Allein im ersten Halbjahr 2014 wurden nach Angaben der Deutschen Bundesbank knapp 25 000 falsche Euro-Banknoten im Wert von 1,5 Millionen Euro registriert. Um Geldfälschern ihr kriminelles Handwerk zu erschweren, werden Banknoten mit speziellen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet. Dazu zählen winzige Strukturen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, sowie Hologramme mit Kippeffekten. Dabei verändert sich das Motiv, wenn man es aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Qualitätsprüfungen beim Druck sollen mit Hilfe spezieller Kameras sicherstellen, dass diese Merkmale auf jeder Banknote fehlerfrei vorhanden sind.
Das AIT Austrian Institute of Technology ist am internationalen Markt führend in der Herstellung solcher Prüfsysteme für den Sicherheitsdruck. Für die Entwicklung eines neuen Sensors hat die österreichische Forschungseinrichtung das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg mit ins Boot geholt. Denn heute verfügbare Sensoren stoßen mittlerweile an ihre Grenzen: Ihre Geschwindigkeit reicht oft nicht aus, um die Qualität in Echtzeit während des Produktionsprozesses zu prüfen.
200 000 Farbbilder pro Sekunde
Mit dem 60-Zeilen-Sensor, den die Duisburger Experten entwickelt haben, gehören diese Nachteile der Vergangenheit an: „Unser Sensor ist doppelt so schnell wie heute verfügbare Lösungen und liefert gleichzeitig qualitativ hochwertige Bilder in sehr hoher Auflösung“, erklärt Werner Brockherde vom IMS. Der Sensor erfasst die Geldscheine – ähnlich wie ein Scanner – Zeile für Zeile, wenn sie aus der Druckerpresse kommen. Pro Sekunde nimmt die Kamera dabei bis zu 200000 Farbbilder auf, bei Belichtungszeiten von Millionstel Sekunden. Eine Software vergleicht die Bildaufnahmen mit einem Sollbild und identifiziert Banknoten mit fehlerhaften Sicherheitsmerkmalen. Um die hohe Geschwindigkeit zu erreichen, haben die IMS-Wissenschaftler für jede Pixelspalte eine eigene Auslesekette auf dem Chip integriert. Zudem entwickelten sie spezielle Photopixel, dank derer man trotz der kurzen Belichtungszeiten mit herkömmlichen Optiken arbeiten kann. In jeder Pixelspalte werden die drei Farben Rot, Grün und Blau gleichzeitig und über die gesamte Pixelfläche erfasst. Dies sorgt für eine qualitativ hochwertige Farbwiedergabe. Eine weitere Besonderheit des Sensors: Die hohe Anzahl an Zeilen ermöglicht es, Objekte aus unterschiedlichen Blinkwinkeln zu erfassen. »Damit lassen sich erstmalig auch Oberflächenstrukturen in 3D wie etwa Kippeffekte von Hologrammen überprüfen«, sagt Brockherde.
Weitere Anwendungen denkbar
Die spezielle Architektur des Sensors eröffnet Spielräume für weitere Anwendungen. Dank der hohen Zeilenanzahl ließe sich sein Wellenlängenspektrum noch erweitern – bis in den UV- oder Infrarotlicht-Bereich. Das wäre auch für das Recycling von Kunststoffen interessant, wo der Sensor geschredderte Materialien anhand ihrer Farbinformationen identifizieren und so eine Trennung erleichtern könnte. Mit der Fähigkeit, auch 3D-Oberflächen zu analysieren, eignet er sich zudem für die Qualitätsprüfung unterschiedlicher Materialien in der industriellen Fertigung. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Untersuchung von Schienen oder Fahrdrähten der Bahn: Selbst bei einer Geschwindigkeit von rund 300 km/h könnte der Sensor gestochen scharfe Bilder mit einer Auflösung von bis zu 0,4 mm liefern und so winzigste Haarrisse erkennen. Erdnahe Satelliten, die mit einem solchen Sensor ausgestattet sind und die Erde mit einer Geschwindigkeit von 26 000 Kilometern pro Stunde umkreisen, könnten Farbaufnahmen von der Erdoberfläche mit einer Auflösung von drei Zentimetern machen.
Die Markteinführung des neuen Sensors als Herzstück der AIT-Prüfkameras ist für Ende 2015 geplant.