Smart Sensors Mehr Autonomie im Auto

publish-industry Verlag GmbH

Bild: 1001nights, iStock
08.08.2014

Das Automobil und Elektroniksysteme sind zu einer untrennbaren Einheit geworden. Halbleiter und Co. bestimmen seit Langem Innovation und Fortschritt im fahrbaren Untersatz und bahnen längerfristig dem autonomen Auto den Weg – zum Wohle der Umwelt sowie zur Steigerung von Sicherheit und Komfort.

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Künftig werden Autos in der Lage sein, durch hochautomatisierte Fahrfunktionen den Fahrer noch weiter zu entlasten, ihn in kritischen Situationen zu unterstützen oder solche Situationen gar zu vermeiden. Autofahren wird also noch sicherer. Fahrerassistenzsysteme (FAS; englisch Advanced Driver Assistance Systems, ADAS) sind in Teilbereichen heutiger Kraftfahrzeuge geradezu schon selbstverständlich geworden.

Hilfe für den Fahrer von allen Seiten

Die intelligenten elektronischen Zusatzeinrichtungen erleichtern dem Fahrer nicht nur das Fahren, sie unterstützen ihn aktiv in vielen Fahrsituationen und optimieren seine Fahrerfertigkeiten. Neben mehr Komfort ist das primäre Ziel dieser zuverlässigen Helfer, die Sicherheit für alle Beteiligten im Straßenverkehr in kritischen Situationen zu erhöhen, in denen ein schnelles und sicheres Handeln notwendig ist. Vernetzte Umfeldsensoren wie Radar, Lidar, Video oder Ultraschall erfassen das Fahrzeugumfeld im Nah- und Fernbereich und interpretieren es. Sie erhöhen dadurch den Fahrkomfort. Darüber hinaus sorgen sie für eine hohe Treibstoff-Effizienz und minimierte Emissionen. Häufig werden manche der elektronischen Helfer gar nicht mehr als solche wahrgenommen: Man denke nur an ABS, ESP oder Drive-by-Wire. Und ständig kommen neue Lösungen hinzu. Bewährt und sinnvoll sind unter anderem:

Einparkhilfe: Sie zählt zu den beliebtesten Fahrerassistenten, der vom Piepton bei beim Rückwärtseinparken bis zu Ultraschall- und Radarsensoren oder Rückfahrkameras reicht, die voll-autonom ihren Parkplatz suchen und – auch quer zur Fahrbahn – einparken.

Notbremsassistent (Automatic Emergency Braking, AEB): Er erfasst Fußgänger und Fahrradfahrer mithilfe einer Radareinheit im Kühlergrill, einer Kamera auf Höhe des Rückspiegels sowie einer zentralen Kontrolleinheit. Erkennen die Erfassungsgeräte ein Objekt vor dem Fahrzeug, greift das Notbremssystem ein.

Abstandshalter (Automatic Cruise Control, ACC): Er nutzt ebenfalls Radar, um vorausfahrende Fahrzeuge zu erkennen, und regelt den Mindestabstand automatisch. Eine Ergänzung hierzu ist das Kollisionswarnsystem (Forward Collision Warning, FCW).

Spurhalteassistent (Lane Departure Warning, LDW bzw. Lane Departure Prevention, LDP): Er richtet sich an den weißen Fahrbahnmarkierungen aus und warnt den Fahrer akustisch oder durch Lenkrad-Vibration, wenn Gefahr besteht, dass er auf die Gegenfahrbahn gerät oder rechts von der Straße abkommt. Manche Systeme lenken das Auto sogar automatisch dagegen und fahren zurück auf die eigene Spur (sind jedoch noch umstritten, weil sie bei Ausweichmanövern kontraproduktiv wirken können).

Tote-Winkel-Assistent (meist in Kombination mit dem Spurhalteassistenten): Er erfasst nachfolgende Fahrzeuge im toten Winkel und warnt den Fahrer durch Lichtsignal oder Ton, falls er schon zum Überholen angesetzt hat.

Dynamisches oder adaptives Fahrlicht: Es passt den Lichtkegel automatisch an die Straße und die Fahrsituation an. Die Eingabewerte entstammen der Geschwindigkeitsmessung sowie Kameras, die Regen und Nebel registrieren. Dazu gibt es meist im Paket den Fernlichtassistent, der bei Bedarf automatisch abblendet. Noch wenig verbreitet sind Nachtsichtassistenten, deren Aufnahmen im Innenraum des Fahrzeugs auf einem Bildschirm zu sehen sind.

Müdigkeitswarner: Sie beobachten den Fahrer und warnen gegebenenfalls. Sollte trotz aller Warnungen und Sicherheitssysteme ein Crash unausweichlich sein, können FAS die Unfallfolgen mildern, indem sie die Gurte strammziehen, offene Fenster oder Schiebedächer schließen und die Rückenlehnen aufstellen, damit die Airbags wirksamer sind.

Notrufassistent: Er kommt nach einem Unfall ins Spiel: Er ruft die Polizei und gibt den Standort durch. Ab Oktober 2015 sollen nach Plänen der EU-Kommission alle Neuwagen mit dem automatischen Notrufsystem eCall ausgestattet sein.

