Bauelemente Passive Integration

14.10.2013

Der Boom in der Konsumelektronik sorgt auch dafür, dass die Nachfrage nach passiven Bauelementen hoch bleibt. Allerdings erfordert die zunehmende Miniaturisierung neue Lösungen - wie zum Beispiel integrierte passive Komponenten.

Passive Bauelemente fristen - gewissermaßen im Schatten ihrer aktiven Pendants - ein von der Öffentlichkeit nahezu unbeachtetes Dasein. Zu Unrecht, denn sie sind nach wie vor unersetzlich. Immerhin generiert dieser Industriezweig in diesem Jahr schätzungsweise 21,7 Mrd. US-Dollar Umsatz. Der Löwenanteil von zwei Drittel (14,4 Mrd.) entfällt auf die Kondensatoren, gefolgt von Induktivitäten/Spulen und Widerständen.Daran hält Japan einen hohen Marktanteil von 52 Prozent, der angesichts der Yen-Abwertung wohl eher noch zunehmen wird. Im Gegensatz dazu teilen die chinesischen Anbieter (mit oft geringwertigeren Produkten) nur 7 Prozent des Markts unter sich auf. Das liegt vor allem daran, dass die Fertigung von Chip-basierten passiven Komponenten in hohem Maße automatisiert ist und deshalb lokal hergestellt werden kann - was im Übrigen auch für Amerika gilt.In Deutschland liegt der „passive“ Umsatz nach ZVEI-Zahlen bei 1,8 Mrd. Euro, das sind 11 Prozent vom Gesamtumsatz elektronischer Bauelemente. Davon fließt praktisch die Hälfte in die Kfz-Elektronik und ein Drittel in industrielle Anwendungen. Weltweit sind es indes vor allem Consumerprodukte wie Ultrabooks oder Smartphones, welche die Nachfrage nach den Passiven vorantreiben, und hier vor allem immer kostengünstigere, kleinere Elektronikgeräte hoher Qualität. Auch fortschrittliche technologische Features, höhere Leistungspegel und Frequenzen sowie erhöhte Packungsdichten wirken als Stimulantien. Mit anderen Worten: Der Miniaturisierungstrend und das Vordringen von drahtlosen Handheld-Geräten erzeugt eine äußerst starke Nachfrage nach modernen passiven Bauelementen mit kleinen Montageflächen.

IPDs - integrierte passive Bauelemente

Aus diesen Gegebenheiten ist die ständig steigende Attraktivität der integrierten passiven Komponenten (IPDs, Integrated Passive Devices) zu erklären. Viele Funktionsblöcke wie Anpassungsschaltungen, Filter, Koppler und Vorschaltgeräte erzeugen geradezu einen Sog dieser Kleinstteile, die üblicherweise mit standardmäßigen Wafer-Fab-Technologien (Dünnfilm- und Photolithographie) verarbeitet werden und auf Dünnfilmsubstraten wie Silizium, Aluminiumoxid oder Glas zur Flip-Chip- oder Drahtbond-Montage zur Weiterverarbeitung kommen.Zu den Technologien für die Herstellung von IPDs zählt die 3D-Integration in Silizium: Dadurch lassen sich sowohl dicht gepackte Trench- sowie MIM-Kondensatoren ebenso in Silizium implementieren als auch Widerstände, High-Q-Induktivitäten sowie PIN- oder Zenerdioden. Diese Passiven werden zusammen mit den aktiven Komponenten in einem Gehäuse vereint und gewährleisten dadurch eine hohe Zuverlässigkeit, wie sie beispielsweise in der Medizin- und Automobiltechnik gefordert wird. Ein Beispiel für den IPD-Einsatz: Die zunehmende Komplexität des HF-Frontends in Mobilgeräten, besonders mit dem Aufkommen der LTE-Netzes, hat die Designer vor große Herausforderungen gestellt, etwa die Integration von Balun, Filter, Diplexer und Koppler ins Frontend. Hier wirken sich die Kosten-, Größen- und Leistungsvorteile der IPDs gegenüber den diskreten Komponenten besonders gravierend aus. Silizium-IPDs integrieren eine Reihe von passiven Bauelementen auf einem Baustein, um dadurch eine kleinere Montagefläche zu schaffen und gleichzeitig die Leistung zu verbessern, bei geringeren Kapazitätsschwankungen sowie höherer Stabilität und Zuverlässigkeit. Für Systemhersteller und OEMs bedeutet die IPD-Technologie eine verkleinerte Leiterplattenfläche sowie eine vereinfachte Oberflächenmontage. Dabei werden die bisher diskreten passiven HF-Bauelemente wie Oberschwingungsfilter, Koppler, Leistungs-Combiner/Teiler sowie Impedanzanpassungsschaltungen auf einem Si-Substrat vereint. Das Verfahren wurde von Technologie-Visionären als nächster Innovations-Enabler für HF-Anwendungen für Konsum-, Kommunikations-, Computer-, Medizin- und Industriebereiche betrachtet. Das taiwanesische SoC-Design-Foundry-Unternehmen GUC (Global Unichip Corp.) bietet seit Anfang dieses Jahres einen Silizium-IPD-Service, der vom Entwurf bis zur schlüsselfertigen Produktauslieferung alle Aspekte der Design-Chain umfasst; zur Fertigung wird hier die IPD-Prozesstechnologie von TSMC eingesetzt. Silizium-IPD senkt den Platzbedarf um einen Faktor 10. Die Kapazitätsschwankung liegt unter 5 Prozent bei einer hervorragenden Temperatur-, Spannungs- und Alterungsbeständigkeit.

Umsatzverdopplung

Die Dünnfilm-IPDs, ursprünglich als Ersatz für sperrige diskrete passive Bauelemente entwickelt, sind zum Industrietrend geworden, hinter dem HF, LEDs hoher Helligkeit, ESD- und EMI-Schutz sowie digitale und Mixed-Signal-Anwendungen als Triebfedern stehen. Das französische Marktforschungsunternehmen Yole Développement sagt diesem IPD-Marktsegment eine Umsatzverdoppelung innerhalb der nächsten fünf Jahre voraus. Demnach wächst der IPD-Markt von 610Mio. US-Dollar in diesem Jahr mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 12 Prozent bis 2017 auf mehr als 1,2 Mrd. US-Dollar. Die IPD-Umsätze beim ESD- und EMI-Schutz haben sich stabilisiert, vor allem nach den schwachen Ergebnissen von Nokia im Markt. Denn das finnische Unternehmen war der Haupt-OEM, der von 10 bis 15 Schutz-IPDs pro System eingebaut hat. Die Technik wurde mit Einschränkungen vom Wettbewerb übernommen, auch Apple verstärkte den IPD-Einsatz, während sich Samsung noch eher konservativ verhält. Auch HF-IPDs brauchen sich mit einem CAGR von ungefähr 17 Prozent in diesem Zeitraum nicht zu verstecken; dabei sind HF-Protokolle wie UWB, ZigBee, LTE etc. der am schnellsten wachsende Unterbereich, weil die HF-IPD-Technik den besten Beitrag zur Miniaturisierung, einer flexiblen Chip-to-Package-Konfiguration sowie schnellster Time-to-Market leistet. Dagegen sind digitale und Mixed-Signal-IPD noch umsatzschwach; erst wenn die IPDs den Anforderungen an Dichte und elektrische Leistung von DC/DC-Wandlermodulen sowie digitalen 2,5D-Interposer-Substraten aus Silizium genügen, darf diese Applikation mit einem Durchstarten rechnen - voraussichtlich in den nächsten zwei Jahren. Die von STMicroelectronics entwickelte RF-IPD-Technologie befindet sich bereits bei einigen Kunden weltweit in der Großserienfertigung. Sie bietet Platzeinsparungen, Leistungsverbesserungen sowie eine hohe Standard-Qualität zu wettbewerbsfähigen Kosten. Diese Technologie bietet eine überlegene Ausbeute bei Montage und Test der Endanwendung, weil sich die IPD-Leistung durch geringere Toleranzen auszeichnet als SMD-Komponenten, die in die andere Richtung variieren können. Darüber hinaus erleichtern IPD die Arbeit von RF-Entwicklern etwa beim Layout der HF-Antennenschnittstelle. Nach Aussage von Yole halten drei Top-Player nahezu 60Prozent Marktanteil: NXP, STMicroelectronics sowie ON Semiconductor. Europa ist nach wie vor der größte geographische Bereich für die Produktion von Dünnfilm-IPDs - neben den französischen Unternehmen STM und IPDiA kommt noch die niederländische NXP sowie Infineon hinzu. Danach folgt Nordamerika, wo zahlreiche Halbleiterunternehmen in das Geschäft eingestiegen sind und zum Teil kleinere Firmen aufkaufen. Im Gegensatz dazu hinkt Japan weiter hinterher. Wenn Kostendruck und der Einsatz in der Großserie zunehmen und IPDs den drahtlosen Konsumermarkt erobern, wird ab einem nicht zu fernen Zeitpunkt eine größere Infrastruktur auf 300 mm benötigt, um die Kommerzialisierung dieser Technologie zu unterstützen.

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