Branchenreport Gemüse Querbeet zum Kunden

07.09.2015

Ob frisch oder tiefgefroren: Um den Verbrauchern jeden Tag hochwertiges Gemüse zu verkaufen, braucht man nicht nur einen grünen Daumen, sondern auch verlässliche Information über die Herkunft.

Gemüseanbau ist seit jeher ein hartes und unsicheres Geschäft. „Wenn du dem Boden nicht rastlos zusetzt mit der Hacke / Und mit Rasseln die Vögel verscheuchst, mit der Sichel des dumpfen / Bodens Beschattungen wehrst, nicht Regen erflehst mit Gelübden, / Ach, dann schaust du umsonst des Nachbarn prächtige Ernte / Und stillst draußen im Wald, die Eiche schüttelnd, den Hunger“, warnte der römische Dichter Vergil vor zweitausend Jahren in seiner Georgica. Zu den Faktoren, die der Branche heute das Leben schwer machen, zählen laut dem neuesten Jahresbericht der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie anhaltend hohe Energie- sowie steigende Lohnkosten. In manchen Marktsegmenten machen sich auch die Russlandsanktionen negativ bemerkbar.

Das Gemüse vom Feld möglichst frisch in die Geschäfte zu bringen, ist wiederum eine Herausforderung, die sich für große Handelsketten jeden Tag aufs Neue stellt. Deutschlands zweitgrößter Lebensmittelhändler Rewe ist gerade dabei, sein Logistikkonzept für Obst und Gemüse umzukrempeln – Kopflager lautet das Schlagwort. "Obst und Gemüse sind eine sehr sensible Warengruppe, die maßgeblich zu unserem Image beiträgt“, sagt Eugenio Guidoccio, Geschäftsführer der Rewe Group Fruchtlogistik. „Mit der Strategie der Kopflager erweitern und optimieren wir unsere Logistik bei dieser Warengruppe.“ 14.500 m2 misst die Kühlhalle in Berkhof bei Hannover, die demnächst als bundesweit zweites Kopflager für Obst und Gemüse der Rewe Group in Betrieb geht. Ab November werden die Regionallager der Gruppe in sechs Bundesländern von Berkhof aus versorgt. An 48 Andockstationen für LKW werden jährlich circa 250.000 t Obst und Gemüse verladen.

Genaue Anpassung an den Bedarf

Bislang fuhren sämtliche Obst- und Gemüselieferanten eines oder gar mehrere der Regionallager in ganz Deutschland an. Große Teile des gesamten Obst- und Gemüsesortiments mussten in jedem einzelnen Regionallager vorrätig gehalten werden. Künftig ist dies nur noch in einem der beiden Kopflager notwendig. Dadurch sinkt die Menge an Obst und Gemüse, die insgesamt vorrätig gehalten werden muss. Die Mengenplanung lässt sich genauer dem Bedarf anpassen, weil im Kopflager die von den Regionallagern benötigten Volumina gebündelt werden; die breitere Datenbasis erleichtert die Prognose und die bedarfsgerechte Versorgung der Regionallager.

Die Märkte werden nicht nur schneller, sondern auch mengenmäßig präziser versorgt, Fehlartikel und Bestellüberhänge werden weitgehend vermieden. Zudem ist durch die Bündelung der Ware im Kopflager eine noch effektivere Qualitätskontrolle der gelieferten Waren möglich. Auch für die Lieferanten bringen Kopflager deutliche Zeitvorteile: Die Fahrten zu den einzelnen Regionallagern und die damit verbundenen Anfahrt-, Warte- und Andockzeiten fallen ebenso weg wie ein Teil des administrativen Aufwands.

Großes Wachstum bei Tiefkühlgemüse

Wer es noch frischer haben will, der greift zu Tiefkühlgemüse. Das taten im ersten Halbjahr 2015 auffällig viele Deutsche – der Verkauf von Tiefkühlrohgemüse legte gegenüber dem Vorjahr um über sieben, der von Gemüsepfannen um mehr als 17 Prozent zu –, was Hinnerk Ehlers, Marketing- und Vertriebsvorstand bei Frosta Deutschland, auch auf das Wetter zurückführt: „Wenn es früh im Jahr sehr heiß ist, ändert sich das Lebensgefühl, viele Menschen kaufen dann tendenziell eher frisches Gemüse. Dieses Jahr sehen wir gegenüber 2014 ein großes Wachstum bei Tiefkühlgemüse, was auch daran liegt, dass das Wetter im Frühjahr gegenüber dem Vorjahr schlechter war.“