Fahrerassistenz sowie halb- und vollautomatisches Fahren zählen heute wie morgen zu den Kernthemen der Kraftfahrzeugindustrie, nicht zuletzt weil sowohl die Regierungen als auch die Kfz-Industrie alles unternehmen, um die Zahl der Unfälle zu verringern. FAS leisten bereits einen nachweisbaren Beitrag zur Vermeidung bzw. Schadenminderung von Unfällen. Statistiken zufolge gehen etwa 90 Prozent aller Autounfälle auf menschliches Fehlverhalten zurück, da Gefahren nicht erkannt oder falsch eingeschätzt werden. Systeme wie der Notbremsassistent können die Zahl der Auffahrunfälle um bis zu 28 Prozent reduzieren, Abstandsregler verringern Unfälle um bis zu 17 Prozent und Spurwechselassistenten führen bei ungefähr 26 Prozent der Nutzer zu weniger Unfällen. Insgesamt können Fahrerassistenzsysteme aktuell dazu beitragen, die Zahl der schweren Unfälle um fast 50 Prozent zu senken.

Bald voll-autonome Fahrzeuge unterwegs?

Experten aus der Fahrzeugbranche schätzen, dass bis 2020 Fahrzeuge auf den Markt kommen, welche die meisten Probleme des Fahrens mit hoher Geschwindigkeit meistern können, und dass nicht mehr als fünf Jahre später vollständig autonome Fahrzeuge die Straße erobern. Andere Quellen erwarten diese vierte Generation der teil- oder praktisch vollautomatisch fahrenden Wagen zwischen 2020 und 2040.

Fahrerassistenzsysteme mit maschineller Wahrnehmung sind inzwischen im Automobil bis in die Mittelklasse hinein etabliert. Dadurch rücken Fragen der Leistungs- und Kostenoptimierung immer stärker in den Vordergrund. Ferner führen neue Mobilitätskonzepte (Elektromobilität) zu weiteren Chancen, aber auch zu neuen Herausforderungen für die Fahrerassistenzsysteme, insbesondere für das Bedienkonzept. Zukünftige funktionale Herausforderungen liegen im innerstädtischen Bereich, bei der Realisierung hoch automatisierter Assistenzfunktionen sowie bei Funktionen für spezielle Zielgruppen mit erhöhtem Assistenzbedarf.

Der steigende Grad der Autonomie erfordert allerdings neben funktionalen Herausforderungen die sorgfältige Diskussion von Fragen der Systemsicherheit, Systemtransparenz aber auch der möglichen Überautomatisierung. Die Innovationsgeschwindigkeit auf dem Gebiet der FAS ist außerordentlich hoch und verlagert sich zunehmend in Richtung teilautonomes Fahren. Bereits seit vier Jahren sind die ersten selbstfahrenden Autos auf der Straße: Seitdem testet Google ein völlig autonomes Fahrzeug. Und vor zwei Jahren wurden diese so genannten Google-Cars in Nevada, Florida und Kalifornien unter der Voraussetzung gesetzlich für den Straßenverkehr zugelassen, dass der „Fahrer“ einen gültigen Führerschein besitzt.

Auch deutsche Premium-Fahrzeughersteller sowie die Tier-1-Zulieferer entwickeln und testen derartige Systeme seit Langem. Mercedes-Benz hat 2013 mit einer voll-automatisierten S-Klasse und Ausnahmegenehmigung die gut 100 Kilometer von Mannheim nach Pforzheim testweise zurückgelegt. Das Fahrzeug umschiffte alle Hindernisse dank Sensoren, Kameras und Radar sowie einer riesigen Menge verarbeiteter Daten, ohne dass der (für den Notfall vorgeschriebene) Fahrer eingreifen musste.

Autonomes Fahren wirft 
rechtliche Fragen auf

Für eine generelle Zulassung im Straßenverkehr fehlt hier zu Lande jedoch noch die rechtliche Grundlage. Sie wird bislang durch die 1968 geschlossene „Wiener Straßenverkehrskonvention“ unterbunden, die für alle Fahrzeuge (also auch für Pferdegespanne und Ochsenkarren) gilt, die schneller als 10 km/h fahren und die von Ländern in der ganzen Welt unterzeichnet wurde. Sie regelt unter anderem Verkehrszeichen und die Notwendigkeit eines Führerscheins. Außerdem heißt es in dieser rechtlichen Konvention, dass ein Fahrzeugführer sein Fahrzeug „jederzeit beherrschen“ muss. Erst dieser Tage bejubelte die Branche eine wesentliche Änderung durch das dafür zuständige weltweite Gremium bei den Vereinten Nationen, dass Systeme zum automatisierten Fahren zulässig sind, wenn sie jederzeit vom Fahrer gestoppt werden können. Für die Änderung hatten sich Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Belgien eingesetzt. Mit der Änderung ist die Basis gelegt, damit das von OEMs und Tier-1s vorangetriebene autonome Fahren legal wird. Allerdings sind dazu noch zahlreiche weitere, teils schwierige Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene notwendig, beispielsweise die Frage, wer haftet, wenn der Computer in einen Unfall verwickelt ist oder diesen gar verursacht.

