„Für uns war wichtig, dass wir bei der elektrotechnischen Ausrüstung einen einzigen zuverlässigen Partner hatten, der uns quasi schlüsselfertig alles liefert“, sagt Wolfgang Leuschner, Betriebsleiter der Nordische Futterfette Carroux in Hamburg. Dabei denkt er an den Neubau eines Futterfett-Mischwerks. Ziel war es, die technischen Fette und die Futtermittelfette räumlich und organisatorisch zu trennen. Die Investition im hohen siebenstelligen Bereich dient dazu, Pflanzenfette und -öle aus weltweiter Herkunft für den Verkauf in Deutschland sauber zuzubereiten. Weil der Hersteller sehr genau auf Prozesse und Prozessparameter mit entsprechender Rückverfolgbarkeit achtet, legte er auf die Durchgängigkeit von Leitsystem, Anlagensteuerung und Automatisierung hohen Wert. Wolfgang Leuschner bestätigt: „Aufgrund des durchgängigen Systemaufbaus haben wir es mit vergleichsweise geringem Aufwand geschafft, die Warenbewegungen zuverlässig abzubilden.“ Denn mit der systemweiten Durchgängigkeit von Totally Integrated Automation (TIA), wie der verantwortliche Systemlieferant Siemens es nennt, passt vom Wegmesssystem Sitrans LR400 in den Tanks bis zur Visualisierung WinCC im Leitstand laut den Verantwortlichen alles zueinander. Auch Robert Steenstra, Inhaber der Steenstra Tanksales in den Niederlanden, erklärt: „Die größte Herausforderung bestand darin, Teilinbetriebnahmen während der Bauphase durchzuführen.“ Das Unternehmen ist auf den Bau von Tanklagern spezialisiert und hat in Hamburg sein bislang größtes Projekt realisiert.Siemens hat die gesamte Planung, das Engineering, die Realisierung und die Inbetriebnahme der gesamten Elektrotechnik und Energieverteilung ab der Mittelspannung übernommen. Im Auftragsvolumen eingeschlossen sind eine neue Transformator-Station, eine Niederspannungs-Hauptverteilung sowie eine eigene Zentrale für die Automation. Zu den wichtigsten Aufgabenstellungen innerhalb der Mischwerkautomation gehören zwei grundlegende Aspekte mit entsprechenden technologischen Herausforderungen:
�?� Die Produkte müssen bezüglich Energieeinsatz und Technologie mit optimalem Aufwand gemischt werden können. Dabei sind Warenbewegungen zuverlässig abzubilden und auch die eingesetzte Leitungs- und Sensortechnik muss höchsten Ansprüchen genügen. Sämtliche Prozesse müssen datentechnisch erfasst und archiviert werden können. �?� Die Öle und Fette müssen trotz ihrer unterschiedlichen Viskosität möglichst energieeffizient und nachhaltig durch die Leitungen gepumpt werden können. Um die gewünschte Qualität der Endprodukte zu erreichen und gleichzeitig die eingesetzte Pumpentechnik zu schonen, muss die Antriebstechnik auf die Vermeidung von Kavitation hin optimiert werden.
Das Thema Kavitation führte dazu, dass sich die Verantwortlichen für den Einsatz des Frequenzumrichters Sinamics G120P entschieden. Er ist speziell auf die Anforderungen von Pumpen, Kompressoren und Lüftern zugeschnitten. Damit werden die Verdrängerpumpen in Schneckenbauweise entsprechend der vorherrschenden Viskosität des Mediums und dem erforderlichen Volumenstrom angetrieben. Im Futterfett-Mischwerk gibt es davon sieben Stück mit einer maximalen Leistungsaufnahme von je 37 kW, was einer Pumpleistung von maximal 100 m 3/h entspricht, plus einer 75-kW-Antriebseinheit für 200 m 3/h. „Damit beladen wir einen kompletten Lkw in nur 20 Minuten“, berichtet Wolfgang Leuschner.Unterstützt wird das durch einen Vibrationssensor an den Pumpen, der detektiert, wann in einer Pumpe Kavitation auftritt. Die Signale werden auf die analogen Eingangskarten einer dezentralen Peripherie Simatic ET200S geführt. Diese ist über Profibus mit der Anlagensteuerung Simatic S7-300 verbunden. Auf dem gleichen Weg zurück erhält dann der betreffende Frequenzumrichter den Befehl zur Drehzahlanpassung, bis die Kavitation aufhört. Dabei wertet die Steuerung nicht nur die Vibrationsmeldersignale zwischen 4 und 20 mA aus, sondern auch Signale aus den PT100-Temperatursensoren für die Leitungsheizung.
