1 Bewertungen

Anlagenbau & Betrieb Tauschgeschäft

17.12.2013

Bis zu 20.000 Kubikmeter Druckluft durchströmen pro Stunde die drei Trocknertürme im Hamburger Werk von Trimet Aluminium. Jetzt wurde die Luft eng für die 9.000 Kilogramm Trockenmittel in den grünen Kesseln: Ein Komplettaustausch war nötig – und das unter vollem Druck bei höchster Geschwindigkeit. Eine Wartungsherausforderung der besonderen Art.

Beim deutschen Werkstoffspezialisten Trimet Aluminium versteht man sich auf große Zahlen. Und das in jeder Hinsicht. Zum Beispiel beim jährlichen Energiebedarf. Er liegt am Standort Hamburg bei gut zwei Terrawattstunden – das sind zwei Milliarden Kilowattstunden. Auch beim Druckluftverbrauch summieren sich die Nullen: Rund 300.000 m3 sind es pro Tag. Strom und Druckluft sind die Lebenselixiere der 270 Elektrolyseöfen, die in den drei jeweils 600 Meter langen Hallen das Leichtmetall erzeugen. Hier entstehen jährlich 130.000 t Primäraluminium. Mit der Druckluft werden auch das benachbarte Walzwerk und die Gießerei von Hydro Aluminium versorgt.

In kleinen Dimensionen denkt hier also niemand. Wie übrigens nirgends in der Trimet Aluminium. Sie entwickelt, produziert, recycelt, gießt und vertreibt an fünf Standorten in Deutschland neben Flüssigaluminium vor allem Pressbarren, Walzbarren, T-Barren, Kleinbarren sowie Druck- und Kokillengussteile. Trimet produziert davon gut 500.000 Tonnen pro Jahr. Das Unternehmen bedient damit Branchen vom Fahrzeugbau über die Bauindustrie bis zur Verpackung.

Eng verzahnte 
Druckluftaufbereitung

Der Trimet-Standort Hamburg liefert rund die Hälfte der produzierten Druckluft an seinen direkten Nachbarn: die Hydro Aluminium Rolled Products, ein Werk für das Warm- und Kaltwalzen von Aluminium. Beide Unternehmen sind nicht räumlich, sondern auch technisch verzahnt. Diese besondere Beziehung resultiert aus der Historie. Der Standort in Hamburg-Altenwerder beheimatete früher die Aluminiumhütte, die Anodenproduktion und die Gießerei des Hamburger Aluminium Werks (HAW). Ende 2006 übernahm Trimet die zu diesem Zeitpunkt stillgelegte Hütte und nahm sie 2007 wieder in Betrieb. Die Gießerei wird von Hydro gemeinsam mit dem Walzwerk weiterbetrieben.

Aus dieser Historie heraus ist auch die Druckluftversorgung zu betrachten. Christian Rakob, stellvertretender Leiter der Technischen Betriebe bei Trimet erklärt: „Es gibt eine zentrale Druckluftversorgung für beide Werke. Sie wird von Trimet betrieben und betreut, weil wir früher der größere Druckluftabnehmer waren. Heute ist das Verhältnis ausgeglichen. Aber die zentrale Steuerung ist unser Baby geblieben.“

Dies auch, weil bei Trimet das Know-how für die Anlage konzentriert ist. Zum Beispiel im Wissen von Marcel Ziegler. Mit seinem Team von der Trimet-Medienversorgung hat er unter anderem die Steuerelektronik für die Drucklufttrockner entwickelt. Bis vor einem Jahr pflegte er auch die fast schon historischen Kolbenkompressoren amerikanischer Bauart. Sie wurden inzwischen teilweise durch neue Schraubenkompressoren ersetzt. „Irgendwann war es wirtschaftlich nicht mehr tragbar, die alten US-Kompressoren zu warten. Wir mussten viele Ersatzteile selbst bauen oder als teure Einzelanfertigungen in Auftrag geben“, erklärt Marcel Ziegler. Die Entscheidung hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Trockner beziehungsweise das Trocknungsmittel.

Schon kurze Zeit, nachdem die neuen Schraubenverdichter in Betrieb gegangen waren, zeigten die Trockner Schwächen: Höhere Taupunkte, kürzere Adsorptionszeiten, längere Regenera­tionsphasen und offenbar korrespondierende Filterprobleme waren die Symptome. Das mittlerweile seit zehn Jahren eingesetzte Trockenmittel schien an die Grenzen seiner Kräfte zu stoßen. Aber warum so plötzlich?

Woran kranken schwächelnde Trockner?

Die Trimet zog zur Klärung des Sachverhalts ihren Systempartner Beko Technologies heran. Zwar war der Druckluftspezialist nicht der Hersteller der in den 90er-Jahren installierten Trocknertürme, aber ansonsten im Hamburger Trimet-Werk breit aufgestellt: mit Druckluftfiltern vom Typ Clear­point, Bekomat-Kondensatableitern, Drypoint-Membrantrocknern als Endstellentrockner vor CNC-Maschinen sowie Kältetrocknern an einigen neuralgischen Punkten im Werk. Bei Beko Technologies war man also mit den Zusammenhängen bei Trimet vertraut.

