Laser & Photonics Silizium-Photonik für Die biomedizin


Ansicht eines auf einem Chip integrierten Spektrometers und elektronenmikroskopische Abbildung des Querschnitts eines Wellenleiters.

18.10.2012

Die Fortschritte auf dem Gebiet der Silizium-basierten optischen Sensoren ermöglichen die Integration von photonischen als auch elektronischen Komponenten auf einem einzigen Silizium-Chip. Dies führt zu kompakten Sensoren mit hoher Funktionalität, die sich auf einer Einweg-Plattform bei niedrigen Fertigungskosten realisieren lassen. Zwei Beispiele illustrieren den gegenwärtigen Entwicklungsstand für biomedizinische Anwendungen.

In den vergangenen zehn Jahren haben akademische und industrielle Forschungszentren die Standard-Chiptechnologie (CMOS) als generische Plattform zur Fertigung photonischer Komponenten weiter entwickelt. Das gilt zum Beispiel für Wellenleiter, Laser und Photodetektoren, die direkt auf einem Chip gefertigt werden, mit Struktur-Dimensionen im Bereich von Mikro- und Nanometern. Diese neuen optischen Komponenten lassen sich mit denselben Anlagen und hochvolumigen Prozessen fertigen, die für Standard-ICs und Speicherbausteine eingesetzt werden.

Eine der Pionierstätten dieses Gebiets zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts war das Photonik-Labor der belgischen Universität Gent, das mit Imec verbunden ist. Etwa um dieselbe Zeit haben auch Intel, IBM und eine Anzahl anderer Firmen gemeinsam diese Entwicklung vorangetrieben - eine Anstrengung, die heute eine fortschrittliche Technologieplattform für photonische Komponenten im Rahmen der Mikrosystemtechnik verfügbar macht.

Medizin im Rampenlicht

Auch in der Medizintechnik hat sich Licht als wertvolles Werkzeug erwiesen. Unter anderem setzt man es ein, um Belastung und Temperatur, die Präsenz von Gasen oder die Zusammensetzung chemischer Verbindungen zu überwachen. In Systemen mit Biosensoren dienen optische Techniken zur Detektion von Molekülen, die durch selektive Anbindung, etwa durch Fluoreszenz-Marker, sichtbar gemacht werden. Außerdem besteht wachsendes Interesse an label-freien Sensoren, die sich zum dynamischen High-Content-Screening von Biomolekülen einsetzen lassen.

Im Rahmen der aktuellen Trends zu einer stärker personalisierten Medizin, die mehr Tests in unmittelbarer Nähe zum Patienten einschließt, besteht die dringende Forderung nach Geräten mit folgenden Eigenschaften: Integriertheit, Kompaktheit und kostengünstig.

Auf den ersten Blick scheint die Mikrominiaturisierung photonischer Funktionen, ihre Integration auf einem Chip und die Fertigung in hochvolumigen CMOS-Chipfabriken alle diese Anforderungen gut zu erfüllen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die heutige Medizintechnik in Mikro-Dimensionen auf einen Chip Platz findet und wenn ja, ob Lab-on-Chip-Systeme dieselbe Leistungsfähigkeit wie aktuelle Laborgeräte erreichen.

Implantat zum Glukose-Monitoring

Diabetes ist eine Störung der metabolischen Funktion. Sie ist gekennzeichnet durch Insulinmangel und Hyperglykämie, das heißt, Patienten weisen Glukose-Konzentrationen im Blut auf, die höher (oder niedriger) sind als der normale Bereich zwischen 80 und 120 mg/dL. Dies bedingt ein höheres Risiko von Herz- und Nierenversagen oder Blindheit, neben diversen weiteren Krankheitsbildern. Diabetes ist weltweit eine der Hauptursachen für Invalidität und Tod.

Die derzeit eingesetzten, minimal-invasiven Sensoren für das kontinuierliche Glukose-Monitoring arbeiten hauptsächlich elektrochemisch, oder sie basieren auf einer Mikro-Dia-lyse. Allerdings reagieren sie, als Nebenwirkung, mit dem sie umgebenden Gewebe. Dieses tendiert zur raschen Einkapselung der Sensoren. Deshalb verschlechtern sich ihre Messwerte nach einiger Zeit (innerhalb von einigen Tagen bis einer Woche), und sie müssen ersetzt werden.

Eine nachhaltige Lösung wäre die Implantation eines kontaktlosen optischen Sensors. Wasser und Glukose zeigen Licht-Absorptionsprofile, die es ermöglichen, Glukose in einer Wasserlösung spektrometrisch zu bestimmen. Glukose hat zwei schmale Absorptionsbänder, eines im mittleren Infrarotbereich, und ein weiteres im kurzwelligen Infrarotbereich oberhalb 2 µm. Wasser hat ein breiteres Absorptionsspektrum mit zwei kleinen Fenstern, in denen kein Licht absorbiert wird. Sie stimmen mit den beiden Absorptionsbändern der Glukose überein.

Im Rahmen des Forschungsprojekts GlucoSens wurde ein minimal-invasiv implantierbarer Chip mit biokompatibler Oberfläche entwickelt. Auf der einen Seite des Chips befindet sich eine mikro-miniaturisierte LED mit einem Strahlungsspektrum im Infrarot/mittleren Infrarot, deren Licht das Gewebe oder die den Chip umgebende interstitielle Flüssigkeit durchdringt. Dieses Licht wird anschließend in einem auf das mittlere Infrarot abgestimmten On-Chip-Spektrometer analysiert, welches so abgestimmt ist, dass es die spektrale Absorption der Glukose misst. Das Spektrometer ist nur einige 100 µm² groß und basiert auf einem Array von III-V-Photodetektoren. Zusätzlich zu den photonischen Funktionen lässt sich weitere On-Chip-Intelligenz hinzufügen, um die Selektivität und Empfindlichkeit zu steigern.