Automatisierungsdaten mit ERP und MES abgleichen
„Die Systemdurchgängigkeit hat auch den Vorteil, dass mithilfe der Remote-Software vom Siemens-Teleservice bis auf die Sensor-Aktor-Ebene durchgeführt werden kann“, erwähnt Steenstra. Hierzu ist die SPS über eine ca. 150 m lange LWL-Profibus-Leitung mit dem zentralen Rechnerraum verbunden. Die Durchgängigkeit macht zudem die Einbindung in die Unternehmens-IT vergleichsweise einfach. Leuschner: „Aufgrund der datentechnischen Vernetzung sind wir in der Lage, sämtliche Prozessdaten zu archivieren und sogar mit unserem ERP-System in Beziehung zu setzen.“ So können beim Mischvorgang notwendige Prüfroutinen gemäß den Rezepturvorgaben ablaufen. Die Anlagenautomation stellt dabei über Verriegelungen in den Zuführsystemen sicher, dass zum Beispiel nur gespülte Leitungen neu befüllt und gleichzeitig nur die gewünschten Produkte miteinander vermischt werden. Hierzu ist im Qualitätsmanagementsystem eine entsprechende Wegematrix hinterlegt. Zirka 500 Wege lassen sich über elektronische Verriegelungen automatisch freischalten. Diese Vorgänge übernimmt das Visualisierungssystem WinCC von Siemens in Verbindung mit dem ERP-System und dem MES. Dabei „weiß“ das System sogar, wie viel ein Lkw laden darf, der vorher auf die Waage gefahren ist und sich identifiziert hat. „Das ist wichtig, damit das StVO-Gewicht nicht überschritten wird“, erläutert Steenstra. Das gesamte Futterfett-Mischwerk ist mit Profibus-Kommunikation vernetzt. Dabei sitzt die Automatisierung zentral in einem eigens dafür gebauten Raum auf dem etwa 200 �? 100 m großen Gelände. Zusätzlich gibt es acht Vor-Ort-Schaltkästen mit standardisiertem Aufbau, in welchen die dezentrale Peripherie die gesamte Sensorik bündelt. Dieser Aufbau unterstützte Teilinbetriebnahmen, während an anderer Stelle bereits produziert wurde. Deshalb wurden die Kästen auch mit zusätzlichen manuellen Pumpenbedienungen ausgestattet. Auch Details wie den erwähnten Frequenzumrichter schätzt Leuschner. Überrascht hat ihn die hohe Messgenauigkeit des Sitrans LR400 Radar, der zur Radar-Distanzmessung verwendet wird. Er misst Entfernungen bis zu einem maximalen Wert von 60 m und eignet sich deshalb für die Füllstandsmessung in Flüssigkeitstanks hervorragend. Über Profibus PA sendet er seine Signale zur S7-300. Obwohl manche Medien in dieser Applikation zum Schäumen neigen, wird der Füllstand in den Tanks stets richtig detektiert. Leuschner ist begeistert: „Diese Messsysteme nutzen eine Vielzahl an Parametern und Kurvenberechnungen, was zu dem exakten Ergebnis führt.“ Die Nordische Futterfette Carroux in Hamburg bestätigt mit dem Bau des Futterfett-Mischwerks, welche Vorteile eine elektrotechnische Ausstattung aus einem Guss haben kann. Der dortige Betriebsleiter sowie der Tanklagerspezialist aus den Niederlanden zeigen sich zufrieden: „Das TIA-Konzept von Siemens hat sich hier in vielerlei Hinsicht bewährt.“ Allein die Systemdurchgängigkeit von der Steuerung und Visualisierung bis zur Antriebstechnik und der gesamten Sensorik im Feld vereinfacht den Systemaufbau. Das wiederum erleichtert den Betrieb, das Qualitätsmanagement und nicht zuletzt auch den Teleservice des Mischwerks. Auf diese Weise können hochwertige Fette und Öle termingerecht und zuverlässig geliefert werden.