Eine optische Linse, die Gas spürt Neue Linsen brechen Licht abhängig von Gasabsorption

Die Doktorandin Oksana Smirnova untersucht optische Mikrolinsen aus Hybridgläsern.

Bild: Jens Meyer / Universität Jena
02.07.2024

Ein Forscherteam der Universität Jena hat eine optische Linse entwickelt, die nur wenige Millimeter groß ist. Sie verändert ihr Brechungsverhalten, wenn sich Gas in der Linse befindet. Möglich wird dieses „intelligente“ Verhalten der Mikrolinse durch das Hybridglasmaterial, aus dem sie besteht, wie die Forscherinnen und Forscher berichten. Die Molekülstruktur der Linse besteht aus einem dreidimensionalen Gitter, in dessen Hohlräume Gasmoleküle aufgenommen werden können – was sich wiederum auf die optischen Eigenschaften des Materials auswirkt.

„Mit Unterstützung der Carl-Zeiss-Stiftung entwickeln wir sogenannte multiresponsive Materialien“, erklärt Lothar Wondraczek, Professor für Glaschemie an der Universität Jena. „Am Beispiel der Hybridglas-Linse bedeutet das, dass sie das Licht stärker oder schwächer bricht, je nachdem ob in dem Linsenmaterial Gas absorbiert ist oder nicht.“ Die Herausforderung dabei war es, Methoden der klassischen Glasformgebung auf diese speziellen Materialien zu übertragen.

„Die metallorganischen Gerüstverbindungen, die wir hier verwendet haben“, führt Wondraczek aus, „werden als Materialien zum Speichern oder Trennen von Gasen erforscht und entwickelt.“ Oksana Smirvona, Doktorandin und Erstautorin der Publikation, ergänzt: „Allerdings zersetzen sich die meisten dieser Substanzen, wenn sie erhitzt werden und können daher nur sehr schwer geformt werden.“

Gemeinsam mit Dr. Alexander Knebel, Nachwuchsgruppenleiter am Lehrstuhl für Glaschemie, mussten die Jenaer Forschenden zunächst einen geeigneten Syntheseprozess für hochreine Materialien entwickeln. Dann galt es, die optimalen Bedingungen zu identifizieren, unter denen das Material in die gewünschte Form gebracht werden kann. „Wir schmelzen das Material und überführen es dann in eine 3D-gedruckte Negativform, in der es gepresst wird. Innerhalb dieses Verfahrens lässt sich die gewünschte Form nahezu beliebig wählen“, erläutert die Chemikerin. „Wir haben bewusst die Linse als Form gewählt“, erklärt sie weiter. Denn: „Bei einer Linse machen sich schon kleinste Verunreinigungen bemerkbar, da sie die optischen Eigenschaften direkt beeinflussen.“

Vielfältig formbar

Mit diesem neuen Verfahren seien nun grundsätzlich sehr vielfältige Formen und Geometrien denkbar, die über die konkrete Anwendung als Mikro-Linsen hinausgehen, erklärt Wondraczek. „Weil diese multiresponsiven Materialien auf mehrere Einflüsse gleichzeitig reagieren, können sie zum Beispiel für logische Schaltungen benutzt werden“, beschreibt der Materialwissenschaftler mögliche Anwendungen solcher Bauteile. „Konkret bedeutet das, dass für die beobachtbare Reaktion zwei Bedingungen miteinander verknüpft werden“, erläutert er. „Wenn etwa ein Lichtstrahl auf die Linse fällt und gleichzeitig ein Gas im Linsenmaterial absorbiert ist, dann wird das Licht auf eine bestimmte Art gebrochen und kann so kombinierte Rückmeldung geben.“ Möglich wären demnach auch Membranen zur Gastrennung, deren optische Eigenschaften sich ändern, wenn sich Gasmoleküle in ihnen befinden. Solche optischen Bausteine ließen sich beispielweise in der Sensorik einsetzen und könnten Messverfahren effizienter, platzsparender und „intelligent“ gestalten.

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