Optoelektronik, Displays & HMI Spagat zwischen Effizienz und kosten

18.10.2012

Vor ein paar Jahren waren die Hochleistungs-LEDs noch eine Zukunftstechnologie, die nur als Referenz für Konzeptstudien und Messedemos genutzt wurde. Heute dreht sich in den Entwicklungsabteilungen der Leuchtenindustrie fast alles um die LEDs. Entsprechend wichtig ist es, hier die optimale Balance zwischen technischen und kommerziellen Parametern zu finden, um sich erfolgreich auf dem Markt zu behaupten.

Aber nach welchen Kriterien soll nun die Auswahl der LED und der LED-Betriebsparameter erfolgen, um hier einen erfolgreichen Spagat zwischen Effizienz und Systemkosten zu erreichen? Natürlich lassen sich beste Effizienzwerte erzielen, wenn einfach LEDs der neusten Generationen mit geringem Betriebsstrom verwendet werden. Diese sorgt aber in der Regel für eine wenig wettbewerbsfähige Kostenstruktur. Die Aufgabe ist nun im ersten Schritt eine klare Zielvorgabe zu machen:Wie viel Licht möchte oder brauche ich in der Anwendung als Mindestanforderung? Hinsichtlich Normen (zum Beispiel 500 Lux für einen Bildschirmarbeitsplatz oder spezielle Spezifikation für Straßenleuchten), Marktanforderungen (zum Beispiel durch die Leistung konventioneller Lampen) und/oder Zielvorgaben als Neuentwicklungen ergeben sich Anforderungen an die Beleuchtung, die entsprechend aus dem zu gestaltenden System erzielt werden müssen.Welche LED- bzw. Systemeffizienzen sollen oder müssen erreicht werden?In der Vergangenheit wurden LEDs bei 25 °C spezifiziert. Da die typischen Temperaturen im Chip-Inneren (Tj, Junction Temperature) oder am Lötpunkt (Tsp, Solderpoint) üblicherweise um einiges höher sind, muss man nun anhand Datenblätterreferenzen oder Kalkulationstools (zum Beispiel Cree PCT) erst einmal den realistischen Effizienzbereich ermitteln. Neuere LED-Derivate sind meist bei höheren Chiptemperaturen spezifiziert (etwa 85 °C). Mit diesen Hot-Binnings liegt man dann doch wesentlich näher an den realistischen Parametern einer LED-Anwendung. Neben der LED gilt es auch die Systemeffizienzanfordungen zu spezifizieren, was entsprechend eine Zielvorgabe an die maximalen Verluste der optischen und elektrischen Systemkomponenten ergibt. Hiermit schafft man eine gute Basis, um am Ende der Spezifikation objektiv prüfen zu können, ob man die Aufgabe erfolgreich bewältigt hat. Wichtig ist auch zu schauen, ob das Vorschaltgerät im optimalen Leistungsbereich genutzt wird. Wird zum Beispiel ein 60-W-EVG nur mit 30 W betrieben, so wird die Effizienz des EVGs deutlich geringer als mit einer Beanspruchung von 55 W sein. Trägt man nun die verschiedenen Effizienzen von LEDs, Optiken und Treiber zusammen, so kann zum Beispiel eine 120-lm/W-LED mit einem Treiber von 80 Prozent Effizienz und einem Optiksystem von 90 Prozent die Systemeffizienz von „nur“ 86 lm/W haben.Welche Anforderungen bestehen an die LED- bzw. Systemlebensdauer?Die Lebensdaueranforderungen beeinflussen alle wichtigen Betriebsparameter, das heißt vom Betriebsstrom und dem thermischen Design bis hin zum Vorschaltgerät. Hinsichtlich der LEDs muss man auch klar zwischen den verschiedenen Gehäusetypen differenzieren. Moderne Hochleistungs-LEDs (meist mit Keramik- oder anderen thermisch optimierten Gehäusen) sind speziell auf die Anforderungen der Beleuchtungstechnik ausgelegt und schaffen in den verschiedenen Anwendungen gut 50.000 Stunden (üblicherweise ist hiermit der L70-Wert gemeint, also die Zeit bei der noch mindestens 70 Prozent der Initialhelligkeit vorhanden ist). LED-Hersteller testen hier nach dem LM80-Standard und die Extrapolation der mindestens 6.000 Teststunden erfolgt in der Regel nach dem TM21-Standard. Entscheidend ist hier natürlich, was von der Applikation gefordert ist. Eine Fahrradleuchte mit 50.000 Stunden L70 und durchschnittlich einer Stunde Betriebsdauer pro Tag erfreut den Kunden 130 Jahre lang (wenn die übrigen Komponenten mit der LED mithalten). Interessanter wird die Lebensdauer natürlich bei Anwendungen, die bis zu 24 Stunden pro Tag in Betrieb sind (hier reden wir dann über circa 5,5 Jahre L70). Aktuell sieht man einen Trend im Bereich Mid-/Low-Power-LEDs, wo statt einer kleineren Anzahl High-Power-LEDs eine umso größere Anzahl von 5630-Gehäusen oder dergleichen verwendet wird. Zu beachten ist, dass diese LEDs nicht wirklich für langlebige Beleuchtungsanwendungen entwickelt wurden, sondern zum Beispiel von der Hintergrundbeleuchtung moderner Fernseher stammen, wo die Lebensanforderung eher bei 5.000 statt 50.000 Stunden liegt. Nachdem der TV-Markt nun ziemlich gesättigt ist, wurden weitere Märkte gesucht, um die gewaltigen LED Fertigungskapazitäten abzusetzen. Mag es bei linearen Anordnungen mit einer Unterstromung noch passable