Chip-basierte Biosensoren

Einer der Eckpfeiler der Lebenswissenschaften und der Pharmaentwicklung ist die Untersuchung von Biomolekülen und deren Interaktionen, um spezifische Moleküle in Körperflüssigkeiten oder in Umweltproben nachzuweisen. Die Entwicklung von empfindlichen und selektiven Messsystemen ist dabei eine große Herausforderung. Denn die Ziel-Analyten sind extrem klein und treten in nur geringen Konzentrationen auf. In den Proben befinden sie sich manchmal zusammen mit vielen anderen Molekülen, die in wesentlich größeren Konzentrationen vorliegen.

Die klassischen Detektionsmethoden arbeiten mit Markern. So liefert ein ELISA-basierter Test (enzyme-linked immunosorbent assay) Ja/Nein-Informationen darüber, ob eine bestimmte Verbindung in der Probe vorhanden ist. Mit dieser Technik und dem Einsatz von Hunderten von spezifischen Labels besteht die Möglichkeit, zahlreiche Analyten parallel zu untersuchen. Somit ist dies eine Methode mit hohem Durchsatz. Allerdings erfordert sie eine langwierige und kostspielige Vorbereitung der Proben. Außerdem verändern sie das Zielmolekül (oder die Zelle) und machen die ursprüngliche Probe damit unbrauchbar für weitere Tests.

Aus diesen Gründen besteht wachsendes Interesse an label-freien Verfahren. SPR-basierte (Surface Plasmon Resonance, Oberflächen-Plasmonenresonanzen) Methoden beispielsweise liefern Daten mit hohem Informationsgehalt, einschließlich der Kinetik einer Reaktion, und die Moleküle des Analyten werden nicht verändert. Somit kann man sie in ihrer zeitlichen Entwicklung beobachten.

Das Ziel der Silizium-Photonik ist es, einen Sensorchip herzustellen, der zugleich hohen Informationsgehalt und hohen Durchsatz bietet. Die in unserem Forschungsprojekt entwickelte Sensortechnik verwendet dazu einen Ringresonator, also einen ringförmig geschlossenen Wellenleiter mit zwei geradlinig angesetzten Ein- und Ausgangswellenleitern.

Das Layout dieser Anordnung zeigt Abbildung 2. Licht, das in den Eingangswellenleiter eingekoppelt wird, regt in der Schleife nur bei einigen wenigen Wellenlängen Resonanzen an, abhängig von der Größe des Resonators und dem Brechungsindex des Materials.

Ein mögliches Hindernis bei der Integration dieser Technik in kostengünstige Sensoren besteht darin, dass sie immer noch einen teuren durchstimmbaren Laser zur genauen Messung der spektralen Abweichungen benötigen. Um dieses Problem zu lösen, haben wir einen höchst empfindlichen Sensor nach dem Prinzip der Vernier-Kaskade mit einem Arrayed-Waveguide-Grating-Filter integriert. Dieses AWG-Filter unterteilt den spektralen Übertragungsbereich des Sensors in mehrere Kanäle und überträgt diese auf räumlich getrennte Ausgangs-Ports. Das ermöglicht den Einsatz einer wesentlich billigeren breitbandigen Lichtquelle. Experimentelle Ergebnisse zeigen, dass dieser Sensor die �?nderungen im Brechungsindex von wässrigen Lösungen in Echtzeit detektieren kann, und zwar mit einem Grenzwert von 1,6 x 10�??5RIU (refractive index units) - vergleichbar mit teureren Abfragemethoden.

Mit geeigneten Fertigungsverfahren für die Silizium-Photonik erscheint es also durchaus möglich, einige Hundert solcher Mikrosensoren auf einem einzigen Chip unterzubringen, von denen jeder in spezifischer Weise funktionalisiert ist. Das resultierende Sensor-Array ist ein System, das man für Anwendungen im Hochdurchsatz-Screening einsetzen kann. Zusätzliche Vorteile im Vergleich zu andern Techniken liegen in der kürzeren Vorbereitungszeit der Proben und im dynamischen Detektionsbereich. Ein derzeit in eine kommerzielle Sensor-Plattform integrierte Biosensor weist in diese Richtung. Das Gerät verfügt über 128 Sensorchips, Versuchsreihen in größerem Umfang stehen noch aus.

Fazit

Die Silizium-Photonik bietet ein sehr breites Potenzial für Anwendungen im Labor, in medizinischen Implantaten und in Geräten für Pflegestationen, sowie Forschungsinstrumente in den Lebenswissenschaften und der Pharma-Entwicklung. Die Technologie zur Fertigung von Mikrometer-großen Photodetektoren, Wellenleitern, Spektralfiltern und anderen Silizium-basierten optischen Komponenten steht zur Verfügung. Photonische Komponenten lassen sich zusammen mit elektronischen Schaltkreisen monolithisch auf einem Chip integrieren. Mit kostengünstigen Fertigungsverfahren lassen sich diese Chips somit als Einweg-Biosensoren implementieren, um den Anforderungen an Hygiene und Zuverlässigkeit gerecht zu werden.

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