Als Konsequenz aus der zunehmenden Digitalisierung und den immer umfangreicheren Automatisierungssystemen nimmt die Bedeutung der Bedienung und Überwachung der Prozesse mit Monitor, Tastatur und Maus im gesamten Produktionsprozess zu, auch direkt in den chemischen oder biologischen Produktionsbereichen selbst. Die eingesetzten Mensch-Maschine-Schnittstellen (HMI) im Produktionsbereich sind inzwischen ebenfalls intelligent geworden. Der resultierende Nebeneffekt ist, dass die Parametrierung und die Integration der HMIs in die Automatisierungs- und Produktionssteuerungslandschaft mehr und mehr zu einem Zusammenspiel verschiedener Abteilungen wird: Hierbei werden Produktion, OT/IT und Wartung gleichermaßen involviert.
Die Vorgehensweise ist hier vergleichbar mit dem Lösen eines Zauberwürfels: Ändert eine dieser Abteilungen in ihrem Interesse eine Einstellung, kann dies Einfluss auf die Gesamteinstellung des Systems haben und somit auf andere Abteilungen. Doch wie können wir die Seiten des Zauberwürfels trennen, damit jede Abteilung ihre Aktionen und Prozesse auf ihre eigenen Bedürfnisse ausrichten kann, ohne die anderen Abteilung im Sinne von Würfelseiten stark zu beeinflussen? Unterstützung gibt es hierbei von der Pepperl+Fuchs-Software VisuNet Control Center.
Physische Anwesenheit nicht erforderlich
Um Kontaminationen mit Fremdstoffen zu verhindern und den Herstellungsprozess von Medikamenten oder Impfstoffen in schmutz- und staubfreier Umgebung so verantwortungsvoll wie nur möglich zu gestalten, findet die Produktion in wichtigen Prozessschritten in Reinraumumgebung statt. Das Betreten eines Reinraums gestaltet sich oft sehr aufwendig und unterliegt vielen Beschränkungen. Durch den Einsatz des Netzwerk-gestützten Managementtools VisuNet Control Center ist es nun für die OT-Abteilung möglich, die smarte Monitor-Bedienstation vollständig zu konfigurieren, ohne physischen Kontakt mit dem Monitor zu haben. Das zeitraubende Vorbereiten zum Betreten der Reinräume entfällt vollständig.
Die Remote-Monitore von Pepperl+Fuchs bauen auf netzwerkbasierter Thin-Client-Technologie auf. Thin Clients stellen die Verbindung zu einem Host-Computer her, um die Automatisierungs- und Produktionssteuerungsprogramme auf den weit entfernten Host-Rechnern zu bedienen. Hierbei kommen standardisierte Netzwerktechnologien und Protokolle zum Einsatz, welche bereits über Jahre in Office-Umgebung erprobt wurden. Neben den hardwareseitigen Kostenersparnissen für weit entfernte Bedienstationen bieten Thin Client basierte Monitore den Vorteil, dass sie zentral via Netzwerk verwaltet werden können.
Mit dem Software-Tool VisuNet Control Center können alle Remote-Monitore über das Netzwerk zentral eingerichtet, überwacht oder verwaltet werden. Es ist somit ein Leichtes, einen neuen Host-Rechner im Netzwerk zu verbinden, Wartungen durchzuführen oder vorübergehend eine Verbindung zu einem anderen Host herzustellen. Alle Änderungen an den Parametern können einfach über das VisuNet Control Center vorgenommen werden.
Prozesse mit HMI-System steuern
Die Aufgabe des Anlagenbedieners ist es zu produzieren. Für ihn dient das HMI-System als eine Art Werkzeug um den Produktionsprozess zu steuern und zu überwachen. Alle Remote-Monitore von Pepperl+Fuchs sind mit einer zugeschnittenen Firmware ausgestattet. Die bereits installierte Firmware RM Shell verwaltet die Verbindung zu den Host-Rechnern automatisch. Interne Funktionalitäten erlauben es beispielsweise nach entsprechender Parametrierung, sich automatisch mit dem richtigen Host und der richtigen Sitzung zu verbinden. Außerdem ist es möglich zu überwachen, ob die Verbindung noch gültig ist, und, wenn nötig, kann automatisch eine Verbindung zu einem Backup-Host hergestellt werden.
Diese Autodiagnose und automatisierten Aktionen ermöglichen es, die Auswirkungen eines Host-Rechner- oder Netzwerkproblems für den Bediener zu reduzieren. Wenn etwas nicht automatisch über das System angepasst werden kann, erhält der Bediener ein Pop-up-Fenster, in welchem ihm Informationen über die Problembehandlung angezeigt werden. Da das Management Tool VisuNet Control Center mit dieser RM Shell Firmware des Monitors kommuniziert, ist es einfach, die Information an die OT-Kollegen weiterzugeben, sodass diese im Detail beurteilen können, was weiter zu geschehen hat.
