere die Möglichkeit, echte 360°-Winkelmessungen durchführen zu können. Mit dem großen Ausgangssignal ist eine sehr hohe Empfindlichkeit verbunden, die Messungen der Erdmagnetfeldstärke ermöglicht. Bedingt durch die hohe Empfindlichkeit lässt sich - im Vergleich zu herkömmlichen Hallsensoren - der Abstand zwischen dem GMR-Sensor und dem Signalgeber vergrößern. Durch das bessere Signal-zu-Rausch-Verhältnis erreicht man bei Raddrehzahlmessungen eine höhere Genauigkeit (insbesondere werden Jitter und Phasengenauigkeit verbessert).

Mit Halleffekt-Sensoren lassen sich keine 3D-Anwendungen adressieren.

Falsch:Aufgrund umfangreicher Forschungsarbeiten ist es gelungen, neuartige Strukturen für vertikale Hallsensoren mit ähnlichen Eigenschaften (Offset, Empfindlichkeit) zu schaffen wie im lateralen Bereich. Damit ist es möglich, Magnetfelder dreidimensional zu vermessen. Dies wiederum erweitert die Möglichkeiten bei der Positions- oder Wegmessung mit Hallsensoren.AMR- und GMR-Sensoren bieten generelle Vorteile für alle Applikationen mit Positions-, Geschwindigkeits-, Winkel- oder Strommessungen.Falsch: AMR-, GMR- aber auch Hallsensoren weisen spezifische Vorteile für die unterschiedlichsten Anwendungen auf. So haben Hallsensoren dank des großen linearen Bereichs durchaus Vorteile bei der Strommessung. AMR bietet für die Winkelmessung ein größeres magnetisches Fenster und eine höhere Genauigkeit im Vergleich zu GMR, ist allerdings auf 180°-Winkelmessungen beschränkt. GMR ist noch empfindlicher als AMR und hat einen einstellbaren linearen Bereich, der eine differentielle Anordnung zur Störfeldunterdrückung ermöglicht. Bei der Winkelmessung ermöglicht GMR 360°-Messungen. Dies ist besonders wichtig für den Einsatz mit BLDC-Motoren für sehr effiziente Antriebslösungen. GMR-Sensoren sind prädestiniert für die Erfassung der Drehzahl. So sind u. a. keine Back-Bias-Magneten für magnetisch kodierte Polräder erforderlich, während das differentielle Konzept von Hallsensoren weiter verwendet werden kann. Das senkt einerseits die Systemkosten und erhöht andererseits die Robustheit gegenüber Streufeldern.

TMR hat das Potenzial, AMR- und GMR-Sensoren zukünftig abzulösen

Richtig:Neben AMR und GMR sind weitere Magneto Resistive-Technologien wie TMR (Tunnel Magneto Resistive) oder CMR (Colossale Magneto Resistive) in der Entwicklung. Dabei wird TMR in Festplatten-Leseköpfen bereits eingesetzt, während Infineon die monolithische Integration voran treibt. Der TMR-Effekt tritt - ähnlich wie bei GMR - in Schichtsystemen mit mindestens zwei ferromagnetischen und einer Isolationsschicht dazwischen auf. Die relativ hohe Widerstandsänderung (von mehr als 200 Prozent im Vergleich zu GMR mit etwa 4 bis 10 Prozent) hängt vom Stromfluss in vertikaler Richtung und vom Winkel der beiden Magnetisierungsrichtungen in den ferromagnetischen Schichten ab. TMR weist neben der extrem hohen Empfindlichkeit auch eine gute Temperaturstabilität auf. Dank des sehr großen Ausgangssignales ist eine oftmals aufwändige Vorverstärkung des Signals nicht erforderlich. Mittels TMR lässt sich die Genauigkeit von AMR mit der 360°-Messung von GMR kombinieren - und das bei sehr hoher Empfindlichkeit.GMR-Sensoren sind gegenüber Halleffekt-Sensoren zu teuer in der Fertigung.Falsch: Die kleine Baugröße von GMR-Sensoren erlaubt ein Herstellungs- und Integrationsverfahren, das mit der CMOS- und bipolaren Halbleitertechnologie kompatibel ist. Dies ermöglicht den einfachen Aufbau von GMR-Sensoren mit integrierten Schaltungen, so dass intelligente Sensoren zu angemessenen Preisen hergestellt werden können. Darüber hinaus lässt die Materialstabilität einen Einsatz der GMR-Sensoren bei Temperaturen von -60 bis 200 °C zu.Die ersten kommerziellen GMR-Sensoren wurden bereits 1997 in den Schreib-Lese-Köpfen von IBM-Festplattenlaufwerken eingesetzt. Durch die hohen Anforderungen an die Toleranz bei der Schichtdickenfertigung (nur etwa 1 bis 2 Angström bei einigen nm Schichtdicke) sind jedoch nur wenige Firmen in der Lage, GMR-Sensoren in hohen Stückzahlen bei gleichbleibend hoher Qualität herzustellen.

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