In der Getränkeherstellung liefert Inline-Messtechnik Prozessinformationen in Echtzeit, um Abläufe verzögerungsfrei und gezielt zu steuern. Dadurch lassen sich Fehlproduktionen und unnötige Folgekosten vermeiden. Eine wichtige Prozessinformation stellt die Stammwürzekonzentration dar, gemessen in °Plato (°P). Damit die Qualitätsrichtlinien durchgehend eingehalten und Energie und Rohstoffe effizient genutzt werden, kann die Stammwürzekonzentration im Sudhaus, am Würzekühler sowie am Filter und Füller kontinuierlich überwacht werden. Bei der Herstellung von Biermixgetränken, Softdrinks oder Limonaden kommt die Überwachung der Brixkonzentration während des Blendings und der Abfüllung hinzu. Das Produktsortiment der Oettinger Brauerei in Braunschweig ist weit gefächert und reicht von verschiedenen Biersorten über Biermixgetränke bis hin zu Fruchtschorlen. Zu den klassischen Biersorten wie Pils, Weizen und Export reihen sich die Biermixgetränke wie Radler, Grapefruit-Weizen, Cola-Bier und alkoholfreie Bio-Erfrischungsgetränke mit Malzextrakt. Die zahlreichen Produkte werden in einzelnen Chargen abgefüllt, wobei häufige Sortenwechsel an den Produktionslinien die Regel sind. Schnell stellte sich heraus, dass der bislang durchgeführte Laboraufwand überhand nimmt. „In Anbetracht unserer großen Sortenvielfalt und hohen Qualitätsstandards, sind die Laboranalysen sehr zeitintensiv, sodass eine Automatisierung durch verlässliche Messgeräte erforderlich wurde“, erklärt Uwe Berkhausen, Leiter Qualitätssicherung der Oettinger Brauerei Braunschweig. Durch die verzögerten Laborergebnisse war es zudem nicht möglich, Prozessabweichungen sofort zu erkennen und gegebenenfalls gegenzusteuern. Eine Lösung war gewünscht, um die Vorgänge direkt im Prozess verfolgen sowie schnell und flexibel reagieren zu können. Die Brauerei sah den Schlüssel in Inline-Messtechnik, die in puncto Messgenauigkeit mit den Laborwerten mithalten sollte, um eine gleichbleibend hohe Produktqualität zu garantieren. „Unsere modernen Anlagen entsprechen höchsten hygienischen Ansprüchen und unser konsequentes Qualitätsmanagementsystem richtet sich nach anerkannten Normen und Standards. Entsprechend hohen Wert legen wir daher auch auf die Analysen im Produktionsprozess“, betont Siegfried Hanisch, Leiter Betriebstechnik bei Oettinger in Braunschweig. Weitere Anforderungen bildeten die Robustheit, Wartungsfreiheit und die einfache Integration der Messtechnik in den Prozess.
Einsatz auch in Weihenstephan
Während die Kollegen in Oettingen bereits in der Vergangenheit LiquiSonic-Messstellen von Sensotech am Füller realisierten, entwickelte sich die Erfordernis in Braunschweig 2011. Nicht nur in Oettingen und anderen Brauereien hatte sich die Messtechnik erfolgreich bewährt. Auch das Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität bescheinigt im Rahmen einer Semesterarbeit zum Thema „Überprüfung der Messgenauigkeit bzw. Reproduzierbarkeit eines Stammwürzemessgeräts im Praxisbetrieb“ die Online-Prozesstauglichkeit der Messtechnik im Bereich Füller. Insgesamt wurden in der Brauerei in Braunschweig LiquiSonic-Systeme am Füller, am Läuterbottich und an der Würzepfanne installiert. Am Läuterbottich wurde ein Tauchsensor mit Varivent-Anschluss direkt nach der Pumpe in eine DN80-Rohrleitung eingebaut, während am Außenkocher der Würzepfanne eine DN250-Rohrleitung zur Verfügung stand. Im Bereich Füller baute man in die Glasflaschen-, PET-Flaschen- und Dosenabfüllanlage jeweils einen Varivent-Sensor direkt in die DN80-Rohrleitung vor dem Ventil ein. Der Sensor misst hier den Plato- oder Brixgehalt von insgesamt 30 Produkten während der Abfüllung kontinuierlich und präzise. Durch eine zusätzlich im Sensor integrierte Flow/Stop-Erkennung ist die Stammwürze- oder Brixmessung auch bei geringem Durchfluss oder beim Stop des Füllers gewährleistet. Durch die Inline-Messtechnik wird der Prozess