Sardar Saadat, Vertriebsbeauftragter von Beko Technologies, hatte die Ursache schnell gefunden: „Die Schraubenkompressoren förderten deutlich feuchtere Luft als die früheren Kolbenverdichter. Zudem wurde die Druckluft jetzt von einem neuen Gebäude durch eine 20 Meter lange unterirdische Leitung in die Trocknerstation geleitet. Der Temperaturabfall in diesem Rohr, vor allem bei niedrigen Außentemperaturen, sorgte für zusätzliche Kondensation. In der Folge wurden die Vorfilter regelrecht überflutet, wodurch zu viel Feuchtigkeit in die Trockner gelangte. Das hält auf Dauer kein Trockenmittel aus.“

Schnell war klar: Ein Trockenmittelaustausch war erforderlich. Und zwar innerhalb kürzester Zeit. Denn feuchte Druckluft an den Verbrauchsstellen hätte fatale Folgen für die Produktqualität beider über das Netz versorgter Unternehmen, Trimet und Hydro. So saugt Trimet zum Beispiel das Aluminium nach dem Venturi-Prinzip mit Druckluft aus den Öfen. Im Walzwerk wiederum benötigt man absolut trockene Druckluft zum Abblasen der Emulsionen von Blechen. Und auch die Nebenanlagen der Elektrolyse bei Trimet erfordern trockene Druckluft.

Schnelle Reaktion war also die eine Herausforderung. Die zweite war Kontinuität: Die Druckluftversorgung musste während des Trockenmittelaustausches weiterlaufen. Das alles vor dem Hintergrund von neun Tonnen auszutauschenden Trockenmittels. „Eine Herkulesaufgabe“, nennt das Marcel Ziegler, Projektverantwortlicher bei Trimet. Erste Rückfragen und Aufgabenbeschreibungen beim Lieferanten des Trockenmittels brachten denn auch ernüchternde Ergebnisse. „Zu teuer, zu langsam, zu unflexibel“, erinnert sich Christian Rakob, als stellvertretender Leiter der Technischen Betriebe auch für das Budget des Projekts zuständig. „9.000 kg konnten die einfach nicht schultern. Schon gar nicht im vorgegebenen Zeitfenster von maximal fünf Tagen.“

Die Rettung für die drei ins Schwimmen geratenen Riesentrockner kam schließlich von Beko Technologies, die sich als Druckluft-Systemanbieter auch reinen Wartungs- und Serviceaufgaben an Fremdsystemen widmet. Und zwar von der Projektplanung bis zur Realisierung. Im Falle Trimet hieß das, minutiöse Zeitpläne zu erstellen, neun Tonnen Trockenmittel zu organisieren, zu transportieren und einzufüllen sowie die gleiche Menge alten Mittels auszubringen und fachmännisch zu entsorgen. „Etwa zwei Wochen haben unsere Planungsteams in unserer Zentrale und hier vor Ort benötigt, um einen schnittstellenfreien Ablauf zu definieren. Unseren Berechnungen nach konnte man die Sache sogar in nur drei Arbeitstagen abwickeln“, erinnert sich Saadat.

18 Tonnen in drei Tagen bewegt

Und man hatte nicht zu viel versprochen: Tatsächlich gelang es, über insgesamt sechs Revisionsklappen innerhalb von nur 72 Stunden die kompletten 9.000 kg Silicagel-Trockenmittel komplett auszutauschen. Die Druckluftversorgung musste dabei nicht für eine Sekunde unterbrochen werden. Denn während einer der Trocknertürme bearbeitet wurde, arbeiteten die beiden anderen weiter – permanent überwacht vom Trimet-Medienversorgungsteam um Marcel Ziegler.

„Geheimwaffe“ der drei vor Ort eingebundenen Wartungsspezialisten von Beko Technologies war der Einsatz eines speziellen Saugwagens für das Ausbringen des alten Trockenmittels. Dank dieser Technik blieb dem Wartungsteam sogar noch genug Zeit, innerhalb des Zeitfensters sämtliche Be- und Entlüftungsventile zu revidieren, neue Dichtungen und mechanische Teile einzubauen und sämtliche Vorfilter der Trockner auszutauschen.

Mehr noch: Auf Anraten von Saadat wurde im Zuge der Arbeiten ein großvolumiger Wasserabscheider mit Bekomat-Kondensatableiter am Übergang der unterirdischen Druckluftleitung in das Trocknergebäude installiert. Trimet-Ingenieur Rakob meint: „Das alles sollte reichen, um unsere Trockner auch mit den neuen Schraubenverdichtern und bei Volllast von 20.000 m3/h für die nächsten Jahre stabil zu fahren.“ Das gibt ihm ein ebenso gutes Gefühl wie die Tatsache, dass das gesamte Projekt zeitlich und preislich alle Vorgaben eingehalten hat.

Bildergalerie

  • Druckluftfilter, Kondensatableiter, Membrantrockner - bei Trimet kommt das volle Programm zur Druckluftaufbereitung zum Einsatz

    Druckluftfilter, Kondensatableiter, Membrantrockner - bei Trimet kommt das volle Programm zur Druckluftaufbereitung zum Einsatz

    Bild: Beko Technologies

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel