Software & Security PCB-Designtools – das tut sich derzeit

Bild: Cadsoft
05.06.2015

Wandert das Leiterplattendesign in die Cloud ab? Welche Auswirkungen hat die wachsende Maker-Szene auf den Markt für Leiterplatten-Designsoftware? Und warum sind spezielle PCB-Designtools für unterschiedliche Budgets und Bedürfnisse sinnvoll? Diese und weitere Fragen beantwortet Richard Hammerl aus dem technischen Support von Cadsoft.

Maker und Open-Source steuern den Wandel in der PCB-Industrie.

Richtig. Bisher gab es keine spannendere Zeit, um in die Elektronik einzusteigen. Die Maker-Szene hat einen neuen Markt für Leiterplatten-Designsoftware geschaffen. Sogar Hersteller von High-End-Tools drängen mit kostengünstigen Versionen in dieses Marktsegment. Diese Entwicklung gepaart mit Open-Source-Hardware lebt vom freien Informationsaustausch. Und schon können Künstler, Unternehmer und Menschen aus allen Lebensbereichen eine Idee bei minimalem Risiko in die Realität umsetzen. Wer mit Open-Source-Software vertraut ist, dem ist das Konzept von Open-Source-Hardware sofort verständlich. Im Gegensatz zum üblichen Geschäftsmodell, in dem die Designs als wertvolles proprietäres Gedankengut behandelt und auch entsprechend akribisch vor den Mitbewerbern geschützt werden, fordert das Modell der Open-Hardware, dass alle Design-Dateien inklusive Dokumentation öffentlich zugänglich sind und jedermann Kopien und Modifikationen für seine Zwecke machen darf.

Der letzte Punkt ist besonders wichtig: Es dürfen Verbesserungen gemacht werden, die dann wieder in das ursprüngliche Design einfließen. Anstatt eines kleinen Entwicklungsteams leisten viele ihren Beitrag zur Realisierung eines Projekts (siehe Linux), was wiederum neue Ideen und Innovationen fördert.

Diese Uneigennützigkeit bringt neue Herausforderungen mit sich: Für einen PCB-Software-Anbieter erschließt sich ein riesiger Markt, bestehend hauptsächlich aus Privatpersonen und kleinen und kleinsten Unternehmen, die es sich nicht leisten können, Tausende von Euro für das ECAD-System zu bezahlen. Das veranlasst die Hersteller kostengünstige, in der Funktion abgespeckte, Software-Varianten anzubieten, die dem Anwender den Anreiz bieten, später auf eine der größeren Versionen umzusteigen, sobald er mehr Funktionalität für seine Designs benötigt. Auf der anderen Seite dieses Spektrums gibt es schon kostenlose oder kostengünstige Software, die auf die entsprechenden Bedürfnisse zugeschnitten ist. Das ist wirklich eine spannende Entwicklung in diesem Bereich.

Viele Prototypen- und Bestückungs-Dienstleister haben ihr Angebot angepasst. Vor wenigen Jahren noch kostete die professionelle Fertigung und Bestückung einer einfachen Leiterplatte in kleinen Stückzahlen Hunderte von Euro. Die starke Zunahme von Hobby-Elektronikern erlaubt neue Produktionsmodelle, wie das Fertigen im Pooling-System, wo verschiedene Designs zusammen gefertigt und die Kosten auf mehrere Auftraggeber verteilt werden können. All diese Faktoren haben eine lebendige und vielfältige PCB-Landschaft geschaffen.

PCB-Design findet zukünftig in der Cloud statt.

Falsch. Das Thema Cloud ist derzeit in aller Munde. Meiner Meinung nach wird die PCB-Entwicklung oder die Entwicklung von Produkten ganz allgemein in naher Zukunft jedoch nicht in einer Cloud stattfinden. Hier ist es wichtig genau zu unterscheiden, was die Entwickler der Leiterplatten-Designtools anbieten und was der Anwender tatsächlich machen wird.

Im Unterschied zu Selfies oder selbstgemachten Videoclips vom Handy kann ein PCB-Design wirklich wertvolles geistiges Eigentum enthalten. Manches Design hat einem Unternehmen schon Gewinne in Millionen- oder gar Milliardenhöhe beschert. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf, ergreifen viele Entwickler Maßnahmen, um den gesamten Designprozess lückenlos zu kontrollieren und sich vor fremden Zugriffen zu schützen. Während der Verlust oder auch die Veröffentlichung von persönlichen Bildern Emotionen wie Angst, Ärger oder auch Stress verursachen kann, kann der Verlust oder eine vorzeitige Veröffentlichung eines PCB-Designs für ein Unternehmen buchstäblich das Ende bedeuten. Unter diesen Gesichtspunkten werden kaum Unternehmen ihre Designs in der Cloud ablegen, zumal man auch nicht weiß, wie sicher die Daten dort wirklich sind. Zusätzlich zur Sicherheitsfrage kommt die Zukunftssicherheit. Designs werden oft über einen Zeitraum von zehn, zwanzig oder mehr Jahren produziert. Was passiert mit den Designdaten, wenn der Provider plötzlich den Service schließt oder vom Markt verschwindet? Ist dann das Design verloren? Vielleicht haben Sie einen Offline-Datensatz gespeichert, aber welches Programm wird diesen dann öffnen und weiter bearbeiten können? Diese Punkte sind meines Erachtens die größten Hindernisse für eine breite Akzeptanz der Cloud in der PCB-Design-Industrie.

Derzeit testen Software-Anbieter verschiedenste Lösungen aus, indem sie die komplette PCB-Entwicklung oder Teilbereiche wie die Bibliotheksverwaltung als Cloud-Lösung anbieten. Wie diese verschiedenen Ansätze angenommen werden, ist noch offen. Eine breite Akzeptanz von cloud-basierten Design-Tools ist in absehbarer Zeit jedoch sehr unwahrscheinlich.

Es gibt PCB-Designtools, die jedem Budget und Bedarf gerecht werden.

Richtig. Im Spanischen gibt es folgendes Sprichwort: „Für jeden Geschmack gibt es eine Farbe“. Im PCB-Design gibt es viele „Farben“ – von teuren High-End- bis zu kostenlosen Produkten: Unter den High-End-Tool-Anbietern befinden sich zum Beispiel Zuken, OrCAD, Mentor oder Altium. Diese Tools kosten üblicherweise mehrere Tausend Euro. Was bekommt man dafür? Eine komplexe Entwicklungsumgebung mit allen Tools und Merkmalen, die man sich nur wünschen kann. Viele dieser Pakete zielen darauf ab, alle Bedürfnisse eines Elektronikentwicklers in einem Tool abzudecken: von den üblichen zwei bis vier Lagen bis hin zu ungewöhnlichen Konfigurationen. So viele Möglichkeiten können neue Nutzer überfordern; jedoch ist es wie bei jedem Tool einfach, wenn man mit der Nutzung vertraut ist.

Am anderen Ende des Spektrums gibt es die kostengünstigen Tools, die sich preislich zwischen Hundert und einigen Tausend Euro bewegen, je nach Konfiguration. In diesem Bereich sind Programme wie Eagle, Proteus oder Diptrace angesiedelt. Diese Tools konzentrieren sich auf PCB-Design und bieten die notwendigen Kernfunktionen.

In Eagle zum Beispiel hat man maximal 16 Lagen, Differential Pair Routing, Schaltplan-Hierarchie und Mäander. Nicht enthalten sind all die exotischen Merkmale der High-End-Tools. Dafür sind Setup und Bedienung in der Regel wesentlich intuitiver. Zusätzliche Funktionen sind oft nur über Drittanbieter-Tools oder schlichtweg gar nicht verfügbar.

Am unteren Ende findet man kostenlose Software, von PCB-Herstellern oder Distributoren angeboten oder als Open-Source zur Verfügung gestellt. Die Nutzung dieser Programme ist jedoch eingeschränkt durch die Bindung an den jeweiligen Anbieter. Erschwerend kommt hinzu, dass in der Regel durch häufige Updates und Releases die Stabilität beeinträchtigt sein kann und kein offizieller Support angeboten wird.

Es gibt also wirklich für jeden „Ge​schmack“ eine „Farbe“ in der PCB-Design-Industrie. Mit einem einfachen Design zum Austesten der Funktionen der gewählten Software bekommt man schnell ein Gefühl, ob man die richtige Wahl getroffen hat. Viele Programme im High-End-Bereich stellen dafür kostenlose Demoversionen zur Verfügung.

Leiterplatten fertigen zu lassen ist teurer als sie im Do-it-yourself-Verfahren herzustellen.

Falsch. Inzwischen gibt es auch professionell gefertigte Leiterplatten in geringen Stückzahlen kostengünstig bei spezialisierten Anbietern. Eine Suche im Internet liefert eine Vielzahl von Angeboten. Im Vergleich dazu braucht man zum Selbermachen Ätzlösung, Leiterplattenrohmaterial, lichtempfindlichen Fotolack, Bohrmaschine und Bohrer, passendes Werkzeug, Ätzschalen, Handschuhe und einiges mehr. Denken Sie auch an die Entsorgung der Chemie! Auch das verursacht Kosten. Haben Sie Zugang zu einer Fräsmaschine oder einem Fräs-/Bohrplotter, entfällt das Hantieren mit den Chemikalien und das Bohren der Löcher. Jedoch kommt man beim Fräsen schnell an die Grenzen bezüglich Leiterbahnbreite und Mindestabständen. Vom ökonomischen Standpunkt aus gesehen, ist die professionell gefertigte Leiterplatte über eines der Online-Portale der Hersteller kostengünstiger und für den Anwender wesentlich weniger arbeitsaufwändig.

Allerdings hat man nach der Bestellung eine längere Wartezeit. Die meisten Hersteller bieten günstige Preise bei zehn bis 15 Arbeitstagen Produktionszeit. Kommt die Leiterplatte zusätzlich von einem anderen Kontinent, sind auch noch längere Versandzeiten einzuplanen.

Unter Zeitdruck hat das Do-it-yourself-Verfahren also seine Vorteile. Nach ein paar Stunden ist der Prototyp im Ätzverfahren fertig, im Fräsverfahren noch schneller. Entwicklung und mögliches Re-Design können zügig durchgeführt werden. Im immer stärker werdenden Wettbewerb kann der Zeitvorteil auf dem Weg zum fertigen Produkt den entscheidenden Unterschied zwischen Erfolg und Niederlage ausmachen.

Wenn Sie also Geld sparen wollen und außerdem nicht unter Zeitdruck stehen, wählen Sie einen auf Prototypen spezialisierten Leiterplattenhersteller. Wenn jedoch die Zeit die entscheidende Rolle spielt, ist Do-it-yourself meist die bessere Wahl.

DevKits machen maßgeschneiderte Boards unnötig.

Falsch. DevKits dienen der Entwicklung von Designideen. Ein maßgeschneidertes Board für Prototypen und einzelne Projekte ist nicht unbedingt nötig. Der typische Elektronik-Bastler beschäftigt sich hauptsächlich mit einmaligen Projekten oder schnellen Hacks, so dass er üblicherweise ein Entwicklungsboard einer individuellen Platine vorzieht.

Sobald es jedoch um die Produktion geht, lassen sich mit einem selbst erstellten Board deutlich Kosten sparen. Dabei ist man bei der Gestaltung und Größe des Boards flexibel und kann jedes Detail des Designs individuell definieren. Durch die Reduzierung auf das Notwendigste werden natürlich auch Kosten eingespart. Bei einem vorgefertigten Entwicklungsboard ist man hingegen festgelegt.

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