kontinuierlich überwacht, sodass das Endprodukt nur im vordefinierten Konzentrationsbereich abgefüllt wird. Liegt der Messwert außerhalb des Toleranzbereichs, wird sofort ein Signal gesendet. Die Abfüllung von Fehlproduktionen, CIP-Medien oder anderen unerwünschten Stoffen ist damit ausgeschlossen. Bei Produktwechsel unterscheidet die Messtechnik automatisch die verschiedenen Sorten. Darüber hinaus lassen sich durch die stammwürze- und brixgenaue Steuerung des Füllers wertvolle Ressourcen einsparen, indem Vor- und Nachläufe exakt vom abzufüllendem Endprodukt getrennt werden können. „Für uns hat sich die Investition in die Messtechnik auf jeden Fall gelohnt“, sagt Siegfried Hanisch. „Dank der Messsysteme können wir bei unserer Produktstruktur mit großer Sortenvielfalt alle Abläufe genau nachverfolgen und definiert regeln. Dadurch fahren unsere Anlagen bei optimaler Auslastung, wir steigern die Ausbeute und sparen Kosten ein.“ Auch in Hinblick auf die Qualitätssicherung ist Oettinger zufrieden. Mit einer Messgenauigkeit von ±0,05°P bzw. °Brix ist die Inline-Messtechnik zufriedenstellend genau. „In der Vergangenheit haben wir regelmäßig Proben entnommen und im Labor analysiert“, erinnert sich Uwe Berkhausen. „Lediglich für den Zeitpunkt der Probenentnahme erhielten wir Daten über den Produktionsverlauf. Durch die Inline-Messtechnik erfassen wir hingegen Produktionsdaten jede Sekunde und in Echtzeit. Wir haben somit immer aktuellen Kenntnisstand und können bei kleinsten Trendabweichungen sofort in den Prozess eingreifen.“ Sämtliche Daten werden nach ISO9000 und HACCP im Controller des Messsystems dokumentiert und gespeichert.Um den strengen Hygienevorschriften der Lebensmittelindustrie gerecht zu werden, sind die Sensoren komplett aus Edelstahl DIN 1.4571 gefertigt. Einige Typen sind auch mit 3-A-Zulassung erhältlich. Aufgrund des aseptischen Designs und der Konstruktion, die weder Dichtungen noch bewegliche Teile benötigt, sind die Sensoren robust gegenüber Ablagerungen und Drift und arbeiten wartungsfrei sowie langzeitstabil. Zusätzlich sind zwei Pt1000-Temperaturmessfühler integriert, sodass neben der Konzentration auch die Temperatur ausgegeben wird. Für den Einbau sind weder Bypass noch Umbaumaßnahmen erforderlich. In Bezug auf den Prozessanschluss steht eine große Auswahl zur Verfügung. Die Sensorelektronik befindet sich in einem Edelstahlgehäuse mit Schutzart IP68. Treten in Rohrleitungsumgebung starke Schwingungen oder Temperaturen über 50°C auf, kann das Elektronikgehäuse vom Sensorkopf abgesetzt verbaut werden, sodass die stabile Verarbeitung der Messdaten sichergestellt ist. Die Messdaten werden über den Controller angezeigt und verwaltet. An einen Controller können bis zu vier Sensoren angeschlossen werden. Die Controller wurden bei Oettinger jeweils in einem Wandgehäuse aus Edelstahl mit Schutzart IP66 montiert. Die Anbindung an das Prozessleitsystem erfolgt über Profibus DP. Für die Auswertung der Messdaten und die Fernbedienung der Controller nutzt die Oettinger Brauerei die Software SonicWork von Sensotech. Durch Integration des Controllers in das Netzwerk können die Produktionsdaten der Füllerei auf dem PC-Bildschirm am Arbeitsplatz eingesehen und die Controller von dort aus bedient werden. Alternativ kann auch über eine gesicherte Internetverbindung ohne SonicWork auf den Controller zugegriffen werden. Mit der Software lassen sich auch die Logbücher auslesen, Prozessverläufe visualisieren und speichern sowie Datenblätter zu Dokumentations- und Diagnosezwecken erstellen. Hat sich der Herstellungsprozess für ein bestimmtes Produkt verändert, kann über SonicWork ein neuer Produktdatensatz oder ein Firmware-Update auf den Controller übertragen werden. Damit ist für die Anlagenoptimierung und Qualitätssicherung sowohl die kontinuierliche Erfassung der Prozessdaten, als auch deren Speicherung und einfache Auswertung garantiert.