Lebensdauern geben, so wird der Nachteil dieser Plastikgehäuse bei engerer Positionierung (zum Beispiel in einem Downlight) und den daraus resultierenden höheren Temperaturbedingungen sehr deutlich. Des Weiteren kann bei diesen LEDs auch die Farbortstabilität ein Problem werden. Sprechen wir über das System, so muss man neben der LED insbesondere das Vorschaltgerät sorgsam auswählen und qualifizieren. Hier gilt aber auch, dass Qualität zu Anfang etwas mehr kostet.Unter welcher Abstrahlung soll das Licht verteilt oder gebündelt werden?In den meisten Anwendungen werden die LEDs nicht freistrahlend betrieben, sondern das Licht wird mittels optischer Komponenten (zum Beispiel Kollimatoren, Reflektoren, Prismen) gezielt gelenkt. Hier zeichnen sich die LED-Lösungen durch eine solch große Designfreiheit aus, die mit konventionellen Lampen nie möglich war. Durch die verschiedenen LED-Leistungsklassen ergeben sich zudem verschiedene Ansätze mit mehr oder weniger LEDs zu arbeiten. Weniger LEDs bedeuten hier natürlich auch weniger Optiken, man muss aber beachten, dass etwaige Blendwirkungen nicht zu groß werden (zum Beispiel UGR-Werte in der Bürobeleuchtung). Neben den klassischen LED Bauformen sind so genannte COBs (Chip On Board, umgangssprachlich auch „Spiegeleier“ genannt) eine weitere Option in Verbindung mit einem Reflektor. Hier lassen sich zum Beispiel Downlights gut realisieren. LED-Hersteller bieten für ihre LEDs in der Regel umfassende Strahlendaten für die gebräuchlichsten Software-Systeme an, sodass ein interessierter Anwender auch ganz eigenständig seine optische Lösung entwickeln kann.Welchen Platz habe ich für die LED-Anordnung zur Verfügung?Nimmt man die bereits erörterten Anforderungen an die Effizienz, die Lebensdauer, das optische System etc. als Grundlage, so ergibt sich eine gewisse Mindestanforderung an LEDs und daraus resultierend ein Mindest-Platzbedarf. Passt das nicht mit dem angepeilten Gehäusedesign überein, muss man die Lösung noch einmal komplett überdenken. Passt alles, kann man schauen, wie die LEDs am besten positioniert werden, damit Design, Lichttechnik und das thermische System in Einklang gebracht werden.Welche Bestromungen erlaubt die Ansteuerung?Nimmt man die Punkte Lebensdauer und Effizienz als Grundlage, so ergibt sich ein maximaler Stromwert, der von dem EVG bereitgestellt werden soll. Ergänzend dazu sind auch etwaige weitere Funktionen wie Dimmungs-Möglichkeiten oder Anbindungen an DALI oder andere Steuerungsstandards wichtig.Wie kann ich auch unter Einbezug der Umgebungstemperaturen den thermischen Pfad realisieren?Eine Saunabeleuchtung stellt hier sicherlich einen größeren Anspruch als eine Straßenleuchte, wenngleich die Saunabeleuchtung sicherlich keine 50.000 Stunden Lebensdauer-Anforderung haben dürfte. Wichtig ist es, hier den so genannten Worst-Case zu betrachten. Bei einer Straßenbeleuchtung sollte man zum Beispiel stets mit betrachten, dass beispielsweise die Leuchte durch eine Fehlschaltung im Hochsommer in der Mittagssonne leuchten könnte. In aller Regel haben EVGs hier eine thermische Überwachung und sollten dann entsprechend den Strom runterfahren oder die Leuchte abschalten. Trotzdem sollte das thermische Design so ausgelegt sein, dass die LEDs in diesem Betrieb keinen Schaden nehmen. Der Großteil der LED-Anwendungen sind passiv gekühlt, das heißt, über die Fläche und die Geometrie des Kühlkörpers (kann auch das Gehäuse sein) erfolgt die Entwärmung.Besteht immer noch die Chance eines modularen Aufbaus, damit sich zum Beispiel auch auf Basis dieser Anwendung eine Produktfamilie erstellen lässt?Ist eine Leuchte erfolgreich in den Markt eingeführt, so ist es oft interessant, darauf basierend eine komplette Leuchtenfamilie entstehen zu lassen. Hat man das beim Design im Vorfeld berücksichtigt, so lassen sich hier meist leichter Leuchten mit höheren und niedrigerer Lichtstromklasse und dergleichen realisieren, da vieles aus dem Baukasten genommen werden kann. Hilfreich ist das auch später bei der Beschaffung, da die Anzahl der verschiedenen Komponenten kontrollierbar bleibt.Sind die genannten Punkte berücksichtigt, so sind viele wichtige Hürden genommen. Als nächster Schritt wäre dann zum Beispiel ein Musteraufbau interessant, um die Leuchte zu vermessen und zu qualifizieren. Steht das finale Design fest, so ist es auch interessant, die ersten Leuchten aus der Fertigung intensiv zu begutachten, damit sichergestellt ist, dass alle Parameter und Leistungswerte dem entsprechen, was zuvor kalkuliert, simuliert und getestet wurde. Unter anderem empfiehlt es sich hier, auch mal die Lötstellen zu röntgen, um die Verarbeitungsqualität und die thermische Anbindung zu prüfen.

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