Was macht die Qualität von erstklassigem Tiefkühlgemüse aus? „Unser Gemüse kommt nie aus dem Gewächshaus, es ist immer sonnengereift“, so Ehlers. „Das merkt man ihm an. Es hat eine andere Farbe, eine andere Fleischigkeit, Knackigkeit, geringeren Wassergehalt. Wir verwenden auch keine Kräuterpulver, sondern nur frisch tiefgefrorene Kräuter aus eigenem Anbau.“

Frosta hat eigene Anbaugebiete, die das Unternehmen gemeinsam mit seinen Anbauberatern bearbeitet, dazu gehören etwa die Lommartsche Pflege bei Meissen und ein Gebiet im Rheintal bei Worms. An Gemüse, das von fernen Kontinenten kommt, werden übrigens nicht minder hohe Ansprüche gestellt: „Den Broccoli beziehen wir aus Ecuador; dort wird er in besonders hohen Lagen angebaut, wo Ungeziefer nicht überleben kann, so dass er nicht so bespritzt werden muss, wie das sonst der Fall ist.“

Warum ist es manchen Konsumenten wichtig, ob die Möhre aus Niedersachsen oder aus Baden kommen? Ehlers hat dazu eine Theorie: „Die Leute lieben es, ,regional’ zu kaufen, haben einen Wunsch nach ,Nähe’, weil sie denken: ,Zu dem Bauernhof könnte man ja mal hinfahren’ – das macht natürlich niemand. Es ist ein irrationales Gefühl, ein Wunsch nach Sicherheit. Den bedienen wir, indem wir sagen: Wir haben keine Geheimnisse, wir sagen bei jeder Zutat, woher sie kommt. Herkunftsangaben sind also vertrauensbildende Maßnahmen.“ Auf manchen Frosta-Produkten ist auf der Verpackung sogar eine Deutschlandkarte abgebildet ist, auf der zu sehen ist, wo das Produkt herkommt, etwa aus dem Rheintal. „Damit gehen wir natürlich ein großes Risiko ein: Fällt die Spinaternte im Rheintal schlecht aus, können wir den Beutel nicht benutzen. Bislang ist es uns aber immer gelungen, gute Qualitäten zu bekommen, also haben wir gesagt: Schreiben wir es doch vorne drauf.“

Rückverfolgbare Zutaten

Seit einigen Jahren bietet Frosta für sämtliche Zutaten in seinen Gemüsepfannen einen Zutatentracker, auch für solche, die aus Südamerika und Asien kommen, wie etwa Reis oder Sojasprossen. Ein Angebot, von dem im letzten Jahr 50.000 Verbraucher Gebrauch machten, wohl auch resultierend aus den Lebensmittelskandalen der vergangenen Jahre. Diese Offenheit ist allerdings mit Kosten verbunden. „Es bedeutet einen großen Mehraufwand zu sagen, wo die Ware herkommt. Wenn man wie wir volle Transparenz bietet, kann man kein Gemüse auf dem Spotmarkt kaufen, wo die Herkunft möglicherweise unklar ist. Man muss seine Lieferanten gut kennen, die Angaben müssen überprüfbar und chargengenau sein. Denn Cherrytomaten zum Beispiel beziehen wir aus Italien, aber auch aus Spanien. Der Zutatentracker zeigt das Herkunftsland chargengenau“

Wie kann es sich eine Firma wie Frosta erlauben, diesen Aufwand zu treiben, in einem Markt, in dem „billig“ angeblich alles schlägt? Ehlers Antwort darauf ist ein Musterbeispiel dafür, was den Wert einer Marke ausmacht: „Jeder könnte, wenn er wollte, bessere Gemüse produzieren, die Ware gibt es – aber greift der Verbraucher dann auch zu? Dazu braucht man eine Marke, zu der dieses Qualitätsniveau passt, bei der der Verbraucher sagt: ,Das glaube ich euch.'“ Werbung spielt dabei eine große Rolle – die allerdings besteht nicht allein aus klassischen Reklamebotschaften, sondern zunehmend auch aus einer Multikanal-Kundenkommunikation, die neben der Information auch Dialogfunktionen einschließt. „Immer wichtiger werden auch für uns die Kanäle, bei denen die Verbraucher reagieren können. Auf unserer Facebookseite haben wir eine hohe Interaktionsrate. Wir preisen dort nicht bloß unsere Produkte an, sondern stellen auch Themen zur Diskussion. Darauf erhalten wir unheimlich viel Feedback.“

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