Halbleiter und Elektronik als Schlüssel zu ADAS

Angesichts des beeindruckenden Halbleiter- und Elektronikgehalts moderner Fahrzeuge haben sich praktisch sämtliche namhaften Hersteller auf diesen attraktiven Marktbereich gestürzt. Halbleiter und Software, das ist nachgewiesen, sind die Treiber der Innovation im Auto und tragen ungefähr zu 90 Prozent dazu bei. Die Produktentwicklung ist freilich deutlich fragmentiert, weil die Anforderungen im Kraftfahrzeug sehr anspruchsvoll sind und wegen der beengten Platzverhältnisse sowie der rauen Umweltbedingungen spezielle robuste Designs verlangen. Außerdem wird die Anlagenrentabilität (Return on Investment) durch umfangreiches Multi-Sourcing beeinträchtigt. Letztlich ist das Auto zum fahrenden Computer geworden.

Mittlerweile arbeiten praktisch sämtliche bedeutenden Halbleiterhersteller auf irgendeine Weise mit den internationalen Autoanbietern zusammen, sie entwickeln Spezialprodukte oft mit einem hohen Integrationsgrad oder erforschen gar neue Technologien wie den SiC- und GaN-Einsatz in der Leistungselektronik. Außerdem ist das Automobilsegment auch deshalb höchst attraktiv für die Elektronikindustrie, weil es relativ stabil ist. Die Welt-Automobilproduktion nimmt zu, und folglich sollen die dort eingebauten Elektronikkomponenten nach ZVEI-Zahlen von 85 Millionen in 2013 bis 2018 auf 105 Millionen Stück ansteigen, vor allem in China (wo seit 2009 die weltweit meisten Autos hergestellt werden) sowie in Indien. Europa liegt beim Automotive-Halbleiterverbrauch an zweiter Stelle vor Amerika und Japan. Trotz der asiatischen Bemühungen entstammt allerdings nach wie vor jedes dritte Auto einem europäischen Unternehmen.

Nach besagter Untersuchung des ZVEI enthielten die Kraftfahrzeuge des Baujahrs 2013 Halbleiter im Wert von 29 Milliarden US-Dollar, und man rechnet bis in vier Jahren mit einem Anstieg auf nahezu 44 Milliarden, was einer jährlichen Wachstumsrate von 8,6 Prozent entspricht. Der Grund dafür ist der zunehmende „Electronic Content“ im Auto. Hier ist Europa mit 10,2/15,2 Milliarden US-Dollar führend, während Asien das größte Wachstum aufweist. Alleine Deutschland nimmt hinter Asien den zweiten Platz – noch vor Amerika, dem Rest Europas und Japan – ein, hier zu Lande soll der Wert der Halbleiter, die ins Auto fließen, von 5,6 (2013) auf 8 Milliarden US-Dollar (2018) steigen.

Auch auf längere Sicht wachsen Elektronik und Mikroelektronik für den Automotive-Einsatz schneller als die Zahl neuer Autos: Von 2008 bis 2018 nimmt die Zahl der Kfz um 155 Prozent zu, die Kfz-Elektronik um 189 und die Automotive-Halbleiter um 207 Prozent. Der durchschnittliche Mikroelektronikgehalt stieg von 100 auf derzeit 300 US-Dollar und soll 2020 ungefähr 400 US-Dollar erreichen. Wobei manche Wagen der Luxusklasse Mikroelektronik im Wert von rund 1.200 US-Dollar unter ihrem teuren Blech verbergen.

Bildergalerie

  • Gemeinsam mit IBM arbeitet Continental an der nächsten Generation des „Elektronischen Horizonts“. Mit dem Wissen über den vorausliegenden Straßenverlauf, hilft die Fahrzeugelektronik dem Auto beim „um die Ecke schauen“ - für ein sichereres, wirtschaftliches und komfortableres Fahren.

    Gemeinsam mit IBM arbeitet Continental an der nächsten Generation des „Elektronischen Horizonts“. Mit dem Wissen über den vorausliegenden Straßenverlauf, hilft die Fahrzeugelektronik dem Auto beim „um die Ecke schauen“ - für ein sichereres, wirtschaftliches und komfortableres Fahren.

    Bild: Continental

  • Dr. Eric Schmidt, Executive Chairman von Google, Larry Page, CEO and Co-Founder von Google, und Sergey Brin, Co-Founder von Google, in einem Google Driverless Car.

    Dr. Eric Schmidt, Executive Chairman von Google, Larry Page, CEO and Co-Founder von Google, und Sergey Brin, Co-Founder von Google, in einem Google Driverless Car.

    Bild: Google

  • Weltbedarf an Kfz-Halbleitern: 2013: 29 Mrd. US-Dollar, 2018: 43,9 Mrd.US-Dollar. Wachstum: 8,6 Prozent pro Jahr

    Weltbedarf an Kfz-Halbleitern: 2013: 29 Mrd. US-Dollar, 2018: 43,9 Mrd.US-Dollar. Wachstum: 8,6 Prozent pro Jahr

    Bild: ZVEI

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