Alles im richtigen Gleichgewicht
Zum einen müssen in einer pharmazeutischen Umgebung die eingesetzten Geräte und Anlagen sehr leicht zu reinigen sein, so auch das zu bedienende HMI. Entsprechend den GMP-Geräte-Richtlinien sollten im Reinraum eingesetzte Geräte über gute Zugänglichkeit zur Reinigung besitzen. Außerdem sollen sie so konstruiert sein, dass Partikel keine Möglichkeit haben sich abzulagern oder festzusetzen und das Gerät somit schwer zu reinigen wäre.
Zum anderen ist es manchmal notwendig, Hardwarekomponenten auszutauschen. Dies kann aufgrund von Wartungszwecken notwendig sein oder nach mehreren Jahren im Einsatz auch ein Hardware-Upgrade erforderlich sein. Es ist daher notwendig, die nötige Balance zwischen der einfachen Reinigung und der einfachen Wartung zu finden, um den Aufwand und die Ausfallzeiten von Wartungsarbeiten so gering wie möglich zu halten.
Das modulare Design aller modernen Monitor-Systeme von Pepperl+Fuchs erlaubt es, jedes Modul sehr einfach und schnell auszutauschen. Die einzelnen Module der VisuNet-GXP-Gerätereihe für explosionsgefährdete Produktionsumgebungen verfügen jeweils einzeln über eine eigene Atex-Zertifizierung. Jeder Wartungsmitarbeiter kann somit in der Anlage einen Austausch von Netzteil, Display- oder Computereinheit vornehmen, ohne den Gerätehersteller miteinzubeziehen.
HMI-System in der Pharmaindustrie
Aber ist es möglich, dass ein HMI-System alle Anforderungen der gesamten Pharmaindustrie erfüllen kann? In den meisten Fällen ist dies nicht möglich. Die Umgebungen und Anforderungen der Herstellung der Grundsubstanzen, die Wirkstoff-Produktion, und die nachgelagerte Aufbereitung, Reinigung und Dosierung unterscheiden sich doch maßgeblich. Ebenso haben Produktionsprozesse im Bereich der Feinchemie und Bio-Pharma ihr eigenes unterschiedliches Anforderungsprofil.
Des Weiteren fließen Faktoren wie vorhandene Anlagenstruktur und Methoden der Automatisierung in die Umsetzung des einzusetzenden HMI-Systems ein. Eine Monitor-Auslegung, welche in einem Werk akzeptiert wird, kann in einem anderen abgelehnt werden. Ein Universalgerät/-design gibt es nicht. Jede Produktion benötigt maßgeschneiderte Anpassungen für die Montage, den Anschluss von Peripheriegeräten und die Softwarefunktionalitäten.
Mithilfe der Solution Engineering Center (SEC) kann in Zusammenarbeit mit Pepperl+Fuchs Experten genau auf diese unterschiedlichen Anforderungen eingegangen werden. Standardkomponenten aus dem Portfolio der Bedien- und Beobachtungs-Geräte, wie zum Beispiel Remote Monitore mit integriertem Thin Client, können kundenspezifisch so angepasst werden, dass sie genau den Wünschen und Anforderungen der Kunden entsprechen. Unterstützung bekommen Kunden hierbei vor Ort durch HMI-Spezialisten. Diese sind in der Lage, dem Kunden bei der Auswahl einer passenden Lösung aus der Vielzahl der Optionen zu helfen oder dann mit Hilfe des SEC eine passende kundenspezifische Lösung zu spezifizieren und zu entwickeln.
Die erfolgreiche Kombination
Diese Kombination aus Managementtool VisuNet Control Center, der RM Shell Firmware und dem modularen Hardwaredesign der HMI von Pepperl+Fuchs führt zu einer optimalen Zusammenarbeit und Abstimmung der einzelnen Abteilungen beim Kunden, der Produktion, der IT/OT und der Wartung. Auf diese Weise gelingt es, die Seiten des Zauberwürfels in eine Ebene zu bringen, da viele Interessen berücksichtigt werden können und smarte Lösungen zur Zufriedenheit der Kunden zu erreichen.
Das Verständnis der Aufgaben und Anlagenarchitektur des Kunden, die Kenntnis der Branchenspezifika, das Netzwerk-Know-how und die Umsetzung der regulatorischen Anforderungen aus zum Beispiel GMP oder Atex sind der Schlüssel zum Erfolg bei der Definition der richtigen HMI-Systeme zur Steuerung des Prozesses oder zur Verbindung mit MES-Systemen.