Die Zahl der Kameras in Autos steigt: Bis zu zwölf Kameras sind heute in neuen Fahrzeugmodellen meist in den Front- oder Rückscheinwerfern oder den Seitenspiegeln installiert. Mit ihrer Zahl steigen auch die Datenmengen. Ein im Auto verbauter Bordrechner nutzt die Daten etwa für den Spurassistenten, die Einparkhilfe oder um andere Verkehrsteilnehmer oder mögliche Hindernisse zu erkennen.
Zehnmal mehr Daten
Das bedeutet noch mehr Last für die internen Datennetzwerke der Fahrzeuge. Aktuell können diese ein Datenvolumen von etwa einem Gigabit pro Sekunde verarbeiten. Bei HD-Qualität ist diese Datenmenge bereits bei einer Kamera erreicht. Abhilfe schaffen Kompressionsverfahren, wie die beiden Videocodierungsstandards H.264/Advanced Video Coding (AVC) und H.265/MPEG High Efficiency Video Coding (HEVC), die das Fraunhofer HHI mitentwickelt hat. Damit lassen sich die Datenmengen stark reduzieren und mehr als die zehnfache Menge an Daten übertragen.
Üblicherweise werden 30 bis 60 Bilder pro Sekunde von einer Kamera an die zentrale Rechnereinheit des Fahrzeugs geschickt. Durch die Kompression der Bilddaten entsteht eine kleine Verzögerung, die Latenz, bei der Übertagung von in der Regel fünf bis sechs Bildern pro Sekunde. Der Grund: Die Verfahren gleichen ein Bild mit den bereits Übertragenen ab, um die Differenzen zwischen dem aktuellen Bild und seinen Vorgängern herauszurechnen. Durch die Netzwerke geschickt werden dann nur noch die Veränderungen von Bild zu Bild. Diese Berechnung dauert eine gewisse Zeit.
Latenzzeit unter einem Bild pro Sekunde
Im Straßenverkehr kann dieser Zeitverlust von entscheidender Bedeutung sein. Um die Latenz zu vermeiden, benutzen Forscher am Fraunhofer HHI nur spezielle Mechanismen des H.264-Codierungsverfahrens: Der Abgleich der Unterschiede einzelner Bilder erfolgt dabei nicht mehr zwischen Bildern, sondern innerhalb eines Bilds. Das macht das Verfahren latenzarm.
Damit beträgt die Verzögerung unter ein Bild pro Sekunde, nahezu Echtzeit. Damit lässt sich das H.264-Verfahren nun auch für Kameras in Fahrzeugen nutzen. Die Technologie wurde unter anderem in Form eines speziellen Chips umgesetzt: In der Kamera komprimiert sie die Bilddaten, im Bordrechner decodiert sie diese wieder.
Höhere Bildwiederholungsfrequenz und Auflösung
Die Berliner Forscher haben ihr Verfahren patentieren lassen und verkaufen ihr Know-how als Lizenz an die Industrie. Kunden sind Automobilzulieferer, erste Fahrzeugmodelle mit der Fraunhofer-Technologie sind bereits auf dem Markt. Die Übertragung von Bilddaten in Echtzeit ist Voraussetzung dafür, dass sich die Videokompression bei Videodaten aus Autokameras durchsetzt. Durch sie käme dann auch der Einsatz von Geräten mit höherer Bildwiederholungsfrequenz und Auflösung in Frage. Für Kameramodelle, die noch mehr Daten produzieren und dadurch genauer und schneller sind.
Als nächstes wollen die Forscher ihr Verfahren auch auf den HEVC-Standard übertragen und ihre Erfahrungen in nächste Standardisierungsformate einfließen lassen. Die Technologie ist auf der Embedded World vom 27. Februar bis 1. März 2018 in Nürnberg in Halle 4, Stand 4-470 zu sehen.